Wie vielfältig, individuell und handwerklich anspruchsvoll ein Bucheinband sein kann, zeigt die Universitätsbibliothek (UB) der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) ab 18. September in der Ausstellung „Internationaler Bucheinbandwettbewerb für Auszubildende“. Zu sehen sind 55 handgebundene Bücher aus Deutschland, Österreich und der Schweiz – entstanden im Rahmen des gleichnamigen Wettbewerbs, der jungen Buchbinder*innen eine Bühne bietet.
Was alle ausgestellten Bücher verbindet: Sie entstanden aus dem gleichen, ungebundenen Buchblock – und doch gleicht kein Einband dem anderen. Ob klassische Techniken, überraschende Materialkombinationen oder kreative Interpretationen des Buchinhalts: Die Bandbreite an gestalterischen Ansätzen macht die Ausstellung zu einem eindrucksvollen Zeugnis der Vielfalt und Qualität im heutigen Buchbinderhandwerk.
Gestaltung mit Haltung
Auch die beiden Kieler Auszubildenden Gesa Eske Teuteberg und Carolin Dreyer sind vertreten – mit Arbeiten, die nicht nur durch ihre handwerkliche Qualität überzeugen, sondern auch durch ihre inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Buch, das allen Teilnehmenden als Grundlage diente: eine kritische, teils erschütternde Geschichte über ein Schweizer Schullandheim, in dem es über Jahre hinweg zu Missbrauchsfällen kam.
Gesa Eske Teuteberg entschied sich für einen Edelpappband mit Lederschienen. Ihr Entwurf ist geprägt von dunklen Grau- und Schwarztönen, ergänzt durch schemenhafte Figuren auf dem Cover – eine gestalterische Umsetzung, die die bedrückende Atmosphäre des Buches aufnimmt und intensiviert. Ihr Werk wurde von der Jury mit dem Prädikat „Hervorragend“ ausgezeichnet und belegte den ersten Platz unter den Auszubildenden des zweiten Lehrjahres.
Carolin Dreyer, die ihre Gesellenprüfung zur Buchbinderin kürzlich mit der Note „sehr gut“ erfolgreich abgeschlossen hat, setzt ebenfalls ein starkes visuelles Zeichen. Mit den Kontrastfarben Gelb und Schwarz schafft sie eine Art Triggerwarnung, die auf die sensible Thematik des Buches hinweist. Ihr Einband kombiniert visuelle Klarheit mit technischer Präzision und zeigt, wie reflektiert Buchgestaltung sein kann.
Junges Handwerk, lebendiges Kulturerbe
Teuteberg und Dreyer veranschaulichen, wie stark technische Sorgfalt und gestalterische Haltung miteinander verbunden sein können. Ihre Leistungen sind nicht nur persönliche Erfolge, sondern auch das Ergebnis der hohen Ausbildungsqualität in der UB Kiel – der einzigen Einrichtung in Schleswig-Holstein, die derzeit Buchbinder*innen ausbildet. Die Ausbildungsplätze sind Jahr für Jahr sehr gefragt.
Die Ausstellung im Präsentationsforum der UB Kiel bietet Einblick in die handwerkliche Vielfalt und gestalterische Ausdruckskraft eines traditionsreichen Berufs. Eindrucksvoll vermittelt sie, wie lebendig und zukunftsfähig das seit 2021 als immaterielles Kulturerbe anerkannte Buchbindehandwerk heute ist.