Der Kreistag des Landkreises Leipzig hat in seiner Sitzung vom 18. Juni beschlossen, dass die Verwaltung alle Spielräume nutzen soll, um die Genehmigung von Windenergieanlagen systematisch zu unterbinden oder zu erschweren. Ein Beschluss, zu dem Landrat Henry Graichen schon deutlich sagte, dass der Kreistag damit seine Kompetenzen deutlich überschritten hat. Dass die AfD, die im Kreistag die größte Fraktion stellt, mit solchen Aktionen versucht, die Energiewende in Sachsen mit allen Mitteln auszubremsen, ist nur zu gut bekannt. Dass die CDU dieses faule Spiel mitspielt, ist schon bedenklicher. Aber wo sind die Grenzen?

Das wollte Tommy Penk, Kreisrat von Bündnis 90/Die Grünen, dann doch genauer wissen und beanstandete den Beschluss bei der Landesdirektion. „Die Landesdirektion hat mir hierzu teilweise recht gegeben und den Tagesordnungspunkt erneut auf die Tagesordnung zur nächsten Kreistagssitzung gefordert“, kann Tommy Penk feststellen.

Eine viel zu kurzfristig anberaumte Sitzung

Das beginnt mit der Bekanntgabe der außerordentlichen Sitzung des Kreistages, die Penk bemängelte. Und die Landesdirektion gab ihm daran durchaus recht: „Entsprechend § 2 Abs. 1 und 2 der Satzung über die Form der öffentlichen Bekanntmachung im Landkreis Leipzig erfolgen ortsübliche Bekanntgaben durch öffentliche Zugänglichmachung im Elektronischen Amtsblatt des Landkreises Leipzig und zugleich in Form von Aushängen an den Bekanntmachungsstellen im Landratsamt.

Eine Frist wurde in der Satzung nicht festgelegt, insofern gilt die 3-Tages-Frist. Der Landkreis hat zwar an den Bekanntmachungsstellen einen Nachtrag zur Tagesordnung ausgehängt.Jedoch erfolgte dies erst am 17. Juni 2025, einen Tag vor der Kreistagssitzung. Zudem ist eine Bekanntgabe im Elektronischen Amtsblatt unterblieben. Das bedeutet, weder Form noch Frist der ortsüblichen Bekanntgabe sind vorliegend gewahrt.“

Da verwundert es schon, dass dann zur Sitzung in Thallwitz dutzende Windkraftgegner demonstrierten, die damit das Bild einer einhelligen Ablehnung neuer Windkraftanlagen im Landkreis erzeugten. Gegenprotest war in dem kurzen Zeitraum sichtlich nicht zu organisieren.

Protestierede vorm KulturGut Thallwitz.Protestierende vorm KulturGut Thallwitz. Foto: Landratsamt Landkreis Leipzig

Auf diese Art hätte die Sitzung nur im „Eilfall“ einberufen werden dürfen. Aber für diesen Eilfall, sieht auch die Landesdirektion keine Anhaltspunkte: „Ein Eilfall, bei dem die ortsübliche Bekanntgabe nach § 32 Abs. 4 Satz 2 SächsLKrO entfallen kann, ist für die Landesdirektion Sachsen nicht ersichtlich.

Im Ergebnis der formellen Prüfung ist somit festzustellen, dass die unter dem Tagesordnungspunkt 2.9 gefassten Beschlüsse in Bezug auf die ortsübliche Bekanntgabe an einem schwerwiegenden Verfahrensfehler leiden und folglich rechtswidrig sind.“

Genehmigungsbehörden sind an Recht und Gesetz gebunden

Der Beschluss ist also deshalb ungültig. Und was den Inhalt betrifft, wäre ein gültiger Beschluss in dieser Art nichts anderes als eine leere Willensbekundung, wie die Landesdirektion in ihrer Antwort an Tommy Penk ebenfalls bestätigt: „Hinzu kommt, dass der Landkreis Leipzig bei der Ausübung seiner Aufgaben als untere Genehmigungsbehörde an Recht und Gesetz gebunden ist.

Daran kann auch der politisch motivierte Wille, die Anzahl von Windkraftanlagen im Kreisgebiet zu begrenzen, nichts ändern. Soweit ein Vorhaben alle gesetzlichen Anforderungen erfüllt, hat der Antragsteller einen Rechtsanspruch auf die Genehmigung. Der Landkreis Leipzig als Genehmigungsbehörde ist in diesem Fall verpflichtet, die Genehmigung zu erteilen und hat dabei keinen Ermessensspielraum.

Diese Rechtssicherheit für die Betreiber der Anlagen ist ein fester Bestandteil unseres Rechtssystems, das vor willkürlichen Eingriffen schützt. Die Befürchtung, der Landkreis könne Genehmigungsverfahren aufgrund fadenscheiniger Gründe künstlich in die Länge ziehen, kann diesseits nicht geteilt werden.“

Das heißt: Wenn der Kreistag den Beschluss gleichlautend noch einmal fasst, ist das eine leere Geste, die mit den gesetzlichen Rahmenbedingungen für den Windkraftausbau nichts zu tun hat. Im Gegenteil – die Landesdirektion bestätigt es ja hier: Unternehmen – auch die aus der Windkraftwirtschaft – müssen sich darauf verlassen können, dass Gesetze und Normen gelten und ihre Investitionen nicht einfach deshalb in den Satz gesetzt werden, weil eine lautstarke Minderheit alles tut, um Stimmung gegen Windkraft zu machen.

„Im Ergebnis ist damit festzustellen, dass keine Bedenken gegen die materielle Rechtmäßigkeit des gefassten Kreistagsbeschlusses bestehen“, so die Landesdirektion. Der Kreistag kann solche Windbeutel-Beschlüsse fassen. Aber sie dürfen das tatsächliche Handeln der unteren Genehmigungsbehörde im Landkreis nicht beeinflussen.

Es braucht eine sachliche Diskussion

„Der Landkreis Leipzig wurde von uns mit Schreiben vom 30. Juli 2025 über das Prüfergebnis informiert und ihm wurde die Möglichkeit eröffnet, den festgestellten Verfahrensfehler mittels neuer Beschlussfassung aus der Welt zu schaffen. Mit Schreiben vom 11. August 2025 teilte uns der Landkreis Leipzig nunmehr mit, dass die von der Landesdirektion Sachsen vertretene Rechtsauffassung hinsichtlich des formellen Verfahrensfehlers vollumfänglich geteilt wird und die in Rede stehenden Beschlüsse auf die Tagesordnung der nächsten Kreistagssitzung gesetzt werden. Mit der neuen Beschlussfassung werden die betroffenen Beschlüsse legalisiert“, so die Landesdirektion.

Wobei legalisiert an dieser Stelle wohl das falsche Wort ist. Es bleiben reine Statements, auch wenn man bezweifeln darf, dass alle Kreisräte, die am 18. Juni zugestimmt haben, wirklich nachgedacht haben über das, was sie da beschlossen. Zum Gesetz wird der Beschluss damit nicht.

Und so sieht es auch Tommy Penk: „Die Entscheidung der Landesdirektion zeigt eindeutig auf, dass wir uns bei den Fragen zum Ausbau der Erneuerbaren Energien nicht von den Windkraftgegnern im Kreistag vorschnell treiben lassen dürfen. Es bedarf einer fundierten, sachlichen Diskussion, die eine ordentliche Vorbereitung der Kreisräte und Information der Bürger voraussetzt.

Sonst gewinnt man den Eindruck, dass sich die Windkraftgegner über geltendes Recht hinwegsetzen könnten. Die erneute Einbringung auf die Tagesordnung bietet die Chance Klimaschutz, Planungssicherheit für die Beitreiber, aber auch die Interessen der Gegner und Befürworter der Windenergie sorgfältig abzuwägen und einen Kompromiss zu erzielen. Das sollte doch im Sinne einer guten Kommunalpolitik im Landkreis Leipzig sein.“