Kiel. Wenn das Eiderbad Hammer erzählen könnte. Es würde von all den Verheißungen des Sommers berichten. Von schüchternen Küssen und ersten Schwimmzügen. Von grenzenloser Freiheit und purer Lebensfreude. Von Generationen, die kamen und gingen. Seit 1937 verbringen hier die Menschen die schönsten Monate des Jahres. Was ist das Geheimnis des Erfolgs? Ein Besuch im Freibad.
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Schon die Anfahrt lässt einen die Hektik und Hitze der Stadt vergessen. Es geht über die hubbelige Straße „Eiderbrook“ vorbei an Wiesen und Auen, kleinen Häusern und viel Natur. Eine imposante Birkenallee weist den Weg. Dann einmal scharf links und schon ist man da. Im Bad mit dem größten Romantik-Faktor in Kiel.
Sommeridylle im Eiderbad in Kiel: Ein historisches Freibad und seine Geheimnisse
Begrüßt werden die Besucher mit kostenlosen Parkplätzen unter schattigen Bäumen direkt an der Eider, vielen Fahrradständern und einem fröhlichen Wandgemälde am Eingang. Der Eintritt ins Paradies kostet 2,50 Euro (Kinder 1,50 Euro). Einmal drin, kann das sorglose Leben beginnen.
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Harald Vollbehr und sein Enkel Milan genießen den Nachmittag im Eiderbad Hammer.
Quelle: Frank Peter
Für Milan Vollbehr (8) ist das Eiderbad der schönste Ort der Welt. In den ersten drei Wochen der Sommerferien hat er hier Schwimmen gelernt. Ein Kurs der Stadt machte es möglich. Am Freitag hat er das Seepferdchen-Abzeichen bestanden.
Vom Seepferdchen bis zur Nostalgie: Warum das Eiderbad begeistert
Während Opa Harald Vollbehr (61) davon erzählt, ist Milan in seinem Element. „Ich kann schon Arschbomben und Bauchklatscher“, ruft er und springt ausgelassen ins kühle Nass.
20 Grad hat das Wasser, das ausschließlich von der Sonne erwärmt wird. Es ist genauso warm, wie an diesem Sonnabend die Luft. Zu kalt? „Überhaupt nicht“, ruft Milan. Er nimmt erneut Anlauf und ist auch schon wieder im 13 mal 26 Meter großen Schwimmbecken. Gefüllt ist es mit 452,72 Kubikmeter Wasser – das entspricht rund 3000 Badewannen voll Sommerglück.
Eiderbad Hammer in Kiel: Das Geheimnis eines zeitlosen Sommerparadieses
So glücklich wie Milan scheinen an diesem Tag alle Besucher zu sein. Der typische Freibadgeruch weht über die 9000 Quadratmeter große Liegewiese. Eine Mischung aus Sonnenmilch, Frittierfett und Natur. Ein Geruch, der Erinnerungen weckt. An die eigene Jugend. An nie enden wollende Sommer.
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Im Laufe des Tages reden wir mit vielen Menschen. Das Erstaunliche: Nicht einer hat auch nur irgendetwas zu meckern. Stattdessen hören wir eine Liebeserklärung ans Eiderbad nach der anderen.
Ein Ort der Tradition: Warum das Eiderbad Kultstatus hat
Es werden die „superfreundlichen” Bademeister und -meisterinnen der Stadt Kiel gelobt. Es gibt wahre Hymnen auf die „köstlichsten Pommes und Currywürste“ vom Freibad-Kiosk. Es wird vom „außergewöhnlichen und rücksichtsvollen Miteinander“ geschwärmt und der „einzigartigen Atmosphäre“.
In anderen Städten der Republik sieht der Freibad-Alltag oft völlig anders aus. Am Freitag wurde in Duisburg gerade eine Familie nach einem Streit aus dem Bad verwiesen. Am Sonnabend wurden in Wiesbaden drei Mädchen belästigt. Die Polizei in verschiedenen Bundesländern warnt inzwischen vor Übergriffen im Freibad. Das Eiderbad Hammer scheint da noch eine Insel der Glückseligen zu sein.
Im Sommer sind sie oft dreimal die Woche im Freibad: Stefan Szabo, Horst Anders und Sascha Wallath (v.l.). Unter dem Schatten einer großen Kastanie lässt es sich auch an sehr heißen Tagen prima aushalten.
Quelle: Frank Peter
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Unter dem Schatten einer uralten Kastanie haben auch die Freunde Horst Anders (53), Stefan Szabo (57) und Sascha Wallath (57) allerbeste Laune. Fürs Freibad ist man nie zu alt, sagen sie. Mit Wassermelone, Kakao und Pausenbroten sind sie gerüstet für einen langen Tag.
Das Eiderbad Hammer: Ein Ort voller Erinnerungen und Lebensfreude
„Das Eiderbad ist perfekt zum Relaxen und Chillen“, sagt Stefan Szabo. Sein Kumpel Sascha Wallath ergänzt: „Schon mein Vater, der heute 81 ist, war hier in seiner Jugend schwimmen.“ Das Eiderbad sei einfach Kult und Nostalgie pur. Auch wenn das Bad 2017 „zum Glück” ein neues Edelstahlbecken bekommen hat.
Voll des Lobes sind die drei auch für all die Familien, die das Bad besuchen. „Die Eltern achten auf ihre Kinder und sind nicht ständig am Handy“, sagt Sascha Wallath. Das bestätigen auch die Bademeister hier vor Ort. Im zweiten Kieler Freibad in Katzheide, das 1960 gebaut wurde, sehe das dagegen schon oft anders aus. Dort seien sich viele Eltern ihrer Aufsichtspflicht nicht bewusst.
An guten Tagen verkaufen wir oft mehr als 40 Kilogramm Pommes
Nathalie Rathjen
Kiosk-Mitarbeiterin in Eiderbad Hammer
Aber hier im Eiderbad ist die Welt noch in Ordnung. „Man hat die Kinder hier gut im Blick“, bestätigt Thea Püpke (35). Meist kommt sie mit ihrem siebenjährigen Sohn Janu. Heute ist stattdessen Mutter Iris (64) dabei. „Das Bad ist einfach toll“, sagt sie. „Es gibt hier keinen Streit, die Leute nehmen Rücksicht aufeinander, das Wasser ist hervorragend und das Personal super nett.“ Was will man mehr.
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Iris (li) und Thea Püpke lieben das Eiderbad Hammer.
Quelle: Frank Peter
Der Strand, so hören wir von den Besuchern, sei zwar auch klasse. Aber jetzt im Sommer viel zu voll. Außerdem sei hier alles viel sorgenfreier. Keine Staus, Parkplatzgebühren, Quallen und Co.
Besuch aus Hamburg: Noah und Mathilda sind in den Ferien für eine Woche bei ihrer Oma Karin Ulbrand in Russee zu Besuch. Das Freibad finden sie klasse.
Quelle: Frank Peter
Am Nachmittag kommen immer mehr Badegäste. Voll wirkt es trotzdem nicht. Die Rasenfläche, die von alten Bäumen umgeben ist, bietet genug Platz für alle. Mathilda (9) und ihr Bruder Noah (12) sind sowieso kaum aus dem Wasser zu bekommen.
Die Geschwister aus Hamburg sind in den Ferien bei Oma Karin Ulbrand (79) in Russee. „Das Hammerbad fand ich schon für meine Kinder klasse“, sagt sie. Von einer Bank direkt am Beckenrand hat sie alles gut im Blick. Nachher soll es noch zum Kiosk am Eingang gehen. „Heute bin ich faul und koche mal nicht.“
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Kioskmitarbeiterin Nathalie Rathjen (34) ist bereit für jeden Ansturm. „An guten Tagen verkaufen wir oft mehr als 40 Kilogramm Pommes“, erzählt sie. Als es am Freitag so heiß war, kamen knapp 400 Besucher zur Abkühlung ins Eiderbad. Man gut, dass dann nicht alle Pommes wollen. Nach dem Schwimmen reicht dann oft auch ein Capri-Eis oder ein Flutschfinger auf der Decke. Glück hat eben viele Gesichter.
Das Eiderbad Hammer ist noch bis zum 7. September täglich von 11 bis 19 Uhr geöffnet.
KN