Ihr Buch „Pazifikblau“ hat Jennifer Lachermund aus dem Bramscher Ortsteil Ueffeln im Mai im Selbstverlag unter dem Pseudonym „Jen L. Verity“ veröffentlicht. „Ich wollte alle Freiheiten haben, was Inhalt und auch Gestaltung angeht“, erklärt sie, warum sie ihr Manuskript nicht an einen Verlag verschickt hat. „Außerdem ist die Wahrscheinlichkeit, direkt beim ersten Buch von einem Verlag veröffentlicht zu werden, extrem gering. Die bekommen tausende Manuskripte täglich zugeschickt.“
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Veröffentlichung im Selbstverlag bedeutet viel Arbeit
Doch die Veröffentlichung im Selbstverlag bedeutete für sie jede Menge Mehrarbeit, die sonst die Verlage übernehmen: Sie musste etwa das Cover selbst entwerfen, herausfinden, was ins Impressum gehört und letztendlich auch Vertriebswege finde. „Das habe ich am Anfang echt unterschätzt. Das Schreiben selbst ging relativ schnell, doch die ganze Drumherum um das fertige Buch, hat immens viel Zeit gekostet“, erklärt die Autorin.
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Jennifer Lachermundgrößer alsGrößer als Zeichen
Die 38-Jährige Ueffelnerin ist verheiratet, Mutter von zwei Söhnen und arbeitet für einen Versicherungsmakler. Im Mai ist ihr Debütroman „Pazifikblau – Schatten unter der Oberfläche“ unter dem Pseudonym „Jen L. Verity“ im Selbstverlag über Amazon erschienen.
In dem Roman geht es um zwei junge Menschen, die eine schwierige Vergangenheit haben und ein Geheimnis mit sich herumtragen. Im Laufe des Buches wird sich zeigen, dass die beiden Geheimnisse etwas miteinander zu tun haben. Doch bis das herauskommt, haben sich die beiden längst ineinander verliebt. Die Geschichte dreht sich jedoch nicht nur um die Liebesgeschichte der beiden, es hat auch Thrillerelemente, in denen die Mafia und das FBI vorkommen.
Der zweite Teil der Geschichte ist gerade in Arbeit und wird „Pazifikblau: Im Sog der Wahrheit“ heißen und soll Ende des Jahres erscheinen.
Jennifer Lachermund betont allerdings, dass es äußerst schwierig ist, im Selbstverlag Geld zu verdienen. „Das Schreiben ist mein Hobby und ich muss kein Geld damit verdienen. Dafür habe ich ja einen Job“, sagt sie und lacht. Viele Autoren verschulden sich, wenn sie ihre Bücher im Selbstverlag herausgeben. Coverdesigner, Lektoren und Marketing seien sehr teuer. Das sei für sie nicht infrage gekommen, deshalb habe sie alles um die Buchveröffentlichung herum selbst gemacht.
Tiktok brachte mit #booktok die Wendung
Doch wie überhaupt Leser finden? Da sie selbst seit ihrer Kindheit leidenschaftliche Leserin sei und etwa 200 Bücher im Jahr lese, sei sie seit Jahren in entsprechenden Facebookgruppen vernetzt, wo Menschen sich über Bücher austauschen. Außerdem sei sie schon mehrfach Testleserin für andere Autoren gewesen.
„Es war vielleicht etwas naiv von mir, aber ich dachte anfangs, wenn ich dort mein Buch bewerbe, wird das schon laufen. Das war aber nicht so.“ Die Resonanz war zunächst verhalten – bis ihr 13-jähriger Sohn etwas Entscheidendes sagte: „Mama, bei Facebook sind nur Rentner. Du musst zu Tiktok.“ Denn ihr Buch „Pazifikblau“ richtet sich nicht nur, aber vor allem, an junge Leserinnen. Und die tauschen sich auf Tiktok unter dem Hashtag #booktok aus und nicht bei Facebook.
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„Mein Sohn hat dann mit mir zusammen ein Tiktok-Profil angelegt. Ich habe die ersten Reels gedreht und Booktoker, also Menschen, die bei Tiktok Bücher vorstellen, angeschrieben“, erklärt die 38-Jährige. Von da an ging es deutlich bergauf mit den Verkaufszahlen.
Die Autorin hat zunächst Rezensionsexemplare in kleinen Paketen an einige Buchblogger geschickt, in der Hoffnung, dass sie ihr Buch lesen und darüber ein Video drehen. Sie habe sich absichtlich vor allem an Booktoker gewandt, die höchstens mehrere tausend Follower bei Tiktok haben: „So habe ich überhaupt eine Chance, mit meinem Buch beachtet zu werden. Die großen Accounts mit 100.000 Followern und mehr bekommen so viel zu geschickt, dass es da ähnlich schwer wird, wie bei Verlagen. Außerdem arbeiten viele auch bereits mit Verlagen zusammen.“
Inzwischen hat die Bramscher Autorin einige Rückmeldungen zu ihrem Buch bekommen und die sind durchaus positiv, sowohl als Rezensionen bei Amazon als auch auf Tiktok. „Das eigene Buch über Buchblogger auf Tiktok bewerten zu lassen, ist ja nicht ganz ohne Risiko. Es könnte auch sein, dass es nicht gut ankommt. Bei mehreren schlechten Bewertungen, wird es sehr schwierig, überhaupt noch Leser zu finden“, so Lachermund.
Eine Buchbloggerin auf Tiktok – Antonia – war sogar derart begeistert von ihrem Buch, dass sie es sich zur Aufgabe gemacht hat, es via Social Media und über andere Buchblogger weiter zu bewerben – und das vollkommen kostenlos für die Autorin.
„Antonia findet, dass mein Buch es wert ist, von viel mehr Menschen gelesen zu werden. Das ehrt mich und ich bin ihr für ihr Engagement sehr dankbar“, so Jennifer Lachermund. Wenn demnächst Band 2 ihres Buches veröffentlicht werden soll, will sie schon im Vorfeld viel mehr über Tiktok dafür werben.
Mehr Reichweite durch Social Media
Durch Social Media habe sie nun als kleine Autorin mit dem ersten Buch viel mehr Möglichkeiten, potenzielle Leser zu finden, meint Jennifer Lachermund. Und so sehen das auch viele Booktoker selbst, die Jennifer Lachermund und andere Autoren unterstützen, die ihre Bücher im Selbstverlag herausgeben. „Durch Tiktok haben glücklicherweise deutlich mehr Autoren die Chance, ihr Buch zu vermarkten und mit Glück einfacher im Sinne von Reichweite durchzustarten“, findet etwa Booktoker Tyler. Es gibt seiner Ansicht nach aber auch Schattenseiten, wie bezahlte Werbung, die nicht offen kommuniziert wird. Also Booktoker, die sich für Videos, in denen sie das Buch bewerben, bezahlen lassen.
Buchbloggerin Michaela ist der Ansicht, dass sich seit dem Aufstieg von Booktok auf Tiktok das Kaufverhalten im Buchhandel verändert hat. So würden Titel, die bei Tiktok viral gehen, oft auch sprunghafte Verkaufsanstiege im Handel verzeichnen. Dadurch würden Trends schneller und unvorhersehbarer. Für Booktokerin Antonia haben es kleine Autoren zwar etwas leichter als früher, aber immer noch zu schwer ausreichend Aufmerksamkeit für ihre Bücher zu bekommen.
Persönliche Empfehlung in Social Media wird immer wichtiger
Die persönliche Empfehlung von Buchbloggern auf Tiktok hat einen immer größer werdenden Einfluss, stellt Buchbloggerin Nadine fest. Das liegt ihrer Ansicht nach daran, dass in den Videos mehr Emotionen transportiert werden, als in klassischer Verlagswerbung. Doch die Bloggerin sieht auch Risiken in der Vermarktung über Tiktok. „Es gibt immer ein Buch, dass man nicht mag. Viele geben dann einfach eine sehr schlechte Bewertung ab und ziehen darüber her. Das geht gar nicht. Jedes Buch ist es wert gelesen zu werden“, meint Nadine.