Stand: 16.08.2025 15:42 Uhr

Der Hamburger SV ist beim Fünftligisten FK Pirmasens nur äußerst knapp an einer historischen Pokal-Blamage vorbeigeschrammt. Der HSV rettete sich erst in der Nachspielzeit in die Verlängerung und sicherte mit einem 2:1-Erfolg das Weiterkommen.

Guilherme Ramos bewahrte die Hamburger mit seinem Ausgleichstreffer in der zweiten Minute der Nachspielzeit vor dem drohenden Pokal-K.o. und einer historischen Blamage. Nach Sky-Informationen hatte es in der Geschichte des DFB-Pokals noch kein Spiel gegeben, in dem ein Bundesligist bei einem Fünftligisten ohne Torerfolg blieb.

Yannick Grieß hatte den Klub aus der Oberliga Rheinland-Pfalz/Saar in der 53. Minute in Führung gebracht. Ransford Königsdörffer sorgte mit seinem Tor in der Verlängerung für den glücklichen Sieg des Bundesliga-Aufsteigers, der acht Tage vor dem Liga-Start komplett enttäuschte und viele Fragen hinterließ.

Unfassbar bitter für uns, am Schluss haben uns nur drei, vier Minuten gefehlt“, sagte Pirmasens-Torschütze Grieß, selbst bekennender HSV-Fan, nach dem Spiel am ARD-Mikrofon. Grieß sprach von einem echten „Fußball-Fest, eine Wahnsinns-Geschichte. Am Ende hat es für uns leider nicht gereicht.“

HSV-Trainer Merlin Polzin gab sich Mühe, das Positive an dem Auftritt des HSV hervorzuheben: „Man hat gesehen, dass die Mannschaft bis zum Ende daran glaubt, dass sie ein Spiel gewinnen kann. Natürlich gibt es Dinge, die wir in Ruhe aufarbeiten müssen. Aber ich bin mir sicher, dass unsere neu formierte Mannschaft diese Schritte gehen wird“, sagte Polzin und wischte auch alle Einwände über das glückliche Zustandekommen des Sieges gegen einen Fünftligisten beiseite: „Wir werden uns nicht dafür entschuldigen, dass wir eine Runde weitergekommen sind.“

Felix Mansel, Sportschau, 16.08.2025 16:20 Uhr

Der Erstliga-Rückkehrer aus Hamburg bekam in Pirmasens von Beginn an zu spüren, was es bedeutet, als Bundesligist im Pokal bei einem unterklassigen Klub antreten zu dürfen.  Der pfälzische Oberligist zog sich mit zehn Feldspielern weit in die eigene Hälfte zurück, machte mit viel Laufarbeit die Räume dicht und ließ kaum etwas zu.

Die Gastgeber setzten dann auch tatsächlich den ersten Offensivakzent. Luka Dimitrejevic probierte es mit einem Gewaltschuss aus 25 Metern. HSV-Keeper Daniel Heuer Fernandes ließ den Ball mittig nach vorne abklatschen, Marc Ehrhart setzte den Nachschuss neben den Kasten, allerdings aus stark abseitsverdächtiger Position.  

HSV ohne Kreativität – und mit viel Glück

Der HSV tat sich extrem schwer. Es brauchte mehr als eine halbe Stunde und eine Standardsituation, bis die Hamburger erstmals gefährlich vor den gegnerischen Kasten kamen: Miro Muheim zielte mit einem direkten Freistoß aus knapp 20 Metern aufs lange Eck, aber Pirmasens-Keeper Benjamin Reitz war auf dem Posten und wehrte ab.

Der HSV wusste aber auch in der Folge nichts mit seinen Spielanteilen anzufangen, ließ weiter jegliche Kreativität vermissen. Stattdessen setzte der Oberligist weiter Nadelstiche: Kapitän Grieß zielte nach einem Eckball per Kopf aufs lange Eck, verfehlte den HSV-Kasten aber knapp.

Kurz vor der Pause hatten die Hamburger dann richtig viel Glück, dass sie nicht mit einem Rückstand in die Pause gingen. Pirmasens schaltete nach einem Ballgewinn am eigenen Strafraum blitzschnell um und überspielte mit drei Pässen die komplette Abwehr des Bundesligisten. Thomas Selensky stand frei vor Heuer Fernandes, der HSV-Keeper wehrte den Schuss aber ab.

Keine 60 Sekunden später wäre auch Heuer Fernandes machtlos gewesen: Mittelstürmer Ehrhart nahm eine Flanke sehenswert direkt und zielte aufs lange Eck, der Ball strich nur haarscharf über die Latte.

Dreifach-Wechsel beim HSV zur Pause – Pirmasens mit der Führung

HSV-Coach Polzin reagierte auf die enttäuschende erste Halbzeit und brachte mit Torjäger Robert Glatzel, Fabio Balde und Otto Stange gleich drei neue Offensivkräfte. Auf das behäbige Spiel der Hamburger zeigten die Wechsel erst einmal keine Wirkung.

Dafür spielten die Gastgeber weiter mutig nach vorne: Nach einer kurz gespielten Ecke segelte der Ball gefährlich an den Fünfmeterraum – und erwischte die Hamburger Abwehr im Tiefschlaf: Jordan Torunarigha übersah Grieß in seinem Rücken. Der Kapitän drückte den Ball zur Führung für den Außenseiter über die Linie.

Die Hamburger fühlten sich wie im falschen Film. Der FK Pirmasens, der elf Jahre lang nicht im DFB-Pokal verteten war, jetzt endgültig mit der Überzeugung, Historisches schaffen zu können: Dennis Krob erlief einen Steilpass auf der linken Seite, umkurvte HSV-Keeper Heuer Fernandes – Muheim kratzte den Ball von der Linie und verhinderte den zweiten Gegentreffer.

Es roch nach Sensation, doch bei Pirmasens ging nach 70 Minuten der Energielevel merklich nach unten. Der HSV verstärkte den Druck, es blieb aber bei Einzelaktionen: Warmed Omari hatte auf einmal die dicke Chance zum Ausgleich, nahm den Ball nach einem Freistoß direkt – die Latte rettete für den Oberligisten.

Ramos und Königsdörffer retten den HSV

Pirmasens stand nur noch hinten drin, das Spiel war in den letzten zehn Minuten endgültig eine Abwehrschlacht: Der HSV endlich mit mehr zwingenden Aktionen, Glatzel wurde im Strafraum bedient, aber Pirmasens-Keeper Reitz tauchte ab und sicherte den Ball. Kurz darauf zeigte Reitz die nächste Großtat – Emir Sahiti hatte aus halblinker Position im Strafraum freie Bahn, scheiterte aber auch am Keeper des Oberligisten.

Es gab sechs Minuten Nachspielzeit – und die nutzte der HSV, um die Blamage abzuwenden: Der eingewechselte Ramos setzte sich nach einem Eckball energisch durch und köpfte den Ball zum Ausgleich ins lange Eck.

Dem Oberligist war die große Pokal-Sensation doch noch entglitten, in der Verlängerung hatte Primasens keine Kräfte mehr, um weiter dagegenzuhalten. Der HSV blieb am Drücker, brauchte aber erneut eine Standardsituation, um das Weiterkommen zu sichern: Muheim brachte einen Freistoß von der halblinken Seite scharf vors Tor, Königsdörffer köpfte zur Hamburger Führung ein.

Bezeichnend für die Leistung der Hamburger war es, dass sie es noch nicht einmal schafften, den glücklichen Vorsprung souverän zu verwalten. Omari war sich uneins mit seinem herauseilenden Keeper Heuer Fernandes und schenkte den Gastgebern drei Minuten vor dem Ende der Verlängerung noch einmal einen Eckball. Dies führte tatsächlich noch einmal zur Ausgleichschance: Doch Heuer-Fernandes lenkte den Kopfball von Ousmane Sannoh über den Querbalken – und sicherte dem Bundesligisten am Ende das schmeichelhafte Weiterkommen.

Pirmasens in Koblenz, HSV in Gladbach

Für den FK Pirmasens geht es in der Oberliga am kommenden Sonntag (14.00 Uhr) gegen den FC Rot-Weiß Koblenz weiter. Der HSV bekommt es bei seiner Rückkehr am späten Sonntagnachmittag (17.30 Uhr) mit Borussia Mönchengladbach zu tun.