Kiel. Seit seiner Eröffnung hat sich das Bistro Mool Food unter den Arkaden rasch zu einer bekannten kulinarischen Adresse in der Holtenauer Straße entwickelt. Neben Bowls und Sandwiches gibt es hier noch eine ganz andere „Spezialität“, die in Kiel noch nicht weit verbreitet ist. Wer im Mool Food etwas bestellt, kann nur mit Karte zahlen. Bargeld kommt hier nur noch als Trinkgeld zum Einsatz.
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„Es kommt vielleicht einmal im Monat vor, dass sich ein Kunde darüber beschwert“, berichtet Mitarbeiterin Eleni Jannopulos. Der Großteil der Gäste habe kein Problem damit, dass man in dem Bistro nur noch elektronisch bezahlen kann. „Im Mool Food bezahlt man ja auch gleich am Tresen, wenn man sein Essen bestellt“, sagt Jannopulos. Ähnlich verhält es sich beispielsweise im Café Hans in Eckernförde, wo ebenfalls nur noch bargeldlos bezahlt werden kann.
Trend zur Kartenzahlung kommt in der Gastronomie in SH immer mehr an
Doch auch in Restaurants spielt die Karte beim Bezahlen eine immer wichtigere Rolle. „Die Corona-Pandemie hat dem Thema natürlich einen großen Schub gegeben“, berichtet Florian Buchebener, Vizepräsident des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes Schleswig-Holstein (Dehoga) sowie Geschäftsführer des Hotels Birke in Kiel. Zwar sei die Kartenzahlung im Vergleich zum Bargeld für die Gastronomen mit Gebühren verbunden: „Aber die liegen mittlerweile sowohl im EC- als auch im Kreditkartenbereich meist unter einem Prozent.“
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Buchebener hat demnach keine Bedenken, dass die Bundesregierung die Gastronomie in Zukunft dazu zwingen will, digitale Zahlungsmöglichkeiten anzubieten. „Ich kann darin keine großen Nachteile für uns entdecken, zumal die Möglichkeit, mit Bargeld zu zahlen, ja bestehen bleiben soll.“ In Skandinavien sei dieser Schritt schon längst vollzogen. „Hier gibt es immer noch diese ‚German Angst‘ vor der Kartenzahlung. Das erinnert mich ein bisschen an das Thema Tempolimit. Denn eigentlich gibt es nichts, wovor man Angst haben müsste. Und die jungen Leute zahlen heute sowieso bevorzugt mit Karte.“
Steigende Umsätze durch bargeldlose Zahlungen
Marietta Leonhard, die in Kiel für die Cafés Kopiton und Hilda sowie das Restaurant Mamajun arbeitet, bestätigt das. „Sehr viele unserer Gäste zahlen nur mit Karte und führen gar kein Bargeld mehr bei sich“, sagt die Rösterin. Das mache nicht nur vieles einfacher, sondern habe auch einen weiteren Vorteil für die Gastronomie: „Ich habe den Eindruck, dass sich das bargeldlose Zahlen positiv auf unsere Umsätze auswirkt“, berichtet Leonhard. Ihre Begründung: „Weil man mit der Karte ein bisschen unbewusster bestellt und bezahlt als mit Bargeld.“ Das treffe im Übrigen auch auf das Trinkgeld zu, das ebenfalls gestiegen sei.
Auch Marietta Leonhard berichtet davon, dass die Gebühren bei Kartenzahlungen für die Gastronomen und Gastronominnen im Land nicht mehr so hoch sind. Zugleich entlaste es sie, wenn sie für das Tagesgeschäft nicht mehr andauernd Bargeld zur Bank bringen und von dort abholen müsse. „Und auch das kostet ja auch Gebühren.“ Und während es früher noch verbreitet gewesen sei, Kartenzahlungen erst ab einem bestimmten Betrag zu akzeptieren, gebe es dafür heute keine Untergrenze mehr. „Bei uns kann man auch die Dattelkugel für einen Euro mit Karte bezahlen.“
„Ich habe den Eindruck, dass sich das bargeldlose Zahlen positiv auf unsere Umsätze auswirkt“, berichtet Leonhard von den Kieler Cafés Kopiton und Hilda.
Quelle: Frank Peter
Es gibt also keine Nachteile? „Eigentlich nur, dass es mitunter immer noch Verbindungsprobleme zwischen Handy und Kassensystem gibt“, berichtet Leonhard. Wird das Bargeld aus der Gastronomie also bald ganz verschwunden sein? „Ganz vielleicht nicht. Aber ich denke, dass der Anteil der Bargeldzahlungen in absehbarer Zeit unter zehn Prozent liegen wird.“
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Oliver Firla hätte nichts dagegen, wenn sich die Kartenzahlung vollständig durchsetzen würde. „Mittlerweile werden 70 Prozent der Bestellungen in meinem Restaurant Odins in Haithabu mit Karte bezahlt“, berichtet der Inhaber. Am Wochenende betreibt Firla hier unter freiem Himmel auch die Hafenbar, bei der die Gäste per Handy und QR-Code bestellen und bezahlen. Bargeld? Das ist hier nicht mehr vorgesehen.
Hier gibt es immer noch diese ‚German Angst‘ vor der Kartenzahlung.
Florian Buchebener
Dehoga-Vizepräsident und Geschäftsführer des Hotels Birke
Die Befürchtung, dass dieses Konzept, das beispielsweise auch von systemgastronomischen Ketten wie Pincho Nation umgesetzt wird, zu Anonymität führt, ist laut Firla unbegründet. „Eher ist es so, dass der Service jetzt mehr Zeit für die Beratung hat.“ Und ihr Trinkgeld bekommen seine Mitarbeitenden nun direkt auf ihr Konto.
Da Firla, der zugleich Vorsitzender von Feinheimisch ist, einen großen Gastronomiebetrieb führt, zahlt er im Jahr etwa 17.000 Euro an Gebühren für Kartenzahlungen. „Aber ich zahle auch bei der Bank Gebühren, wenn ich Bargeld abhole oder einzahle“, betont er und ergänzt, dass die Kartenzahlung für Gastronomen auch aus Sicherheitsgründen vorteilhaft sei. „Und nicht zuletzt habe ich das Geld sofort auf meinem Konto.“
Er selbst hätte demzufolge nichts dagegen, wenn in naher Zukunft nur noch per Karte bezahlt würde. Sogar der Ruf seiner Branche würde davon profitieren. „Wenn alle Zahlungen elektronisch laufen, gibt es auch keine Existenzgrundlage mehr für schwarze Schafe, die das Bargeld nutzen. Und ich fände es gut, wenn diese Schublade ein für alle Mal geschlossen würde.“
KN