Benjamin Reiners

Stand: 16.08.2025 23:15 Uhr

Die „Schleswig-Holstein Proms“ nach Londoner Vorbild überzeugen nicht nur mit erstklassigen Solistinnen und Solisten, sondern überraschen mit unerwarteten Gags – auch den diesjährigen Dirigenten Benjamin Reiners.

von Eva Schramm

Beim Schleswig-Holstein Musik Festival (SHMF) verwandelte sich die Holstenhalle in Neumünster wieder in die Royal Albert Hall, und die Hamburger Camerata übernimmt den Part des BBC Symphony Orchestra. Am Dirigentenpult: Benjamin Reiners. Der war ganz aufgeregt, was ihn dort erwartet, erzählte er im Interview mit NDR Kultur. Denn die „Proms“ zeichnen sich nicht nur durch erstklassige Musik sowie Künstlerinnen und Künstler aus, sondern auch durch Gags der Moderation. Die übernahm in diesem Jahr die langjährige ARD-London-Korrespondentin Annette Dittert – auch zu hören bei NDR Kultur.

Herr Reiners, ein Proms-Konzert in Neumünster nach dem legendären Vorbild aus England: Mit wie viel Lockerheit und Spaß gehen Sie die Sache an, das zu dirigieren?

Benjamin Reiners: Mit ziemlich viel Spaß, weil ich mich einfach wahnsinnig darauf freue, wieder im Norden zu Gast zu sein, beim Schleswig-Holstein Musikfestival, und natürlich auch auf die vielen Menschen, die dort nach Neumünster kommen werden. Ich habe schon viele Videos und Fotos aus den letzten Jahren gesehen und bin ganz gespannt, was das da für eine große Party wird.

Und mit wie viel musikalischem Ernst?

Reiners: Auch mit ganz viel Ernsthaftigkeit. Denn wir haben doch ziemlich viel auf den Pulten liegen, auch sehr anspruchsvolle Musik. Da muss keiner Angst vor haben. Aber wir haben drei erstklassige Top-Solisten dabei mit Sabine Meyer, Nils Mönkemeyer und Ella van Poucke. Da gehen wir jetzt in den wenigen Proben, die wir dafür haben, natürlich mit einer großen Gewissenhaftigkeit, Ernsthaftigkeit ran.

bei den Schleswig-Holstein Proms

Beim Schleswig-Holstein Musik Festival verwandelt sich die Holstenhalle für einen Abend in die Royal Albert Hall.

Das Programm mit Brahms, Haydn und Strauss ist ja nun gar nicht sonderlich englisch, bis dann „Rule Britannia“ und „Pomp and Circumstance“ erklingen. Haben Sie die Musik zusammengestellt?

Reiners: Nein, das Programm ist tatsächlich in Gänze ein Wunsch des Festivals. Das hat also die Programmabteilung des Schleswig-Holstein Musik Festivals mir vorgeschlagen. Es gab da noch eine Stellschraube, an der wir ein bisschen gedreht haben. Aber an sich ist das eine Festival-Idee nach dem Vorbild der Londoner Proms-Konzerte. Dort erklingt ja auch nicht nur englische Musik, sondern da wird im großen Kanon der klassischen Meisterwerke gegraben.

Sie haben es angesprochen, die Original-Promenaden-Konzerte aus England wurden bereits 1895 erfunden, um ein Publikum zu erreichen, das sonst kein so großes Interesse an klassischer Musik hat. Wie ist das heutzutage? Ist der Konzertspaß nicht längst fest in Händen von Musikliebhabern, die sonst auch Sabine Meyer und Nils Mönkemeyer hören wollen? Oder kommt dort ein anderes Publikum zusammen als sonst?

Reiners: Ich bin sehr gespannt, wen ich da im Publikum alles so sehe und erkenne, wenn ich mich zum Applaus mal am Dirigentenpult umdrehe. Ich kann das ganz schwer einschätzen. Ich habe nur mit Freude gesehen, dass die Veranstaltung sehr, sehr früh, sehr gut verkauft bis ausverkauft war. Und ich bin natürlich auch auf viele altbekannte Gesichter aus dem Norden gespannt, von denen ich schon weiß, dass sie sich auch eine Karte organisiert haben.

Wie viel von dem Abend ist geprobt und wie viele spontane Gags der Moderatorin, der langjährigen ARD-London-Korrespondentin Annette Dittert, werden für Sie wohl auch überraschend sein?

Reiners: Ich denke, das ist alles für uns überraschend. Wir haben erst am Samstagnachmittag vor Ort in Neumünster die Generalprobe, wo wir auch auf Annette Dittert treffen werden. Ich bin gespannt, wie viele Gags sie schon vorher verraten wird. Aber am schönsten ist eigentlich immer, wenn auch das Orchester auf der Bühne es erst am Abend wirklich live hört und dann auch herzlich und spontan mitlachen kann.

Alte Bekannte aus dem Norden werden Sie nun also in Neumünster treffen. Sie hat es ja nach Chemnitz verschlagen. 

Reiners: Genau, ich bin seit Beginn dieser Spielzeit Chefdirigent der Robert-Schumann-Philharmonie und Generalmusikdirektor dort in der Europäischen Kulturhauptstadt 2025. Dorthin hat es mich verschlagen.

Sie bleiben Norddeutschland aber nach wie vor verbunden, oder?

Reiners: Natürlich. Einmal in Norddeutschland, dann bleibt man mit dem Herzen immer ein bisschen dort. Und meine Tochter ist in Kiel geboren. Von daher werden wir immer eine Verbindung in den Norden behalten.

Das Interview führte Eva Schramm.