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Ein neuer US-Menschenrechtsreport kritisiert die Bundesrepublik scharf. Auch sonst geht die Trump-Regierung mit Deutschland hart ins Gericht.
Wie es um Donald Trumps Deutschland-Liebe bestellt ist, konnte man Anfang Juni gut beobachten. Bundeskanzler Friedrich Merz war zum Antrittsbesuch ins Weiße Haus gekommen, als Gastgeschenk hatte er dem amerikanischen Präsidenten eine Kopie der Geburtsurkunde von Trumps Großvater Friedrich mitgebracht. Der wurde bekanntlich im pfälzischen Kallstadt geboren. Wirklich begeistert wirkte Trump allerdings nicht, die in Gold gerahmten Urkunde wurde schnell beiseite geräumt. Möglicherweise war es Trump ja unangenehm, an seine deutschen Wurzeln erinnert zu werden. Denn die Bundesrepublik ist für die amerikanische Regierung derzeit vor allem eines: ein Feindbild.
Donald Trump, JD Vance und Marco Rubio (von links) im Weißen Haus: geeint gegen Deutschland. © Saul Loeb/AFP
Was die Trump-Regierung über Deutschland denkt, lässt sich zum Beispiel im neuen Menschenrechtsreport des US-Außenministeriums für das Jahr 2024 nachlesen, der hart mit der Bundesrepublik ins Gericht geht. „Die Menschenrechtslage in Deutschland hat sich im Laufe des Jahres verschlechtert“, heißt es in dem am Dienstag veröffentlichten Dokument aus dem Hause von Außenminister Marco Rubio. Noch im Jahr zuvor, unter der Regierung von Joe Biden, las man an selber Stelle, es habe „keine wesentlichen Veränderungen der Menschenrechtslage in Deutschland“ gegeben.
US-Außenministerium kritisiert Deutschland: „Einschränkungen der Meinungsfreiheit“
Der Rubio-Bericht fährt fort: „Zu den schwerwiegendsten Menschenrechtsproblemen gehörten Einschränkungen der Meinungsfreiheit und glaubwürdige Berichte über Straftaten, Gewalt oder Gewaltandrohungen, die durch Antisemitismus motiviert waren.“ Vor allem der letzte Punkt nimmt viel Platz ein in dem Report, aufgeführt ist zum Beispiel der versuchte Angriff auf das israelische Generalkonsulat am 5. September 2024. Zudem wirft das US-Außenministerium den Deutschen Zensur vor, etwa im Internet.
Dass Länder, die eigentlich Partner sind, derart hart miteinander ins Gericht gehen, ist ungewöhnlich. Andererseits konnte man nach dem denkwürdigen Auftritt von US-Vizepräsident JD Vance bei der Münchner Sicherheitskonferenz im Februar bereits ahnen, was da auf Deutschland und den Rest Europas zukommen würde.
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Auf der Konferenz warf Vance den Europäern vor, die Meinungsfreiheit in ihren Ländern massiv einzuschränken. „Die Gefahr, die ich in Europa am größten sehe, ist nicht Russland oder China oder ein anderer externer Akteur“, behauptete Vance. Mit Blick auf Deutschland kritisierte der US-Vize, dass keine Vertreter populistischer Parteien zur Sicherheitskonferenz eingeladen worden waren. Auch mit der deutschen Einwanderungspolitik rechnete JD Vance ab und fragte mit Blick auf den Anschlag vom Tag zuvor, bei dem in München ein Afghane mit einem Auto in eine Demonstration gefahren war und zwei Menschen getötet hatte: „Wie oft müssen wir das noch erleben, bevor wir etwas ändern?“
Wutrede von JD Vance versetzte Europa in Panik
Nach Vance‘ Wutrede – nur Wochen vorher war die Trump-Regierung vereidigt worden – stand Europa unter Schock, auch in Deutschland war das Entsetzen groß. Klar war spätestens dann: Die Amerikaner sind nicht mehr uneingeschränkter Partner des alten Kontinents. Die scharfen Töne aus den Trump-USA passen allerdings gut in das kulturkämpferische Klima, das die US-Regierung auch im eigenen Land geschaffen hat. Einerseits präsentiert man sich als Kämpfer für Meinungsfreiheit, gibt dann aber doch einen engen Meinungskorridor vor, von dem nicht abgewichen werden darf. So verlangt die US-Regierung neuerdings beispielsweise von den Museen im Land, dass Ausstellungstexte oder Broschüren „mit amerikanischen Idealen übereinstimmen“, andernfalls müssten „inhaltliche Korrekturen“ vorgenommen werden. Da ist es nur konsequent, auch den europäischen Partnern die eigene Denkweise überstülpen zu wollen.
Und dann ist da noch die Angst der Amerikaner, von Deutschland übervorteilt zu werden. Etwa beim Handel. Zwar waren die USA 2024 nach neun Jahren wieder der wichtigste Handelspartner der Bundesrepublik, zu Buche stand allerdings ein Handelsüberschuss der Deutschen von 70 Milliarden Euro. Trump will diese Handelsbilanz ausgeglichener machen. Dabei setzt er allerdings nicht darauf, amerikanische Produkte für deutsche Käufer attraktiver zu machen. Sondern auf Strafzölle – die einerseits den deutschen Außenhandel belasten, gleichzeitig aber auch US-Verbraucher durch steigende Preise empfindlich treffen dürften. Und dass die Amerikaner einen großen Überschuss bei Dienstleistungen haben, ignoriert Trump ohnehin vornehm.
Andere Kritik der US-Regierung an Deutschland und den Europäern scheint eher nachvollziehbar. Etwa jene, dass die europäischen Nato-Länder nicht genug in die Rüstung stecken würden und sich ihre Verteidigung über Jahrzehnte von den USA haben bezahlen lassen. Auch deshalb – und unter dem Eindruck des Ukraine-Kriegs – verpflichtete sich die deutsche Bundesregierung zusammen mit ihren Nato-Partnern dazu, bis 2035 fünf Prozent des Bruttoinlandprodukts für die Verteidigung auszugeben. Trump soll so besänftigt werden – und bis 2035, so das Kalkül, ist der Republikaner ohnehin längst nicht mehr im Amt. (sh)