London verliert schneller Arbeitsplätze als jede andere Region in Großbritannien. Neue Daten zeigen ein beunruhigendes Bild.
Die Hauptstadt Großbritanniens gilt als wichtiger globaler Knotenpunkt für Finanzen und Handel. Doch seit geraumer Zeit trägt sie die Hauptlast des britischen Job-Abschwungs. Was sind die Gründe dafür und welche Branchen sind besonders stark betroffen?
Steuererhöhungen, steigende Lohnkosten und schwacher Konsum zwingen die Unternehmen der Hauptstadt London dazu, schneller Stellen abzubauen als im Rest des Landes. Seit Oktober sind fast 45.000 Jobs verloren gegangen – nachdem die Labour-Regierung eine Abgabenerhöhung von 26 Milliarden Pfund (30 Milliarden Euro) für Arbeitgeber angekündigt und zudem einen höheren Mindestlohn festgelegt hat. Das belegen Steuerdaten.
Jeder vierte Jobverlust entfällt auf London
Jeder vierte Arbeitsplatzverlust Großbritanniens entfällt somit auf die wirtschaftlich stärkste Region des Landes. Gemeinsam mit der umliegenden Region Südost erhöht sich dieser Anteil sogar auf fast 40 Prozent aller verlorenen Stellen.
Besonders hart trifft es dabei den Einzelhandel und die Gastronomie, wie Zahlen des britischen Statistikamts in dieser Woche gezeigt haben. Ein erheblicher Teil dieser Jobs befindet sich wiederum in London. Laut dem Branchenverband UKHospitality liegt etwa ein Drittel aller Stellen aus diesem Sektor in der Hauptstadt.
Die wirtschaftliche Lage der Gastronomie sei zunehmend schwierig, erklärt Kate Nicholls, Chefin von UKHospitality. London sei mittlerweile die Stadt mit den schlechtesten Standortbedingungen in ganz Europa – vor allem aufgrund hoher Steuern und anderer Kosten. Innerhalb eines Jahres habe die Londoner Gastronomie rund 30.000 Jobs verloren.
„Die Mieten sind höher, die Gewerbesteuern sind höher, die Löhne sind höher – und zugleich kommt nicht genug Geld herein, um diese Kosten zu decken und die Betriebe am Leben zu halten“, erklärte Nicholls Bloomberg in einem Telefoninterview.
Zahl der offenen Stellen in London sinken schneller
Daten der Jobplattform Indeed bestätigen die prekäre Situation: Seit Oktober sinkt die Zahl der offenen Stellen in London schneller als im landesweiten Durchschnitt. Stellenanzeigen im Einzelhandel und in der Gastronomie fielen in der Hauptstadt um fast 40 Prozent, während der Rückgang landesweit lediglich 26 Prozent beziehungsweise neun Prozent beträgt.
Die relativ hohen Gehälter in London bedeuten auch, dass einige Unternehmen bei Kosteneinsparungen zunächst bei ihren Mitarbeitern in der Hauptstadt sparen werden.
Der Technologiesektor hat nach einer raschen Expansion während der Pandemie seine Einstellungen zurückgefahren. Volkswirt Jonathan Steenberg vom Kreditversicherer Coface merkt an, dass die Insolvenzen in der IT- und Kommunikationsbranche gegenüber dem Vorjahr um fast ein Drittel gestiegen sind.
Auch KI könnte eine Rolle spielen, da sie in den Bereichen Finanzen, Marketing und Unternehmensberatung inzwischen einige Aufgaben übernimmt. (duc/Bloomberg)
Lesen Sie mehr zu diesen Themen: