Wertvolle Minuten: Freiwillige unterstützen Profi-Retter

Zu oft ist auch der schnellste Rettungswagen nicht schnell genug: „Die Hilfsfrist in Sachsen beträgt zwölf Minuten. Aber zwölf Minuten sind für einen Herz-Kreislauf-Stillstand einfach zu lang. Nach drei Minuten beginnen Hirnzellen irreversibel abzusterben. Diese Zeit muss überbrückt werden“, so Bernd Krämer.

Eine Herzdruckmassage in den Minuten, bis der Rettungsdienst eintrifft, könne Leben retten. Jeder sei in der Lage, erste Hilfe zu leisten, ist Bernd Krämer überzeugt: „Natürlich kann man was falsch machen, aber wenn ich nichts tue, stirbt der Mensch.“

Ersthelfer in der Nähe per App alarmiert

Genau hier kämen nun die registrierten Ersthelfer ins Spiel, sagt der Chef des Rettungszweckverbandes Südwestsachsen Jens Leistner. Wer sich in der Nähe des Notfallortes befindet, wird über eine App auf seinem Handy alarmiert. „Dann hat der Helfer noch die Möglichkeit zu sagen: ‚Ich bin bereit, ich kann es‘ oder auch ‚Nein, ich kann gerade nicht‘ – beziehungsweise kann noch ergänzen, ob er mit dem Auto oder Fahrrad unterwegs ist oder zu Fuß.“ Die Daten zum Einsatzort würden erst geschickt, wenn ein Einsatz bestätigt wird.

Einsatz 200 Meter von der eigenen Wohnung entfernt

Alarmiert werden die drei Ersthelfer, die am nächsten dran sind. Das alles passiere innerhalb weniger Sekunden, berichten Lara Hendel und Andreas Reuter. Das Paar wurde bereits zu zwölf Ersthelfer-Einsätzen gerufen. Einer davon sei nur 200 Meter von ihrer Wohnung entfernt gewesen, erzählt das Paar MDR SACHSEN.

Lara Hendel erinnert sich, wie die Situation vor Ort war: „Das Umfeld von dem Menschen war natürlich so unter Schock, dass jemand dort liegt und sich nicht bewegt, sodass die einfach extrem dankbar waren, dass es Leute gibt, die in dem Moment handeln können.“

Wir haben quasi sofort mit den Reanimationsmaßnahmen begonnen. Das hat dann ungefähr drei, maximal vier Minuten gedauert, bis der Rettungsdienst da war.

Andreas Reuter
Freiwillige Ersthelfer

Andreas Reuter erinnert sich, wie schnell alles ging: „Wir haben quasi sofort mit den Reanimationsmaßnahmen begonnen. Das hat dann ungefähr drei, maximal vier Minuten gedauert, bis der Rettungsdienst da war. Also es hat alles super funktioniert, ist dann im Nachgang auch sehr gut ausgegangen.“

Nachbarschaftshelden: Weitere Lebensretter gesucht

Der Fall zeige, wie hilfreich und wichtig die Ersthelfer bei einem Notfall seien, sagt Arzt Bernd Krämer. Deshalb hofft er, dass in Zukunft noch mehr Menschen zu potenziellen Lebensrettern werden. Die Voraussetzungen dafür seien gering: „Jeder Bürger, der eine Fahrerlaubnis hat, hat das beim Erste-Hilfe-Kurs irgendwann mal gelernt. Mit diesem Projekt wollen wir das wieder ein bisschen ins Bewusstsein bringen. Das Ziel ist natürlich, dieses Netz so dicht wie möglich zu spinnen, um so schnell als möglich Ersthelfer vor Ort zu haben“, ergänzt Verbandchef Jens Leistner.

Obwohl der Rettungsdienst in Südwestsachsen schon sehr gut aufgestellt sei, könne ein erfolgreiches Projekt Ersthelfer in Zukunft zur perfekten Ergänzung werden. „Die Ersthelfer kommen nicht bei jeder Schürfwunde zum Einsatz, sondern werden gezielt alarmiert, wenn es um Leben und Tod geht und jede Minute zählt“, erklärt Leistner.

„Wenn man sich das zutraut und die Qualifikation dafür hat: Ich finde, das ist Pflicht“, sagt Ersthelfer Moritz Gräßler. Angst haben, etwas falsch zu machen, müsse niemand, will er anderen Mut machen. „Das Schlimmste, was man machen kann, ist nichts zu machen.“ Der Zeitaufwand halte sich in Grenzen: „Es ist ja nicht so, dass man zwei Stunden weg ist. In der Regel ist nach wenigen Minuten auch der Rettungsdienst da.“