Sie dürfen gejagt werden: Marderhunde in Stuttgart? Was die Stadt zu einer Sichtung im Osten sagt Dieses Foto zeigt einen Marderhund. Ein solches Tier könnte auch in Stuttgart gesichtet worden sein. Foto: IMAGO/imagebroker (Symbolbild)

In Stuttgart sind offenbar schon Marderhunde unterwegs gewesen. Doch fühlen sie sich im Stadtgebiet auch schon so wohl wie Waschbären?

In diesen warm bis heißen Sommertagen ist Gott und die Welt in Stuttgart unterwegs. Ein Waschbär klettert am Neuen Schloss herum. Die Turmfalken vom Schwabenlandtower halten im Stuttgarter Osten Ausschau nach leckerer Beute und müssen sich dabei mit Rabenkrähen rumärgern. Vielleicht suchen sie aber vorsichtshalber auch schon eine neue Bleibe, falls der neue Tower-Eigentümer Eigenbedarf anmeldet. Und Raubfliegen sind auch schon gesehen worden, ebenso wie Tigermücken. Jetzt aber auch noch ein Marderhund?

Um gleich eins klarzustellen: Marderhunde gibt es wirklich. Sie sind in etwa so groß wie ein Fuchs, haben aber kürzere Beine, ein rotbraunes oder schwarzbraunes Fell, um die Augen ist es schwarz, zwischen den Augen läuft ein weißer Streifen durch bis zur Schnauze. Das ist auch das Unterscheidungsmerkmal zu Waschbären, denen der weiße Streifen fehlt.

Marderhund in Stuttgart-Ost gesichtet?

Marderhunde gehören zwar tatsächlich zu den Hunden, können aber nicht bellen, nur knurren. Sie sind Allesfresser. Und es gibt sie längst auch in Deutschland, vor allem in Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Sachsen, aber auch in Niedersachsen. In Baden-Württemberg sind sie seltener. Sie gelten als invasive Art, dürfen auch gejagt werden. In den nördlichen und östlichen Ländern werden pro Jagdsaison mehrere Tausend Marderhunde erlegt.

Jetzt also auch in Stuttgart? Eines Abends bekam eine in Stuttgart-Ost in Gaisburg direkt bei der Klingenbachanlage wohnende Wirtschaftsprofessorin Besuch von einem befreundeten Paar. Auf dem Weg zum Haus an der Wagenburgstraße wurden sie kurz von zwei vorbeirennenden Vierbeinern erschreckt. Allerdings ohne Frauchen oder Herrchen und wie ein Hund sah das Viech auch nicht aus. Die beiden waren sich ziemlich sicher, dass es sich um einen Marderhund gehandelt hat. Aber kann das wirklich sein?

Stadt Stuttgart geht von Verwechslung mit Waschbär aus

Dominic Jahraus vom Stuttgarter NABU-Vorstand hat sich bei seinem Wildtier-Fachbeauftragten schlau gemacht. „Es sind schon Marderhunde aus Stuttgart gemeldet worden“, so Jahraus. „Das heißt aber nicht, dass es hier ein dauerhaftes Vorkommen gibt.“ Echte Nachweise werden in Baden-Württemberg im Wildtiermonitoring gemacht und kommen vor allem aus der Jägerschaft, wenn den Jägern also mal ein Marderhund vors Zielfernrohr gekommen ist. In den Jahren 2018 bis 2020 wurden nach dem Wildtierbericht 2021 im ganzen Land 25 bis 30 Marderhunde erlegt oder sind überfahren worden, diese Fälle zählen als „Fallwild“ dort auch mit. Im gleichen Zeitraum waren es in dieser Statistik 2000 bis 3000 Waschbären, mit denen Marderhunde gerne mal verwechselt werden.

Auf der Waldebene Ost treiben sich viele Waschbären herum. Die Gegend ist auch zur Naherholung bei vielen Stuttgartern beliebt. Foto: LICHTGUT

Auch der Wildtierbeauftragte der Stadt Stuttgart weiß aktuell nichts darüber, dass sich Marderhunde im Stadtgebiet aufhalten. Von den Jägern in der Gegend gibt es bisher keine Meldungen über Sichtungen oder Spuren oder auch Kot, die auf Marderhunde hinweisen würden. „Die Wahrscheinlichkeit einer Verwechslung mit einem Waschbären oder auch mit einem Dachs – je nach Blickwinkel und Lichtverhältnissen – schätzen wir sehr hoch ein“, teilt die Stadt auf Nachfrage mit.

Auch der Stadtteil Gaisburg als Ort der Begegnung zwischen Mensch und dem unbekannten Wesen spreche eher für einen Dachs oder einen Waschbären. Gaisburger, die auf ihren Grundstücken zum Wald der Waldebene Ost hin Wildtierkameras aufgestellt haben, entdecken darauf öfter mal einen Dachs. Und Waschbären scheint es ohnehin jede Menge zu geben. „Schwerpunkte von Waschbären im Stadtgebiet sind aktuell Feuerbach, Botnang und Weilimdorf, dann der Bereich um den Pragsattel mit Hallschlag und Hofen sowie das Gebiet Wangen-Hedelfingen“, so ein Stadtsprecher. „Im Prinzip sind aber Waschbären mittlerweile flächendeckend im gesamten Stadtgebiet unterwegs.“ Marderhunde offenbar nicht.