– Was wäre, wenn mitten in Berlin plötzlich tausende Elefanten auftauchen? Gaea Schoeters zeigt uns dieses Gedankenspiel – Urkomisch und hochpolitisch.
Einmal mehr zeigt uns eine Autorin, dass gerade die kurzen Romane unglaublich viel beinhalten. „Das Geschenk“ ist witzig, satirisch und überragend geschrieben. Das Buch zeigt uns die Probleme der europäischen Außenpolitik genauso auf wie die der deutschen Innenpolitik. Und wo man die Politik einfach Politik sein lassen sollte und menschlich über den Tellerrand hinausblicken muss.
„Das Geschenk“ von Gaea Schoeters: Satire und große Literatur
Mitten in Berlin tauchen plötzlich Elefanten auf. Keiner weiß, wo sie herkommen, und es werden immer mehr Dickhäuter gesichtet. Schnell wird klar, dass die Tiere nicht aus einem Zoo ausgebrochen sein können. Kurz wird auch ein Terroranschlag befürchtet, doch ein Anruf des Präsidenten von Botswana erklärt die Lage.
Deutschland hatte gerade erst ein Gesetz verabschiedet, das die Einfuhr von Jagdtrophäen erschweren soll. Botswana sieht das als Eingriff in ihre eigene Politik. Zahlreiche Programme zur Erhaltung der Elefanten hätten die Dickhäuter zu einer wahren Landplage werden lassen.
Als Dankeschön für ein weiteres Gesetz, das die Lage in Botswana verschärfen dürfte, hat der Präsident 20 000 Dickhäuter nach Deutschland geschickt. Wie das über Nacht funktioniert haben soll? „Magic, my dear friend.“
„Das Geschenk“: Viel Inhalt auf wenig Seiten
Auf gerade einmal 144 Seiten zeigt uns Gaea Schoeters Grenzen auf. Die Grenzen, die wir überschreiten, wenn wir andere Länder zu Maßnahmen zum Naturschutz zwingen, die wir selbst nicht einhalten wollen. Die Grenzen der Politik, in der Parteien ernste Probleme zum eigenen Vorteil umdeuten wollen. Die Grenzen, die eine Koalition automatisch dann hat, wenn die beteiligten Parteien gegeneinander anstatt miteinander regieren wollen. Die Grenzen, die Maßnahmen haben, wenn sie an den Kapitalismus gekoppelt sind, anstatt wirklich von Expertinnen und Experten geleitet zu werden.
Und die Grenzen der Demokratie an sich. Gaea Schoeters nennt keine Parteien beim Namen, auch die Namen der auftretenden Politikerinnen sind fiktiv. Dennoch bekommt man schnell einen Eindruck, welche Parteien wann gemeint sind.
Seit Jahren ist in Deutschland ein Verbot der rechtsextremen AfD im Gespräch. Demokratie müsse das aber aushalten, ist eines der viel genannten Gegenargumente. Gaea Schoeters zeigt uns in „Das Geschenk“ auf, wo die Grenzen der Demokratie sind. Denn der konservative Bundeskanzler, der in diesem Roman regiert, sieht sich von seiner rechtspopulistischen Opposition in die Ecke gedrängt. Er sieht es als seine Verantwortung, zu verhindern, dass diese Rechtspopulisten an die Macht kommen. Alle Maßnahmen, die er für die Zukunft treffen würde, würden im schlimmsten Falle einfach nach der nächsten Wahl wieder rückgängig gemacht.
Was soll er also tun? Ist die einzige Möglichkeit, den Rechtsstaat zu retten, ihn aufzugeben und den Forderungen der Rechtspopulisten nachzugeben?
„Das Geschenk“
von Gaea Schoeters
- übersetzt von Lisa Mensing
- 144 Seiten
- Zsolnay
- ISBN: 978-3-552-07574-0
- 22 Euro
Vor der Klimakrise verblasst die Politik
Genau das ist das Problem, das Gaea Schoeters hier herausarbeitet. Denn der Klimakrise kann nur mit einer langfristigen Politik entgegengetreten werden. Eine Politik, die vor allem auch eine ganze Reihe an unliebsamen Entscheidungen beinhaltet. Und die würden eine Partei vermutlich die nächste Wahl kosten. Wenn wir Parteien in unserem Parlament zulassen, die entgegen einer solchen nachhaltigen Politik arbeiten, können es sich die anderen Parteien nicht leisten, weiter in die Zukunft zu denken als die vier Jahre ihrer Legislaturperiode.
Und Gaea Schoeters gelingt in „Das Geschenk“ der Spagat, diese ernsten Themen auf eine Weise zu verpacken, in der wir sogar schmunzeln müssen. Das ist große Literatur, das ist große Satire.
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