Remscheid. An das Aufwachsen in der elterlichen Backstube erinnert sich Peter Beckmann noch gut: „Das war ein Paradies!“ Muckelig warm im Winter, immer satt zu essen und die vielen rechtlichen Vorgaben, die heute die Abläufe in der Lebensmittelproduktion regeln, beschäftigten in der Kindheit des 73-Jährigen noch niemanden: „Es spielte keine Rolle, wenn man da in der Backstube mit einem kleinen Ball Fußball spielte.“
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Noch immer würden ältere Lüttringhauser bisweilen sagen: „Erinnerst du dich an die Kantenkiste?“ Ja, er erinnert sich gut: „Das war eine große Rosinenkiste aus Holz, in die morgens die Kuchenränder kamen. Sie stand in der Backstube unter dem Tisch. Wir Kinder bedienten uns daraus, bis zum Nachmittag war sie leer!“
Wo im Herbst die neue Filiale eröffnen wird
Seither hat sich viel geändert. Nicht nur, weil die leckeren Kanten der Apfel- und Streuselkuchen heute nicht mehr für Kinder frei zugänglich aufgestellt werden dürfen. Auch die Struktur von Beckmanns hat sich im Laufe der Jahrzehnte gewandelt: Aus der kleinen Bäckerei unweit der Justizvollzugsanstalt, in der nur zwei bis drei Personen arbeiteten, machte Peter Beckmann ein Unternehmen mit 200 Mitarbeitern und 17 Filialen, die von seiner Produktion in der Dreherstraße aus bestückt werden.
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Ganz neu wird, voraussichtlich im Oktober oder November dieses Jahres, eine weitere am Busbahnhof auf dem Friedrich-Ebert-Platz hinzukommen, verrät der Lüttringhauser Bäcker.
Ein Herzstück ist das Café zwischen Lüttringhauser Rathaus und Fleischerei Nolzen. „Für Remscheid ist es fast ein Alleinstellungsmerkmal, dass wir das in Lüttringhausen haben – einen Ortskern mit Bäckerei und Metzger“, so Beckmann. Seitdem er hinter dem Café eine üppig blühend begrünte Außenterrasse mit Spielfläche angelegt hat, können seine Kundinnen und Kunden hier mit Blick ins Bergische Kaffee und Kuchen genießen. Dass viele trotzdem lieber vorne an der Straße oder im Gastraum verweilen, kann Peter Beckmann nicht so recht nachvollziehen. Schätzen sie dort Trubel und Geselligkeit? Man kann nur mutmaßen.
Was bei Hochzeitstorten zu beachten ist
„Viele ältere Leute kommen als Stammgäste hier zum Frühstück“, sagt René Hennig. Der Konditor stammt aus Leipzig, seit 13 Jahren leitet er die Filiale im Dorp. Er schätzt den freundlichen Small Talk mit Kundinnen und Kunden. Viele ihrer Gewohnheiten sind ihm vertraut: „Man kennt sie schon und weiß, wo sie sitzen und was sie kriegen. Das ist wie Familie!“ Die umliegenden Arztpraxen ziehen zusätzlich Besuch an: „Manche lassen sich erst Blut abnehmen, danach frühstücken sie hier.“
Neben Brot und Brötchen stehen auch Törtchen und Kuchen schon morgens in der Theke. Das Angebot ist vielfältig – und es wechselt: „Die Erdbeerzeit geht bald zu Ende, dann fangen wir mit Pflaumen an“, stellt Beckmann in Aussicht. Auch Gebäck mit Schokolade unterliegt saisonalen Schwankungen: Wenn es zu warm ist, wird es nicht produziert. Auf Bestellung kann man auch Torten bekommen, sogar Hochzeitstorten – muss sich dann aber selbst um die Abholung kümmern.
Welches Geheimnis unter der Kruste steckt
„Ich mag Brot lieber als Gemüse“, verrät der Traditionsbäcker Peter Beckmann. Sein Markenzeichen: „Ich lege viel Wert auf die Kruste. Ohne Kruste hat Brot keine Geschmacksstoffe.“ Eine Besonderheit in seinen Theken ist das Heidebrot; ein Roggenmischbrot mit besonders viel Kruste: „Das gibt es in Remscheid, aber sonst in Deutschland relativ selten.“
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Wegen seiner Liebe zum knusprigen Teil des Brotes trägt sein Favorit, die besonders knusprige Bergische Kruste, hier den Namen „Beckmann-Kruste“. Die schneide man am besten selbst zu Hause auf – trotz der abplatzenden Krumen: „Das gibt zwar eine Riesensauerei in der Küche“, lacht er, schmecke aber noch besser, als wenn man sie sich schon in der Bäckerei schneiden lasse.
Woher die Inspiration für das Lebenswerk stammt
Seit 45 Jahren ist Peter Beckmann selbständig. Inspiration zieht er aus einer speziellen Form der Vernetzung innerhalb der Bäcker, erzählt er: „Es gibt bei uns Erfa-Kreise für den Erfahrungsaustausch unter Kollegen.“ Dort seien jeweils bis zu 15 Bäcker aus unterschiedlichen Regionen vernetzt, „von Neumünster bis Basel, so dass wir nicht im direkten Wettbewerb zueinanderstehen. Dort bin ich seit 30 Jahren aktiv, das erweitert den Horizont sehr.“
Von seinem Vater, bei dem er in die Lehre ging, hat er außerdem eine Weisheit übernommen, mit der er sich im Umgang mit Menschen manchmal behilft: „Der eine gebe nach, der andere gebe zu. So kommen beide mehr zur Ruh.“
RGA