US-Finanzminister Scott Bessent sagt, die Europäer müssten sich an den sekundären Sanktionen beteiligen. Präsident Donald Trump hat sie gegen Länder wie Indien erlassen, weil sie russisches Erdöl kaufen. Beim G7-Treffen in Kanada fragte Bessent die Europäer: „Ist jeder an diesem Tisch bereit, einen 200-prozentigen Sekundärzoll auf China zu verhängen? Und alle wollten plötzlich wissen, welche Schuhe sie anhatten“, sagt er.
Die traurige Tatsache ist die: Europa hat nicht die wirtschaftliche Kraft, gegen China oder andere Staaten, die Russland wirtschaftlich stützen, Sekundärzölle zu erheben. Die Wirtschaftsleistung der Europäischen Union mit ihren 500 Millionen Einwohnern betrug letztes Jahr rund 19 Billionen US-Dollar. In den USA waren es mit 300 Millionen Einwohnern 29 Billionen.
Der Krieg in der Ukraine, hohe Energiekosten, ein Dschungel an gutgemeinten Vorschriften und die neuen Importzölle von Donald Trump setzen indes der europäischen Wirtschaft enorm zu. Die Investitionen gehen zurück, dabei wären sie gerade jetzt wichtig, um wieder an Stärke zu gewinnen. Stattdessen planen nun europäische Unternehmen Milliardeninvestitionen in den USA als Gegenzug dafür, dass Trumps Regel-Einfuhrzoll bei 15 Prozent bleibt.
Die Investitionen gehen zurück, dabei wären sie gerade jetzt wichtig, um wieder an Stärke zu gewinnen.
Die Sanktionen gegen Putins Russland sind legitim und grundsätzlich richtig. Man kann mit dem Land keinen normalen Umgang pflegen, so als wäre nichts geschehen. Doch ist nach mehr als drei Jahren angebracht zu fragen: Warum wirken sie offensichtlich doch nicht so wie erhofft?
Selbstkritisch müssen wir Europäer erkennen, dass wir uns selbst auf eine sehr schwache Position begeben haben, indem wir uns in der Frage der Gasversorgung nahezu von Russland abhängig machten. Jetzt boykottieren wir die Einfuhr von Schmuckdiamanten aus Sibirien, kaufen aber weiterhin sibirisches Gas für viele Milliarden Euro, weil wir eben auf Gas nicht verzichten können. Und das weiß Putin auch. Die EU plant, die Gasimporte aus Russland bis Ende 2027 vollständig zu beenden. Allerdings hat die russische Armee bis dahin wieder Tausende Menschen getötet und Tausende eigene Soldaten für „Russlands imperiale Größe“ geopfert. Das ist Putin und seiner Clique auch schlichtweg egal. Vor allem aus diesem Grund nutzen die Sanktionen nicht viel.
Die Lehre, die Europa daraus ziehen muss: nie wieder darf man sich so abhängig von einem Handelspartner machen wie im Falle Russland. Doch gerade das geschieht mit dem Handelspartner China. Dort beäugt man die Vorgänge in der Ukraine genau. Wenn es sich lohnt, andere Länder zu annektieren, dann wird die Ukraine eine Blaupause für Taiwan sein.
Europa steht an einem Scheideweg. Selten zuvor war es von solcher Dringlichkeit wie jetzt, dass es wirtschaftlich rund läuft. Dazu gehört schnellstens eine Vielzahl bürokratischer Hürden über Bord zu werfen und dort zu digitalisieren und zu vereinfachen, wo Unternehmen und Bürger es sofort spüren. Auch ein moderneres Rentensystem, schnellere Genehmigungen etwa zum Bauen und der Abschied vom überheblichen Dünkel, für die ganze Welt Nachhaltigkeits-Vorbild zu sein, gehören dazu.
Die Analysen liegen auf dem Tisch: Europa verliert seine Wettbewerbsfähigkeit und muss dringend seine Spielregeln modernisieren. Und hier kann Luxemburg dann wirklich Vorreiter sein: mit einem Bürokratieabbau-Programm zum Modellstaat für eine schnelle, digitale Verwaltung.
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