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Der Lenkwaffenzerstörer der Zumwalt-Klasse USS Michael Monsoor (DDG 1001) im Sonnenuntergang vor Pearl Harbour.Gleißende Abgasfahnen: Der Lenkwaffenzerstörer der Zumwalt-Klasse USS Michael Monsoor (DDG 1001) soll eines der Schiffe sein, die mit „Dark Eagle“-Hyperschallraketen nachgerüstet werden. Die Stealth-Eigenschafften des Schiffes könnten dadurch aber ausgehebelt werden, fürchten Analysten © IMAGO/piemags

Hyperschall-Waffe mit „bahnbrechender“ Technologie: Steil empor, steil herab und im Gleitflug heimlich ins Ziel. Militärs schwärmen, Analysten warnen.

Washington, D.C. – „Das US-Verteidigungsministerium hat bekannt gegeben, dass die tödliche Wirkung der Hyperschallrakete, die das Herzstück der Dark Eagle Long Range Hypersonic Weapon (LRHW) der Army bildet, noch immer unklar ist“, schreibt Thomas Newdick. Anfang des Jahres hatte der Autor des Magazins The War Zone (TWZ) berichtet, dass Donald Trumps Armee ihre neue Waffe offenbar selbst in Zweifel ziehe. Newsweek wiederum berichtet, dass bis Ende September eine Einheit mit Hyperschallwaffen einsatzbereit stationiert sein soll. Die mit „Dark Eagle“ betitelte Waffe stehe also kurz vor ihrer Fronttauglichkeit und soll den Gegnern der USA den Schneid abkaufen – Wladimir Putins Russland genau so wie Xi Jinpings China oder dem Nordkorea von Kim Jong-un – höchstwahrscheinlich startet die Waffe eine neue Runde im Rüstungswettlauf der Großmächte.

„Die ,bahnbrechende‘ Hyperschallwaffe, die landgestützt und per LKW gestartet werden kann, werde „,übertroffene Fähigkeiten bieten, um den Anforderungen der gemeinsamen Kriegsführung gerecht zu werden‘“, zitierte Newsweek Vizeadmiral Johnny Wolfe Jr. Mitte Dezember 2024. Laut dem Direktor des Strategic Systems Programs der U.S. Navy hätten die USA mit dieser Rakete die Antwort gegeben auf Russlands überraschende Oreshnik-Rakete (zu Deutsch: „Haselnussbaum“ beziehungsweise „Haselnussstrauch“). Diese Waffe hatte im November 2024 eine ukrainische militärisch-industrielle Anlage in Dnipro getroffen und die Nato aufhorchen lassen, zu welchen technischen Lösungen Russlands Militär wohl in der Lage sein könnte.

Hyperschall im Pazifik-Konflikt: „Können hypothetisch innerhalb von Minuten fast jeden Ort der Welt treffen“

Als Hyperschall-Waffen gelten Flugobjekte, die schneller fliegen können als die fünffache Schallgeschwindigkeit (Mach 5), also mindestens 6.174 Kilometer pro Stunde. Diese Flugkörper können plattformunabhängig gestartet werden, sind also für alle Teilstreitkräfte nutzbar. „Waffen, die von verstreut fahrenden Schiffen und von Langstreckenflugzeugen aus abgefeuert werden, können hypothetisch innerhalb von Minuten fast jeden Ort der Welt treffen“, schreibt Sidney E. Dean. Als Hauptvertreter dieser Waffenkategorie gelten Hyperschall-Gleitflugkörper (HGFK oder: Hypersonic Glide Vehicle, HGV) sowie Hyperschall-Marschflugkörper (HMFK). Im deutschen Reservistenmagazin loyal hat der Autor Ende 2024 dargelegt, dass die USA in dieser Waffengattung aus dem Windschatten ihrer Konkurrenten heraustreten würden.

„Sowohl die größten Rivalen der USA – Russland und China – als auch regionale Gegner wie Nordkorea und der Iran haben erklärt, Hyperschallraketen entwickelt und stationiert zu haben. Ein Experte erklärte gegenüber Newsweek, dass ,niemand aus diesem Wettrüsten aussteigen will‘.“

Oreschnik, Avangard oder Kinschal sind Systeme, die Russland bereits im Ukraine-Krieg einsetzt; aber auch China macht Fortschritte. Dean verweist auf einen Test der Chinesen aus dem August 2021: Eine Trägerrakete vom Typ Langer Marsch habe einen Hyperschallgleitflugkörper in eine niedrige Erdumlaufbahn befördert. „Zwar wurde das eigentliche Ziel um 40 Kilometer verfehlt, doch bewies China hierdurch die grundsätzliche Fähigkeit, die bisher aufgestellten US-amerikanischen Abfangsysteme dadurch zu umgehen, dass sie die interkontinentalen Angriffsrouten über den Südpol anstatt wie bisher über die Nordpolarroute führen“, wie er in loyal schreibt.

Die USA müssen also zügig nachbessern. Oder doch nicht? David Wright und Cameron Tracy behaupten, die USA könnten ihre Konkurrenten getrost ziehen lassen: „Hyperschallwaffen sind mittelmäßig. Es ist an der Zeit, kein Geld mehr dafür zu verschwenden“, schreiben sie im Bulletin of the Atomic Scientists. Die US-Regierung unter dem demokratischen Präsidenten Joe Biden war von der Notwendigkeit dieser Waffe überzeugt gewesen; offenbar folgt Donald Trump dieser Linie, obwohl er für kommende Investitionen die Bedeutung der Marine zurückgestuft hat, die aber vor allem von den neuen Waffen profitieren soll. Wie Thomas Newdick in TWZ berichtet hatte, sollten mit der „Dark Eagle“ die drei Navy-Tarnkappenzerstörer der Zumwalt-Klasse und künftige U-Boote der Virginia- Klasse (Block V) bewaffnet werden.

Klares Signal an Putin, Kim und Xi: „Die Dark Eagle ist wirklich einsatzbereit“

Wie das US Naval Institute ergänzt, sollen die Raketen daneben auch auf Angriffsbooten der Virginia-Klasse nachgerüstet werden „Die USS Lyndon B. Johnson (DDG-1002) ist der erste Zerstörer, der mit der Fähigkeit zum konventionellen Sofortschlag ausgestattet wird. Laut den jüngsten Haushaltsunterlagen der Marine will die Marine die Installation der Hyperschallraketen auf den drei Schiffen bis zum letzten Quartal des Haushaltsjahres 2028 abschließen“, schreibt Aaron-Metthew Lariosa für die USNI News des U.S. Naval Institute.

Während einer Übung, die die US-Armee jetzt in Australien durchgeführt hat, habe die Waffe ihre Einsatzreife bewiesen, schreibt Newsweek aufgrund von Angaben der Armee. „Die Dark Eagle ist wirklich einsatzbereit“, zitiert das Magazin Captain Jennifer Lee; die Kommandantin der als „Bravo Battery“ betitelten LRHW-Einheit habe betont, „die Übung habe die Leistungsfähigkeit des Waffensystems demonstriert und die Einsatzbereitschaft und Fähigkeit der Einheit zur Verteidigung der US-Verbündeten und Partner bestätigt“, so Newsweek-Autor Ryan Chan.

Hyperschallwaffen würden überschätzt, urteilen David Wright und Cameron Tracy – ihnen zufolge bliebe der konkrete militärische Nutzen dieser Waffen unklar; sie stützen sich dabei auf Studien verschiedener Seiten und äußern implizit den Verdacht, die eine Seite rüste damit nach, weil die andere damit vorrüste: „In Russland und China sind Entscheidungsträger möglicherweise ähnlich fasziniert von den magischen Behauptungen ihrer Militärberater über Hyperschallwaffen, ohne die Nuancen dahinter zu verstehen“, schreiben sie. Ihnen zufolge seien die meisten dieser Waffen Boost-Glide-Raketen, die durch Raketenantriebe auf Hyperschallgeschwindigkeit beschleunigt würden und dann Hunderte bis Tausende Kilometer ohne Antrieb zurücklegten.

Trumps Illusion: Flugeigenschaften dieser Waffen kaum die hohen Kosten rechtfertigen

Als Vorteil würde erwartet, dass diese Waffen in der ersten Flugphase steil in die Höhe geschossen würden, um dann nach kurzem Steigflug in einer ebenso steilen Kurve wieder gen Erdoberfläche zu fliegen, um dann in einer sehr flachen Gleitphase auf ihr Ziel zusteuerten. Bis genutzte Systeme zeigen eine im Vergleich dazu sehr ausladende ballistische Flugkurve. Laut dem Bulletin of the American Atomic Scientists würden die Vorteile des Tiefflugs in drei Punkten gesehen: Unauffälligkeit durch die Unterminierung der Reichweite bodengestützter Radare, Manövrierfähigkeit während der sehr langen Gleitphase sowie Unterfliegen der Wirkungsradien von Langstreckenraketenabwehrsystemen, die lediglich oberhalb der Atmosphäre operieren könnten.

Eine Annahme, die David Wright und Cameron Tracy vehement bestreiten und sich dafür auf verschiedene Analysen stützen: Allein der Start dieser Waffen würde so helle Abgasfahnen produzieren, dass Frühwarnsysteme die Waffen schon in der Startphase lokalisieren könnten, schreiben sie. Zudem würde die Manövrierfähigkeit der Waffen während ihrer Gleitphase überschätzt. Der Aufwand von Kurskorrekturen sei zu kostspielig, allein das mache sie wiederum anfällig: „Der hohe Luftwiderstand, dem Hyperschallwaffen im Tiefflug ausgesetzt sind, bremst sie und macht sie zu leichteren Zielen für diese Abwehrsysteme“, so Wright und Tracy. Insgesamt würden die Flugeigenschaften dieser Waffen kaum die hohen Kosten rechtfertigen, urteilen sie.

Hyperschall-Hype um Taiwan: Insider mahnen, dass „niemand aus diesem Wettrüsten aussteigen will“

Die während des Manövers Talisman Sabre 2025 in Australien getesteten „Dark Eagle“ würden dort jetzt auch stationiert bleiben, berichtet Newsweek. Die USA wollen sich damit einen Vorteil sichern in dem möglichen Konflikt mit China um die Autonomie Taiwans. Die Hyperschallraketen würden über eine Batterie von vier Werfern mit jeweils zwei Raketen, ein Batterie-Einsatzleitfahrzeug und ein Batterie-Einsatzleitfahrzeug betrieben, schreibt Aaron-Matthew-Lariosa für die USNI News. Fakt ist, dass der „Dark Eagle“ rund 3.000 Kilometer Reichweite zugeschrieben werden. Stationiert sind sie offenbar im Norden des Landes. Dadurch „liegen potenzielle chinesische Ziele innerhalb der Operationsreichweite der Dark Eagle, darunter auch kritische Einrichtungen im Südchinesischen Meer und an der Grenze zu Taiwan“, schreibt Anna Ahronheim.

China und Taiwan: Darum geht es in dem KonfliktMilitärübung in KaohsiungFotostrecke ansehen

Die Autorin der Jerusalem Post zitiert in ihrem Bericht auch einen pensionierten Oberst der chinesischen Volksbefreiungsarmee, der gegenüber der chinesischen South China Morning Post angedeutet haben soll, was die Wissenschaftler David Wright und Cameron Tracy schon befürchtet hatten: dass um Hyperschall unter Militärs offenbar ein Hype ausgebrochen sei: „Im Waffenvergleich ist es nicht so, dass sie etwas hätten, was wir nicht haben … Was wir haben, ist vielleicht sogar besser als ihres“, soll Zhou Bo gesagt haben. Auch das US-Magazin Newsweek lässt zwischen den Zeilen Zweifel am reinen militärischen Sinn der Waffe durchschimmern, wie Ryan Chan schreibt.

„Sowohl die größten Rivalen der USA – Russland und China – als auch regionale Gegner wie Nordkorea und der Iran haben erklärt, Hyperschallraketen entwickelt und stationiert zu haben. Ein Experte erklärte gegenüber Newsweek, dass ,niemand aus diesem Wettrüsten aussteigen will‘.“