Können deutsche Finanzminister nicht mit Geld umgehen? Es sieht ganz so aus. Sie gehen mit den Haushalten um, als wären es tatsächlich schwäbische Küchenhaushalte, bei denen die berühmte Hausfrau dann einfach alle Ausgaben streicht, die das knappe Monatsbudget übersteigen. Und gut ist. Alles in Butter. In Sachsen wird so seit Jahrzehnten regiert. Die Kommunen wissen eigentlich, was es bedeutet. Und eine Stadt wie Leipzig erlebt es gerade mit voller Wucht. Nur noch der Rasenmäher soll helfen. Da kam auch auf die Streichliste, was dort nicht hingehört.
Und mehrere Fraktionen wehrten sich gegen das, was Finanzbürgermeister Torsten Bonew da im Juli als Einspar-Schock für den Doppelhaushalt 2025 / 2026 vorgelegt hatte. Er nannte es nur nicht so. Das Ding nennt sich Freiwilliges Haushaltsstrukturkonzept. Obwohl es nicht freiwillig ist, sondern der von der Landesdirektion erwartete Bückling vor der gestrengen Kontrollbehörde. 100 Millionen Euro müssen zusammengekratzt werden, um den Doppelhaushalt in die Nähe der Genehmigungsfähigkeit zu bekommen. Denn Kommunalhaushalte müssen in Sachsen genehmigt werden. Kommunale Selbstbestimmung sieht anders aus.
Schnell mal 8 Millionen streichen
Doch bei einem Posten spielte der Stadtrat nicht mit: bei den von der Verwaltung vorgelegten Einsparungen bei der Schulsozialarbeit. Jahrelang hat der Stadtrat darum gekämpft, dass es diese Unterstützung im zusammengesparten Schulsystem gibt. Sie hilft gerade Kindern, die sowieso schon mit einer Last familiärer Probleme in die Schule kommen. Und sie unterstützt die Lehrerinnen und Lehrer, die unter Überlast laufen, weil Sachsen es seit Jahren nicht hinbekommt, genug Lehrer einzustellen.
Aufatmen in der Stadtratsfraktion von Bündnis 90 / Die Grünen, nachdem die Stadtverwaltung sich jetzt doch dazu durchrang, die vorgeschlagenen Kürzungen im Bereich der Schulsozialarbeit zurückzunehmen. Die Rücknahme erfolgte nach deutlichem Druck mehrerer Fraktionen, darunter maßgeblich auch der bündnisgrünen Fraktion.
Im Rahmen des Freiwilligen Haushaltssicherungskonzeptes war das Dezernat Jugend, Schule und Demokratie vom Oberbürgermeister und dem Kämmerer angewiesen worden, Einsparungsvorschläge bei freiwilligen Leistungen in Höhe von 8 Millionen Euro zu unterbreiten. Das ist der Rasenmäher, mit dem OBM und Finanzbürgermeister versuchen, in allen Dezernaten irgendwie die Summen zusammenzukehren, die dann am Ende die von der Landesdirektion erwarteten Einsparungen bringen.
Mühsam aufgebaute Strukturen
„Die ursprünglich vorgeschlagene Kürzung hätte die über Jahre mühsam aufgebauten Strukturen der Schulsozialarbeit massiv gefährdet“, kommentiert Grünen-Stadträtin Anna Lisa Möbius, schulpolitische Sprecherin der Fraktion, das Zugeständnis der Verwaltung. „Besonders an Schwerpunktschulen, wo zusätzlich zum Landesprogramm eine zweite Stelle finanziert wird, wären die Auswirkungen gravierend gewesen. Die kurzfristigen Einsparungen hätten langfristig zu erheblichen sozialen und finanziellen Folgekosten für unsere Stadt geführt.”
„Die Rücknahme des Kürzungsvorschlags war überfällig“, sagt der Fraktionsvorsitzende der Grünen Dr. Tobias Peter. Und wird in seiner Kritik dann sehr deutlich: „Die Situation verdeutlicht jedoch ein grundsätzliches Problem: Oberbürgermeister und Kämmerer verkennen die Komplexität kommunaler Haushaltsführung, wenn sie lediglich zwischen Pflichtleistungen und freiwilligen Leistungen unterscheiden, ohne übergreifend die tatsächliche Notwendigkeit und langfristigen sozialen Auswirkungen zu berücksichtigen. Unabhängig davon erwarten wir vom Oberbürgermeister, die notwendige Landesfinanzierung für die Schulsozialarbeit einzufordern. Unsere Fraktion erwartet seriöse Sparvorschläge, die nicht zu sozialen Spaltungen führen, davon gibt es noch ordentlich Potenzial im laufenden Verfahren.“
Das Problem der Kita-Beiträge
Die Grünen-Fraktion kritisiert zudem, dass trotz einer Rüge der Rechtsaufsichtsbehörde weiterhin an den niedrigen Kitabeiträgen für gutverdienende Familien festgehalten wird, während gleichzeitig über Kürzungen in essentiellen sozialen Strukturen debattiert werden muss. Erst im April hatte der Stadtrat die Vorlage zur Erhöhung der Kita-Beiträge abgelehnt. Getragen wurde die Ablehnung der Erhöhung damals von den Fraktionen von CDU, AfD, BSW und Linken. Ergebnis: 7 Millionen Euro, die im Haushalt fehlen.
„Es ist nicht nachvollziehbar, warum wir einerseits Familien Kitaplätze zu günstig anbieten und damit subventionieren und andererseits bei der Schulsozialarbeit sparen sollten“, sagt Anna-Lisa Möbius.
Die bündnisgrüne Fraktion fordert insbesondere die Fraktionen von Die Linke, CDU, BSW und AfD auf, ihrer Verantwortung gerecht zu werden und die gesetzlich geforderte Anpassung der Kitabeiträge zu unterstützen, um weiteren sozialen Schaden von der Stadt abzuwenden.
„Die Fraktionen, die sich im Frühjahr einer Kitabeitragserhöhung verweigert haben, tragen letztlich die Verantwortung für die drohenden harten Einschnitte im sozialen Bereich“, stellt Dr. Tobias Peter klar.