DruckenTeilen
Über 700 Millionen Euro investiert Großbritannien in erschwingliche Elektroautos. Das Modell könnte auch für Deutschland ein Signal zur Neuausrichtung der Förderung sein.
London/München – Mitten im Sommer hat die britische Regierung ein neues Kapitel in ihrer E-Mobilitätsstrategie aufgeschlagen: 650 Millionen Pfund (über 700 Mio. Euro) stehen bereit, um den Kauf von Elektroautos mit einem Netto-Listenpreis unter 37.000 Pfund (ca. 42.440 Euro) zu fördern. Käuferinnen und Käufer erhalten den Plänen zufolge bis zu 4301 Euro Rabatt, der direkt beim Händler abgezogen wird – ohne komplizierte Anträge. Besonders Menschen mit kleinerem Budget soll der Umstieg auf ein E-Auto mit der neuen Förderung erleichtert werden.
Aktuell befindet sich das im Juli vorgestellte Programm (Teil von „Plan for Change“) noch in der Vorbereitungsphase. Hersteller müssen sich zunächst registrieren und nachweisen, dass ihre Modelle bestimmte Klimaziele erfüllen. Eine erste Liste der förderfähigen Fahrzeuge soll demnächst erscheinen.
Neue E-Auto-Förderung in Großbritannien erzeugt breiten Anklang
Aus wirtschaftspolitischer Sicht ebenfalls bemerkenswert: Chinesische Hersteller wie Leapmotor, MG oder Great Wall Motor (GWM) sollen Berichten zufolge ganz oder zumindest teilweise ausgeschlossen werden.
Der britische Markt hat offenbar schon kurz nach der Ankündigung der neuen Elektroauto-Förderung kräftig reagiert: Laut der Autokauf-Plattform Carwow wuchs die Nachfrage nach E-Autos unterhalb der Fördergrenze um weit über 100 Prozent. Selbst höherpreisige Modelle hätten deutlich zugelegt. Zudem verzeichnete das Portal deutlich mehr Besuche auf den Informationsseiten zur Förderung – ein Zeichen für das enorme Interesse an günstigen Stromern.
Autohersteller reagieren auf neue Elektroauto-Förderung mit Preisschlacht
Bemerkenswert ist laut Carwow die Reaktion chinesischer Autobauer: Sie boten umgehend Rabatte in Höhe der staatlichen Förderung Großbritanniens an, unabhängig davon, ob sie offiziell daran teilnehmen dürfen. BYD bietet als Reaktion zwar keinen Rabatt auf neue Elektroautos, dafür jedoch fünf Jahre lang kostenlose Wartung für die Kundschaft.
Eine Elektroauto-Förderung wie in Großbritannien könnte in Deutschland die Verbreitung von E-Mobilität beschleunigen. © avalon.red/NurPhoto/Imago; Bildmontage: IPPEN.MEDIA
Auch europäische und koreanische Marken wie Alfa Romeo und Kia hätten prompt reagiert und gewähren seit der Bekanntgabe höhere Preisnachlässe auf E-Modelle. Carwow Deutschland sieht in dem britischen Modell ein positives Beispiel für die hiesige Förderpolitik:
Elektroauto-Förderung: Autokauf-Experte sieht in Briten-Modell „starken Hebel“
Geschäftsführer Philipp Sayler von Amende erklärt in einem veröffentlichten Schreiben: „Die aktuelle Entwicklung in Großbritannien zeigen eindrucksvoll, wie wirkungsvoll direkte Zuschüsse für E-Autos sein können – vor allem, wenn sie bei den Endkund:innen ankommen.“
Der Plattform-Manager fordert, dass die deutsche E-Auto-Förderung stärker privaten Käufern zugutekommen sollte: „Statt auf Flottenförderung zu setzen, braucht es niedrigschwellige, direkt wirksame Zuschüsse im unteren und mittleren Preissegment.“ Sayler von Amende zufolge entscheide sich genau dort, ob der Umstieg auf E-Mobilität „auch für breite Bevölkerungsschichten realistisch“ ist. „Eine niedrigschwellige, direkt wirkende Förderung wäre ein starker Hebel, um die Verkehrswende sozial gerecht und wirtschaftlich sinnvoll voranzubringen“, führt der Autokauf-Experte aus.
Plattform Carwow steigt in den deutschen Gebrauchtwagenmarkt ein
Neben der Diskussion um die E-Auto-Förderung treibt Carwow auch die eigene Weiterentwicklung voran: Die bisherige Neuwagen-Plattform will sich breiter aufstellen und steigt laut einem Bericht der Automobilwoche auch in den Handel mit Gebrauchtwagen ein.
Privatkunden können künftig ihr Fahrzeug über Carwow an Händler verkaufen, die diese Gebrauchtwagen dann wiederum auf der Plattform anbieten. Damit betritt das Unternehmen einen Markt, der bislang von den zwei großen Konkurrenten Autoscout24 und Mobile.de dominiert wird.
Neun Mikro-Elektroautos, die perfekt für die Stadt sind Fotostrecke ansehenNeuer Umweltbonus? Nachholbedarf bei sozialer Gerechtigkeit
Die Debatte um die richtige Förderung von Elektroautos ist in Deutschland allgegenwärtig. Während die britische Regierung mit dem neuen Modell gezielt auf erschwingliche Modelle setzt, profitieren hierzulande vor allem Flottenkunden und Besserverdienende von finanziellen Vorteilen. Gleiches gilt für die hiesigen Autokonzerne.
Viele Expertinnen und Experten fordern deshalb von der Regierung um Bundeskanzler Friedrich Merz eine sozial gerechtere Ausrichtung der Förderpolitik. Damit könnten auch Menschen mit kleinerem Geldbeutel bei einem neuen Umweltbonus-Programm vom Wandel hin zur E-Mobilität profitieren. (PF)