DruckenTeilen
Der Papierriese UPM macht sein Werk in Ettringen dicht: 235 Jobs sind weg, die Mitarbeiter unzufrieden mit dem Abfindungsangebot.
Ettringen – Das Ende einer Ära: Nach über 125 Jahren Papierproduktion schließt der finnische Konzern UPM sein Werk in Ettringen im Unterallgäu. 235 Beschäftigte verlieren ihren Job – und kämpfen nun vor Gericht um höhere Abfindungen. Der Grund: Sie fühlen sich im Vergleich zu anderen Standorten benachteiligt.
Papier-Gigant schleißt Werk in Bayern – trotz Millionengewinne
Die Entscheidung schmerzt besonders, weil UPM nach eigenen Angaben im vergangenen Jahr 463 Millionen Euro Gewinn erwirtschaftet hat, berichtet der BR. Dennoch sei die Schließung unausweichlich, erklärt Werksleiter Wolfgang Ohnesorg dem BR. Der Grund: In Ettringen werden grafische Papiere für Zeitungen und Magazine produziert – ein Markt, der aufgrund der Digitalisierung dramatisch schrumpft.
Nach 125 Jahren ist Schluss: UPM macht Ettringer Papierwerk dicht. Mitarbeiter fühlen sich bei Abfindungen unfair behandelt und klagen. © IMAGO / MiS / IMAGO / DiZ-PiX / Merkur-Montage
Laut dem Verband der Deutschen Papierindustrie ging die Produktion grafischer Papiere in Deutschland von 2015 bis 2024 um mehr als die Hälfte zurück. Von einst 8,6 Millionen Tonnen jährlich blieben 2024 nur noch 4,1 Millionen Tonnen übrig.
Niedrige Abfindungsangebote – Gewerkschaft kritisiert „soziale Kälte“
Was die Betroffenen besonders empört: Die angebotenen Abfindungen fallen deutlich geringer aus als bei früheren Werksschließungen. Laut der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) bietet UPM nur ein halbes Monatsgehalt pro Beschäftigungsjahr und knappe Altersteilzeitregelungen, berichtet der BR weiter.
„Bei früheren Werksschließungen etwa in Plattling in Niederbayern oder in Hürth bei Köln gab es eine deutlich größere soziale Abfederung der Betroffenen“, kritisiert IG BCE-Bezirksleiter Torsten Falke. Die Gewerkschaft spricht von „sozialer Kälte“ und organisiert Proteste gegen das Unternehmen.
(Übrigens: Unser Bayern-Newsletter informiert Sie täglich über alle wichtigen Geschichten aus Bayern. Jetzt nach einer kurzen Registrierung bei unserem Medien-Login USER.ID anmelden.)
Konzern verteidigt „marktüblichen“ Sozialplan
UPM-Manager Gunnar Eberhardt rechtfertigt die Entscheidung über die Abfindungen laut BR mit der Verantwortung für die 5000 anderen Mitarbeiter im Bereich grafische Papiere. Man müsse ein „dauerhaft gesundes und erfolgreiches Geschäft“ sicherstellen. Der Sozialplan sei „absolut marktüblich“.
Das Unternehmen habe neue Plätze für Auszubildende und über 200 vergleichbare offene Positionen in der Region gefunden. In einer offiziellen Mitteilung des Unternehmens sagt Eberhardt zu der Schließung: „Mit den heute angekündigten Plänen passen wir unsere Papierkapazität weiterhin selektiv an die Kundennachfrage an. Die geplante Schließung ermöglicht den effizienten und flexiblen Einsatz unserer verbleibenden Papiermaschinen.“
Wirtschaftlicher Schlag für die Region – Gemeinde in Sorge
Für die 3500-Einwohner-Gemeinde Ettringen bedeutet die Schließung einen schweren wirtschaftlichen Einschnitt. Etwa ein Drittel der Erwerbstätigen verliert den Arbeitsplatz, zusätzlich sind zahlreiche Zulieferer und Handwerksbetriebe betroffen, berichtet hallo-wippingen.de.
Bürgermeister Robert Sturm zeigte sich schockiert über die Entscheidung. Der Gemeinderat nehme „mit Bedauern zur Kenntnis“, dass die Schließung als „autonome Entscheidung der Firmenleitung nicht mehr zu verhindern“ sei.
Die schönsten Burgen und Schlösser in Bayern – Diese 13 muss man gesehen habenFotostrecke ansehenRechtskampf um Gerechtigkeit
Der Fall liegt nun beim Münchener Landesarbeitsgericht. Die 235 Mitarbeiter wollen zusammen mit Gewerkschaft und Betriebsrat bessere Konditionen erstreiten. Bis zur Entscheidung hängen sie in der Luft – wie Stefan Fendt, der sich laut BR zum Heilerziehungspfleger umschulen lassen will, aber die Ausbildung nicht beginnen kann, solange die Kündigung nicht rechtskräftig ist.
„Dass es vorbei ist“, wünscht er sich deshalb laut BR. Ein Ende der Ungewissheit nach über einem Jahrhundert Papierproduktion in Ettringen. (fhz)