Inhalt / Kritik
Lynette (Vanessa Kirby) lebt zusammen mit ihrer Mutter Doreen (Jennifer Jason Leigh) und ihrem Bruder Kenny (Zack Gottsagen), der das Downsyndrom hat, gemeinsam in einem kleinen Haus. Doch das könnte sich bald ändern, da ihr Vermieter es verkaufen will. Zwar hat er der Familie ein großzügiges Angebot gemacht, für gerade einmal 25.000 US-Dollar könnten sie ihm das Haus abkaufen. Doch noch bevor sie den Handel abschließen können, verprasst Doreen das Geld und kauft sich lieber ein neues Auto. Lynette will aber nicht einfach kampflos aufgeben und setzt alles daran, die ausstehende Summe aufzutreiben. Zu dem Zweck klappert sie alle möglichen Leute ab, die sie noch von früher kennt, und scheut auch nicht davor zurück, sich in kriminelle Machenschaften zu verstricken …
Hauptsache Geld
Was tut man nicht alles für das liebe Geld? Diese Woche hat Netflix gleich drei Titel in kurzer Folge veröffentlicht, bei dem es irgendwie um das Thema geht, wozu Menschen aus finanziellem Interesse bereit sind. Die französische Serie Young Millionaires nahm das noch mit Humor, wenn vier Jugendliche für einen Lottogewinn so einiges auf sich nehmen und sich immer tiefer ins Chaos stürzen. Die argentinische Serie Im Dreck mag es hingegen lieber düster: Erzählt wird aus dem brutalen Alltag in einem Frauengefängnis, illegaler Pornodreh inklusive. Und auch bei Night Always Comes gibt es wenig Anlass zum Lachen, wenn eine Frau verzweifelt versucht, irgendwie Geld aufzutreiben, um so das Haus behalten und die Familie zusammenhalten zu können.
Die Adaption des gleichnamigen Romans von Willy Vlautin wechselt dabei zwischen Drama und Thriller hin und her. Zu Letzterem wird der Film beispielsweise während der diversen brenzligen Szenen. Schließlich hat die Protagonistin Verbindungen zu Kriminellen und ist auch selbst dem einen oder anderen Verbrechen nicht abgeneigt, wenn es darauf ankommt. Gleichzeitig ist Night Always Comes aber auch das Porträt einer widersprüchlichen Frau, die wir nach und nach besser kennenlernen. Die Begegnungen mit anderen enthüllen Informationen aus ihrer Vergangenheit, die sie zu einer ambivalenten Figur werden lassen. Während Filme über Menschen in Not normalerweise bedeuten, dass wir ihnen die Daumen drücken sollen, da ist das hier nicht ganz so eindeutig. Tatsächlich kann man sich darüber streiten, ob Lynette jetzt gut oder schlecht sein soll, da die üblichen Kriterien nicht greifen.
Rastloser Blick auf den (Nicht-)Alltag
Weniger überzeugend sind die größer angelegten Aussagen etwa über gesellschaftliche Missstände. So ist zwar schon klar, dass Lynette auch als Symbol für die Schattenseiten der USA sind, wo die Menschen in die Kriminalität abrutschen, weil es weder Perspektiven noch soziale Sicherheitsnetze sind. Nur ist Vlautins Geschichte dann doch etwas zu abgehoben, um wirklich als Blick auf den Alltag zu funktionieren. Wo etwa Julie – Eine Frau gibt nicht auf, ein ähnlich rastloser Film um eine Frau in finanziellen Nöten, von einem Zimmermädchen in einem Luxushotel erzählt, da wird in Night Always Comes schon mal ein Safe geklaut. Auch andere Szenen muss man glauben wollen, damit sie funktionieren. Wer sich hiervon wirklich einen realistischen Blick auf das Leben abseits des Amerikanischen Traums erhofft, wird doch eher enttäuscht.
Das heißt aber nicht, dass der Film deswegen nicht sehenswert ist. So gelingen Regisseur Benjamin Caron (Sharper) immer mal wieder starke inszenatorische Momente. Eine konstante Hochspannung steht hier zwar nicht an, aber doch genug, um bis zum Schluss dranzubleiben. Gerade die intensive Darstellung von Vanessa Kirby (Pieces of a Woman) als zwischen Fürsorge und Wut zerrissene Frau rechtfertigen einen Blick. Der Rest des Ensembles spielt zwar gut mit, hat aber mit den genügsameren Figurenzeichnungen zu kämpfen. Night Always Comes handelt zwar schon auch von den zum Teil schwierigen Verhältnissen zwischen der Protagonistin und den anderen, interessiert sich letztendlich aber zu wenig dafür, weshalb man im Anschluss an das Thrillerdrama erschöpft, aber auch etwas unbefriedigt ist.
Credits
OT: „Night Always Comes“
Land: USA
Jahr: 2025
Regie: Benjamin Caron
Drehbuch: Sarah Conradt
Vorlage: Willy Vlautin
Musik: Adam Janota Bzowski
Kamera: Damián García
Besetzung: Vanessa Kirby, Jennifer Jason Leigh, Zack Gottsagen, Stephen James, Randall Park, Julia Fox, Michael Kelly, Eli Roth
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