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_250709SETFLJB009_060825_4c_1Jan Barta, groß geworden bei den Roten Teufeln Bad Nauheim, ist Sportdirektor der Löwen Frankfurt. © Jan Huebner

Jan Barta ist ein Ur-Teufel. In Bad Nauheim geboren, im Colonel-Knight-Stadion ausgebildet und später für den EC Bad Nauheim in rund 300 Spielen auf dem Eis. Seit der Saison 2019/20 ist der 40-Jährige aber für die Löwen Frankfurt tätig; erst im Nachwuchs, später im Profibereich. Inzwischen ist Barta Sportlicher Leiter des DEL-Klubs.

Jan Barta kennt die Löwen Frankfurt aus vielen Perspektiven. Aus 23 Einsätzen in der ersten Klasse des deutschen Eishockeys als junger Spieler zu Zeiten der Lions-Vorgänger und später noch einigen in der Oberliga nach der Insolvenz und dem Löwen-Neustart. Als Mitarbeiter der Geschäftsstelle, als Nachwuchscoach, in den vergangenen Jahren als Co-Trainer der 2022 in die DEL aufgestiegenen Profis – und neuerdings als Sportdirektor. Zur Vorbereitung spricht der 40-Jährige über eine besondere Beförderung, seine Vorstellungen und Ziele für die Saison. Und darüberhinaus.

Sie tragen jetzt noch mehr Löwen-Verantwortung. Schläft man als Sportdirektor schlechter als als Co-Trainer?

Nicht schlechter, aber kürzer. Durch die Nordamerika-Kontakte, die man pflegen muss, geht man abends spät ins Bett und hat gerade in der Vorbereitung morgens früh einiges zu klären. Aber der Schlaf hat noch Qualität, das Nervenkostüm hält (lacht, Anmerkung der Redaktion).

Sie kennen die Löwen aus den verschiedensten Positionen. Was ist jetzt anders?

Dass ich in der allerersten Reihe stehe und die Idee des Clubs nach außen zu vertreten habe, Rede und Antwort stehen muss. Als Co-Trainer konnte man doch hier und da im stillen Kämmerlein arbeiten, das geht jetzt nicht mehr.

Vom Co-Trainer zum Sportdirektor ist eine eher seltene Beförderung. Was qualifiziert Sie dafür?

Wenn man so viele Erfahrungen bei den Löwen sammeln durfte wie ich, gerade in der Zeit in der Zweiten Liga, mit dem Ziel, den langersehnten Aufstieg zu schaffen, merkt man schon, wie so ein Club tickt. Ob es die Tribüne ist, die VIP-Lounge, der Nachwuchs, die Kabine: Ich kenne den Puls und kann ganz gut einschätzen, was benötigt wird. Fachlich war ich schon immer dabei, was das Thema Scouting angeht, außer in der letzten Saison mit Daniel Heinrizi. Ich habe mich auch als Spieler schon mehr für andere Spieler, andere Spielkulturen und Systeme interessiert als für mich selbst. Ich weiß, was der Markt treibt und was zu uns passt, welcher Spielertyp hier gebraucht wird, für das Produkt, das wir bei den Löwen aufs Eis geben müssen, um erfolgreich zu sein.

Sie haben den Job interimsweise schon seit der Trennung von Vorgänger Heinrizi gemacht. Was waren Ihre ersten Tätigkeiten?

Alles, wobei Eile geboten war. Vertragsverlängerungen, gerade mit Spielern, hinter denen vielleicht auch andere Vereine her sind. Die Planung der Vorbereitung mit Testspielen und Turnieren, da war auch eine Deadline drauf. Wenn wir in Frankfurt erfolgreiches Eishockey spielen wollen, müssen wir schnell sein in Sachen Neuverpflichtungen. Das bedeutet, dass man im Januar auch mal im Flugzeug nach Schweden sitzt, um einen Spieler wie Michael Joyaux einzutüten, bevor er auf dem Markt für andere interessant wird. Das habe ich alles sofort gemacht, neben meinen Tätigkeiten als Co-Trainer.

Welche Spielertypen haben Sie denn gebraucht?

Aus den Analysen unserer Spiele wusste ich ja, wo die Vakanzen sind. Entsprechend habe ich die Spieler verpflichtet. Es ist kein Geheimnis, dass uns Präsenz vor dem gegnerischen Tor gefehlt hat. Deshalb haben wir jetzt einen Matthew Wedman im Line-up. Wir hatten auch Probleme im Spielaufbau, aus der Defensive heraus. Da war Maksim Matushkin mehr oder weniger auf sich alleine gestellt. Mit Michael Yojaux haben wir jemandem, der dieses Potenzial ebenfalls mitbringt und der auch an der blauen Linie gefährlich ist.

Worauf haben Sie sonst beispielsweise geachtet?

Wenn wir gerade in der Abwehr sind: Es ist, glaube ich, einzigartig, dass wir vier Rechtshänder- und fünf Linkshänderverteidiger im Kader haben. In der Vergangenheit hatten wir immer wieder Spieler, die auf der falschen Seite gespielt und sich da nicht wohlgefühlt haben. Das sind Details, die wir geändert haben.

Andere Vereine haben namhaftere Verpflichtungen getätigt.

Ich finde unsere Verpflichtungen perfekt, weil sie zugeschnitten sind auf das, was uns gefehlt hat. Da sind mir Name und Vita egal, es geht um die Fähigkeit. Der Fokus ist ein anderer: Wir wollen keine besseren Einzelspieler, sondern eine bessere Mannschaft. Jeder soll auf seiner Position voll da sein, seine Rolle finden und sich darin wohlfühlen. Ich finde, dass wir eine richtig gute Truppe haben, mit der richtigen Mischung. Wir haben genug Center, genug Rechtshänder, Linkshänder, Spieler, die vor dem Tor arbeiten, die gut zu Fuß sind, Teamspieler und Spieler, die den Unterschied machen können. Mit Ryan McKiernan und Jakob Lilja ist noch eine Menge Erfahrung dazukommen. Wenn ich so auf die einzelnen Namen und mögliche Reihen schaue, geht mir das Herz auf.

Die Abgänge von Dominik Bokk und Julian Napravnik haben Sie mit ausländischen Verpflichtungen für die vorderen Sturmreihen aufzufangen versucht. Dafür gehen Sie erstmals seit Jahren mit einem deutschen Torwartgespann in die Saison.

Das ist auch eine interessante Geschichte. Mirko Pantkowski hat schon bei Top-Clubs gezeigt, wie gut er ist. Cody Brenner hat eine Topsaison gespielt und will zeigen, dass das kein Zufall war. Es gibt keine klare Nummer eins. Die beiden werden sich einen gesunden Konkurrenzkampf liefern und gegenseitig pushen, sie wollen beide im Tor stehen. Dazu haben wir mit Luca Endres einen neuen jungen und sehr spannenden Torwarttrainer. Das kann richtig was werden.

Was ist abseits aller Details die übergeordnete Idee zum Kader?

In erster Linie müssen wir ein Spiel aufs Eis bringen, das uns erlaubt, auch dann Punkte zu holen, wenn wir nicht unsere allerbeste Leistung bringen. Dass wir krisenfest Eishockey spielen, nicht auseinander fallen, wenn wir mal zwei Tore kassieren. Dass wir, um vom größeren Bild zu sprechen, keine Achterbahnsaison haben, sondern es langsam, aber stetig nach oben geht. Es ist ja nicht die Realität, dass jeder Spieler jeden Abend die viel zitierten 110 Prozent gibt. Da ist immer mal einer angeschlagen oder gerade nicht in Top-Form. Wir müssen einen Kader haben, der auch punkten kann, wenn man nicht bei 100 Prozent ist. Manchmal wird es auch darum gehen, aus der Defensive heraus einen Gegner mürbe zu machen, weil man so penetrant Eishockey spielt, und dann mit den Offensivqualitäten, die wir haben, ein Spiel ohne viele Tore zu gewinnen.

Woran lagen die heftigen Ausschläge der vergangenen Saison?

Da nehme ich Köln gerne als positives Gegenbeispiel. Am Anfang der Saison haben wir die aus der Halle gefegt. Sie sind aber ihrem Spielsystem treu geblieben und haben sich so entwickelt, dass sie ihr bestes Eishockey am Ende der Saison gespielt haben. Unser Hoch und Runter lag auch daran, dass wir es in der Jagd nach Punkten versäumt haben, konsequent in und an unserem System zu arbeiten und davon hinten raus zu profitieren. Das hat uns den Fokus genommen. Wir haben es letztes Jahr verpasst, eine Entwicklung hinzulegen.

Vor einem Jahr haben sich Headcoach Tom Rowe und Mannschaft intern die besten Sechs als Ziel gesetzt, das hat wegen des selbstgemachten Erfolgsdrucks auf diesem Weg gewiss nicht immer geholfen. Und jetzt?

Unser Ziel ist es, die neuen Spieler schnell zu integrieren, damit wir als Team zusammenwachsen und konstant gutes Eishockey spielen. Anschließend gilt es, den Klassenerhalt möglichst frühzeitig zu sichern. Alles, was darüber hinaus geht, nehmen wir gerne Schritt für Schritt mit. Natürlich wollen wir den maximalen Erfolg. Aber, und das ist ganz klar mit den Coaches besprochen: Wir müssen etwas aufbauen, was nicht sofort wieder eingerissen wird, wenn es mal nicht läuft. Das Fundament muss stehen, das sind die Arbeitseinstellung und das taktische System. Wenn wir im System mal verlieren, ist alles in Ordnung. Aber ich habe ein Problem damit, wenn wir Freestyle spielen und verlieren. Es muss ein Weg zu sehen sein, den wir als Sportliche Leitung und Trainer vorgeben. Es wird auch keine Rücksicht auf einzelne Befindlichkeiten mehr geben. Entweder du bist mit im Boot oder eben nicht.