Stuttgart 21: S-21-Seelsorger: der gute Geist auf der Baustelle Diakon Peter Maile bei einer Andacht im Tunnel: die Figur der heiligen Barbara, Schutzpatronin der Mineure, darf dabei nicht fehlen. Foto: IMAGO/Arnulf Hettrich

Ein Diakon im Baucontainer: Seit 13 Jahren begleitet Peter Maile die Stuttgart-21-Arbeiter. Was als Pilotprojekt begann, macht mittlerweile auch auf anderen Großbaustellen Schule.

Wer einen Mann Gottes sucht, tut das für gewöhnlich nicht auf einer Baustelle. Am Stuttgarter Nordbahnhof wird man aber fündig: Auf der dortigen Stuttgart-21-Baustelle residiert der katholische Diakon Peter Maile – in einem Baustellencontainer. „Die Seelsorge muss dahin, wo die Menschen sind“, sagt Maile.

Seelsorge an einem ungewohnten Ort

Seit 13 Jahren betreut er die Stuttgart-21-Bauer. Auch wenn das Gros der Tunnelarbeiter längst zur nächsten Baustelle irgendwo in Europa weitergezogen ist, bleibt Maile im Einsatz. Zum einen wird in unmittelbarer Nachbarschaft noch in einem Tunnel ein zusätzlicher Abzweig gebaut, der so ursprünglich nicht vorgesehen war, und auch die anderen Gewerke, die aus den Rohbauten Bahntunnel und Bahnhöfe machen, bedürfen der seelsorgerischen Betreuung.

Und wie Stuttgart 21, dessen Inbetriebnahme sich wohl bis Herbst 2027 hinziehen wird, geht auch Peter Maile in die Verlängerung – wenn es die kirchlichen Stellen, die den ungewöhnlichen Einsatz finanzieren, auch so sehen. Dafür wirbt unter anderem Bernhard Bauer, Vorsitzender des Bahnprojektvereins Stuttgart–Ulm. In einem Brief an den Bischof der Diözese Rottenburg-Stuttgart, Klaus Krämer, schreibt er, Maile habe sich „als ein echter Glücksgriff erwiesen und ist eine wichtige, ja unverzichtbare Anlaufstelle auf den Baustellen und eine allseits geachtete Institution geworden“.

Begleiter im harten Baustellenalltag

Es geht Maile bei seiner Arbeit nicht ums Bekehren. Es gehe darum, die Menschen in den schweren Arbeitsbedingungen zu begleiten. Gerade die Tunnelbauer seien lange von der Familie und den Freunden getrennt. Das belaste. Auch um Fragen des Gesundheitsschutzes auf den oft gefährlichen Baustellen kümmert sich Maile oder hilft, wenn es Probleme mit dem Gehalt oder der Sozialversicherung gibt. Dass der heutige Diakon ursprünglich auch mal einen handwerklichen Beruf ausgeübt hat, erleichtert ihm den Zugang zu den Bauarbeitern sicher.

Seelsorger unter Tage: Peter Maile auf einer Stuttgart-21-Baustelle Foto: Privat

Das ungewöhnliche Modell macht mittlerweile Schule. Auf den Baustellen des Münchner Großprojekts Zweite S-Bahnstammstrecke wirkt nun ebenfalls ein Seelsorger. Viele dort tätigen Firmen waren auch schon bei Stuttgart 21 im Einsatz und lobten einhellig Mailes Arbeit. Und Peter Maile hat erst vor Kurzem auf einer der größten Baustellen Europas für die Einrichtung eines solchen Amtes geworben. Bei einem Sicherheitsfachtag am Brenner-Basistunnel hat er an seinem Stand für die Arbeit eines Baustellenseelsorgers geworben, der sich „um die Gesundheit für Körper, Geist und Seele“ kümmert. Im Herbst wird Maile wieder nach Tirol reisen, wenn der Bischof von Innsbruck der Baustelle einen Besuch abstattet.

Kirche an ungewöhnlicher Stelle

Sein Mittelpunkt ist und bleibt aber die Stuttgart-21-Baustelle. Und auch wenn Peter Maile eigentlich in den Ruhestand gehen könnte, will er das Projekt und die Menschen, die daran arbeiten, bis zum Schluss begleiten. „Stuttgart 21 hat geholfen zu erkennen, dass die Kirche genau an solchen Orten gebraucht wird“, sagt Maile – auch wenn man die Kirche genau dort nicht erwarten würde. Aber auch in einem Baucontainer kann ein Mann Gottes zu finden sein.