Donald Trump kürzt munter an der Wissenschaftsförderung der USA herum. Das sorgte für Panik unter Forschern und Studenten. Das hat auch Einfluss auf deutsche Universitäten.

Drei von vier US-Wissenschaftlern überlegen, das Land zu verlassen. Das war das Ergebnis einer Umfrage im „Nature“-Magazin. Das Blatt holte dieses Stimmungsbild seiner Leser ein, kurz nachdem Donald Trump angekündigt hatte, weite Teile der Wissenschaft ihre Mittel zu entziehen. Das gilt vor allem für jene Bereiche von Forschung und Lehre, die sich mit Themen auseinandersetzen, die der Regierung nicht passen. Dazu gehören unter anderem Umweltwissenschaften und Projekte, die sich mit dem unter der US-Rechten gehassten Thema „Diversity, Equity and Inclusion“ (DEI), also Gleichstellung, beschäftigen. Das, und alles, was die Regierung dafür hält, wird erklärterweise abgeschafft. Aber auch medizinische Forschung steht mittlerweile auf der Abschussliste.

Alexandra Witze, die für „Nature“ über die Befragung berichtete, erklärt auf Anfrage, dass gerade Wissenschaftler, die noch am Anfang ihrer Karriere stehen, sich besorgt zeigten. Da das Resultat der Umfrage allerdings nicht repräsentativ sei, könne man nicht sagen, inwieweit das Ergebnis tatsächlich die Stimmung im Land widerspiegele. Weitere Befragungen kommen aber zu ähnlichen Ergebnissen. So gaben vier von fünf Befragten einer Erhebung der „National Postdoctoral Association“ im Mai an, dass ihre Arbeit und ihre Stelle gefährdet sei oder ihre Forschung verzögert werde.

Amis an deutschen Unis?

Bislang waren es die USA, die Top-Köpfe aus dem Ausland in die USA gelockt haben. Mit einer restriktiven Wissenschaftspolitik könnte sich das ins Gegenteil verkehren. Nachfragen bei den Universitäten der Region – Heidelberg, Mannheim, Karlsruhe, Mainz und Landau-Kaiserslautern – ergeben unterschiedliche Stimmungsbilder. An der Universität in Heidelberg würden einige Forscher verstärkt von Kollegen aus den USA kontaktiert, um ihre Möglichkeiten auszuloten, wie eine Sprecherin auf Anfrage mitteilt. Auch die Universität Mainz verzeichnet ein gestiegenes Interesse von US-Wissenschaftlern, es gebe bereits konkrete Gespräche mit einzelnen Personen. In Mannheim gibt es nach Auskunft der Universität keine wahrnehmbare Veränderung, was Bewerbungen von Professoren und den sogenannten „Postdocs“ angeht. Bei den Doktoranden zeichne sich aber ein leichter Anstieg von US-Bewerbern bei der „Graduate School of Economic and Social Sciences“ ab. Am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) beobachte man einem Sprecher zufolge keine großen Veränderungen. Auch in Kaiserslautern ist das nach Angabe der Universität so.

Die Aktionen der Trump-Regierung machen sich auch bei deutschen Wissenschaftlern und Forschungsprojekten selbst bemerkbar. Wie das KIT auf Anfrage erklärt, steht das Projekt CO-SFSC, bei dem es um nachhaltige Lebensmittel-Lieferketten geht, auf der Streichliste der Amerikaner. Die Forschung sei „DEI“ beziehungsweise „fortgeschrittene neo-marxistische Klassenkampf-Propaganda“, so die neue US-Lesart. Die Mittel wurden auf Eis gelegt, die US-Forscher konnten somit nicht zu einem Forschungskongress reisen und ihre Ergebnisse vorstellen. Auch die Förderung für die KIT-Forscher wurde gesperrt, sie und weitere Projektpartner könnten dann wiederum nicht in die USA reisen. Zudem beschränke die USA Zugang zu Daten im Bereich der Klima- und Umweltforschung, so ein KIT-Sprecher. In Mannheim wurde gerade ein gemeinsames Forschungsprojekt auf US-Seite nach erneuter Prüfung wieder freigegeben, nachdem vorher dessen Streichung befürchtet wurde. Auch in Mainz gibt es die Sorge, dass Kooperationen aufhören. Das Heidelberger Rektorat spreche sich mit den Amerikanern ab, um für eine solche, etwaige Zukunft vorzusorgen.

EU will Köpfe anziehen

Auch die EU-Institutionen dürften die Unsicherheit der Wissenschaftsszene auf dem Plan haben. Anfang Mai stellte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen das „Choose Europe“-Programm vor, mit dem durch Förderungen in Höhe von 500 Millionen Euro Wissenschaftler und weitere Fachkräfte nach Europa gelockt werden sollen. Auf der Website der EU-Kommission zum Programm werden gerade Wissenschaftsfreiheit, Stabilität und verlässliche Finanzierung hervorgehoben. Diese 500 Extra-Millionen sind ein Zusatz zum „Horizon Europe“-Etat von 93,5 Milliarden Euro, der von 2021 bis 2027 auch für länderübergreifende Forschungsprojekte zur Verfügung steht.

Ob Geld allein ausreiche, um Wissenschaftler aus den USA anzuziehen, sei fraglich, wie die Universität Mannheim mitteilt. „Gerade die bürokratischen Hürden, die in Deutschland bekanntermaßen hoch sind, ändern sich durch das Programm vermutlich nicht. Es bleibt daher abzuwarten, ob es in Deutschland Erfolg zeigen wird“, so eine Sprecherin. Das KIT schätzt die Erfolgschancen des Programms hoch ein, das Programm biete „Perspektiven, die in den USA nicht mehr existieren“, sagte ein Sprecher. Heidelberg begrüße das Engagement, könne aber mehr noch nicht einschätzen.

Was allerdings jetzt schon gilt: Studierende aus dem Ausland wenden sich vermehrt an deutsche Universitäten und die in der Region. Das teilten die Universitäten in Mannheim, Heidelberg und Karlsruhe jeweils separat mit. Das könnte an der erhöhten Anzahl an englischsprachigen Studiengängen liegen und daran, dass der Standort USA an Attraktivität verliert, so das KIT. Das komplette Ausmaß all dieser Trends könne man aber auch hier erst in einiger Zeit sehen – da sind sich die Universitäten einig.

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Dieser Artikel stammt aus der RHEINPFALZ am SONNTAG, der Wochenzeitung der RHEINPFALZ. Digital lesen Sie die vollständige Ausgabe bereits samstags im E-Paper in der RHEINPFALZ-App (Android, iOS). Sonntags ab 5 Uhr erhalten Sie dort eine aktualisierte Version mit den Nachrichten vom Samstag aus der Pfalz, Deutschland und der Welt sowie besonders ausführlich vom Sport.