In Wiesbaden haben im vergangenen Jahr so viele Gäste übernachtet wie nie zuvor. Das ist eines der Ergebnisse einer Tourismusstudie, die das Deutsche Wirtschaftswissenschaftliche Institut für Fremdenverkehr (DWIF) am Donnerstag vorgestellt hat. Die Botschaften von DWIF-Geschäftsführer Moritz Sporer waren allerdings nicht durchweg positiv, denn im Rheingau übernachteten 2024 erheblich weniger zahlende Gäste, zudem ist die Zahl der Tagestouristen massiv zurückgegangen.

Das Münchner Institut hat die Tourismuszahlen 2024 denen des Vor-Corona-Jahres 2019 gegenübergestellt und sowohl die Bruttoumsätze als auch die Wertschöpfung analysiert. Die alle fünf Jahre erhobene Studie erlaubt einen detaillierten Überblick über die Entwicklung in Wiesbaden, im Rheingau, in der gemeinsam beworbenen Destination Wiesbaden-Rheingau, im Rheingau-Taunus-Kreis und im IHK-Kammerbezirk, zu dem auch Hochheim im Main-Taunus-Kreis zählt.

Reisende hätten 2024 mehr als eine Milliarde Euro im Kammerbezirk ausgegeben, sagte IHK-Präsident Jörg Brömer und erinnerte an die Bedeutung des Tourismus für die regionale Wirtschaft. Die Wertschöpfung betrug demnach 505 Millionen Euro. In Wiesbaden haben im vergangenen Jahr insgesamt 1.431.000 Menschen in Hotels, Pensionen, Ferienwohnungen und auf Campingplätzen übernachtet. Das sind 7,2 Prozent mehr als noch 2019.

Zahl der Tagesgäste massiv eingebrochen

Im Rheingau ist die Zahl der Übernachtungen dagegen im gleichen Zeitraum um 15,2 Prozent auf 724.000 gesunken. Das führt dazu, dass die gemeinsam beworbene Destination Wiesbaden-Rheingau mit insgesamt 2,15 Millionen Übernachtungen ein Minus von 1,6 Prozent ausweist. Die gesunkenen Übernachtungszahlen im Rheingau hängen nach Einschätzung der IHK auch damit zusammen, dass die Zahl der Hotels von 132 Betrieben mit mehr als zehn Betten auf 118 gesunken ist.

Anders sieht das bei privaten Übernachtungen bei Freunden und Verwandten aus: In Wiesbaden stieg deren Zahl um 24,3 Prozent auf 1,79 Millionen. Für den Rheingau gibt es keine exakte Vergleichszahl, aber im 2024 wurden 630.000 private Übernachtungen gezählt. Für die Destination Wiesbaden-Rheingau weist die Studie somit 2,42 Millionen private Übernachtungen aus, ein Plus von 2,1 Prozent.

Die gesamten Umsätze aus dem Tourismus sind im vergangenen Jahr in Wiesbaden um 2,2 Prozent auf 700 Millionen Euro und im Rheingau um 6,7 Prozent auf 225 Millionen Euro gestiegen. In der Destination Wiesbaden-Rheingau stiegen sie im Fünf-Jahres-Vergleich um 0,3 Prozent auf rund 925 Millionen Euro. Dass dieser Anstieg prozentual nicht höher ausfiel, hängt damit zusammen, dass die Zahl der Tagesgäste massiv eingebrochen ist.

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In Wiesbaden sank diese um 16,4 Prozent auf 10,2 Millionen im vergangenen Jahr und im Rheingau um 4,8 Prozent auf vier Millionen, in Summe ergibt dies ein Minus von 13,4 Prozent. Als Gründe für den starken Rückgang beim Tagestourismus, der einem Trend in ganz Deutschland folgt, führte DWIF-Geschäftsführer Sporer unter anderem die Inflation, Kostensteigerungen und die geopolitische Lage an. In Hessen insgesamt betrug der Rückgang beim Tagestourismus Sporer zufolge sogar fast 20 Prozent.

„Wir arbeiten seit Jahren mit Hochdruck und auch erfolgreich an einer Stärkung des Tourismus im Interesse einer Wertschöpfung für Wiesbaden und die Region“, sagte Bürgermeisterin Christiane Hinninger (Die Grünen) zu den Ergebnissen der Studie. Dass die Übernachtungszahlen 2024 in der Landeshauptstadt den Rekordwert von 2019 übertroffen haben, kommentierte sie mit den Worten: „Die Corona-Delle ist überwunden.“

Das sieht Matthias Gerber, Vorsitzender des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (DEHOGA) in Wiesbaden, anders. Er sprach von einer Stagnation bei den Übernachtungszahlen im Vergleich zum Jahr 2023 und begründete dies mit dem Anfang 2024 eingeführten Kurbeitrag in Wiesbaden, der mit fünf Euro je Nacht einer der höchsten in Deutschland sei.

Dieser beeinträchtige zudem die Rentabilität der Wiesbadener Hotels, weil er nicht komplett an die Kunden weitergegeben werden könne. Auch Sporer hatte zuvor in einer Beispielrechnung die sinkende Rentabilität der Hotels aufgezeigt, diese aber mit anderen Kostensteigerungen begründet.

Um wieder mehr Tagestouristen nach Wiesbaden zu locken, setze die Stadt unter anderem auf Veranstaltungen und Projekte, um die Attraktivität der Innenstadt zu erhöhen, führte Hinninger aus. Rheingau-Taunus-Landrat Sandro Zehner (CDU) plädierte aufgrund der sinkenden Übernachtungszahlen im Rheingau für mehr größere Hotels und nannte in diesem Zusammenhang Kloster Eberbach als Möglichkeit, um dort einen Hotelbetrieb anzugliedern. Zudem sprach er sich dafür aus, den Frankfurter Markt für Tagestouristen stärker ins Auge zu fassen.