Stand: 19.08.2025 08:59 Uhr

Michael Zetterer wird zeitnah bei der Eintracht unterschreiben, um bald vorwiegend auf der Ersatzbank Platz zu nehmen. Doch der Torwart weiß, auf was er sich einlässt – und scheint der Richtige für den Job zu sein.

Als am späten Freitagabend sein Name im Gästeblock skandiert wurde, als die Fans des SV Werder trotz des ernüchternden Pokal-Ausscheidens auf der Bielefelder Alm einem der Ihrigen den angemessenen Respekt zollten, brachen die Gefühle sich Bahn. Michael Zetterer, 30, verheiratet, seit kurzem stolzer Vater, weinte. Die Tränen kullerten über die Wangen des Torwarts. Es war das emotionale Ende nach mehr als zehn Jahren in Bremen. Noch ein Daumen hoch, und Abgang.

Nur wenige Tage später hat sich die Stimmung bei Zetterer wieder aufgehellt. Nicht, weil er seinen Verein, den SV Werder, nicht für ewig dankbar sein oder gar die Zeit jemals vergessen würde. Sondern deshalb, weil er selbst sein Schicksal wählte und künftig lieber bei Fußball-Bundesligist Eintracht Frankfurt unter Vertrag stehen will. Zetterer wird zeitnah im Hessischen unterschreiben, inklusive einer Gehaltssteigerung im Vergleich zum SV Werder.

Vorher muss nur noch der Transfer von Kevin Trapp zu Paris FC fix gemacht werden. Die Frankfurter lassen sich Zetterer laut hr-sport-Infos eine Ablöse von rund fünf Millionen Euro kosten. Höhere Summen, die im Bremer Umfeld kursieren, sollen nicht den Tatsachen entsprechen.

Aus der Eins wird eine Zwei

Gestern also noch die Nummer eins in Bremen nach einem intensiven Zweikampf in der Vorbereitung mit dem jungen Emporkömmling Mio Backhaus, heute die Nummer eins auf Zeit in Frankfurt, bis der junge Emporkömmling Kaua Santos, derzeit noch nicht ganz fit, unter der Latte übernehmen wird.

Aus Sicht der Eintracht lief es seit der Trapp-Ankündigung, den Klub in Richtung Paris verlassen zu wollen, ziemlich geschmeidig in Sachen Nachfolgersuche. Die anfängliche Überraschung wandelte sich doch sehr schnell in einen konkreten Plan, der den Namen Zetterer trug. Sportvorstand Markus Krösche hatte den 30-Jährigen, geboren in München, fußballerisch großgeworden bei der SpVgg. Unterhaching, schon länger auf seinem Zettel stehen, sollten die Frankfurter mal Bedarf haben. Er nahm Kontakt auf – und überzeugte den Keeper.

Gut am Ball, offensiv im Torwartspiel

Vor allem Jan Zimmermann, der von der Sportlichen Führung hoch angesehene Torwarttrainer, soll die Vorzüge desTorwarts schätzen. Zetterer gilt nicht nur als reaktionsschnell auf der Linie, sondern gerade mit Ball am Fuß als begabt. Bis zur B-Jugend spielte er selbst noch ab und an im Angriff. Beim SV Werder vollführte er ein recht offensives Torwartspiel, stand häufig sehr weit vor seinem Kasten. Ihm wird eine gute Antizipation nachgesagt. Freilich: Die Erfahrung eines Kevin Trapp bringt Zetterer bei weitem nicht mit, sicher auch nicht das Niveau des Ex-Nationaltorwarts zu dessen besten Zeiten.

Darüber hinaus sind die Frankfurter Bosse aber überzeugt davon, dass Zetterer sich reibungslos ins Torwartteam einfügen wird, was im ersten Moment vielleicht selbstverständlich klingt, im zweiten aber doch eine entscheidende Voraussetzung für den Transfer ist. Denn Zetterer, das wäre zumindest keine Überraschung, dürfte alsbald ins zweite Glied rücken, wenn Santos endgültig von seiner Kreuzband-Blessur genesen ist. Einen Kampf um die Nummer eins wird es kaum geben.

Blicke werden auf Santos gerichtet sein

Spätestens nach der ersten Bundesliga-Pause ist damit zu rechnen, dass Santos zurückkehrt. Wohlgemerkt nur dann, wenn beim 22-Jährigen weiterhin alles so prima läuft wie bisher und ihn Trainer Dino Toppmöller für spielfähig hält. Santos stand vergangenes Wochenende in einem internen Test gegen ein Nachwuchsteam im Kasten, es gibt sogar Gerüchte, wonach er schon am Samstag beim Bundesliga-Auftakt gegen Werder Bremen zurückkehren könnte.

Toppmöller, das ist ziemlich sicher, wird jedoch nur einen topfitten Keeper einsetzen – auch um Santos‘ Willen, schließlich wird auf dem Trapp-Nachfolger eine besondere hohe Aufmerksamkeit liegen. Und sollte der Brasilianer über längere Distanz doch ins Straucheln geraten, Zetterer hätte wohl die Qualität, um in der Bundesliga zu bestehen.

Viele Verletzungen prägen die Karriere

Der 63-fache Bundesligaprofi gilt als Teamplayer, muckte nie auf, als er beim SV Werder jahrelang die Nummer zwei hinter Jiri Pavlenka war oder er zweimal verliehen wurde (Austria Klagenfurt und PEC Zwolle). Im Gegenteil. Er sah die Auslandsstationen als Chance. Denn Zetterer hatte früh in seiner Laufbahn einiges durchgemacht. Kaum angekommen in Bremen als damals 19-Jähriger, brach das Kahnbein in der Hand. Der Anfang einer harten Zeit.

Über Jahre hinweg hatte er Schmerzen in der Hand, musste sich insgesamt dreimal operieren lassen, fiel am Stück einmal 13 Monate aus. „Mit ein wenig Abstand bin ich extrem dankbar für diese Zeit, so komisch das auch klingt“, sagt Zetterer, er habe dabei viel über sich und den Umgang mit Rückschlägen gelernt. Auch stellte er sein Essverhalten um, lebt seit einigen Jahren vegan. Es half, die oft sehr hohen Entzündungswerte des Körpers sanken.

Spätes Bundesliga-Debüt mit 27 Jahren

Er arbeitet sich wieder heran – und feierte im vergleichsweise hohen Alter von 27 Jahren sein Bundesligadebüt für Bremen. Seit dem Sommer 2023 war er gesetzt im Kasten, brillierte zum Beispiel beim Bremer 1:0-Sieg in München im Januar 2024 mit einer Weltklasseleistung und wurde von manch einem sogar schon in den DFB-Dunstkreis geschrieben. So weit kam es nicht, so weit wird es mutmaßlich auch nicht kommen, zufrieden mit seiner Karriere aber ist Zetterer.

Dass der baldige Eintracht-Keeper, der einst Manuel Neuer und Marc-André ter Stegen als seine sportlichen Vorbilder nannte, auch als Ersatzmann immer voll bei der Sache ist, lässt sich aus einer kuriosen Statistik herauslesen: Noch bevor Zetterer jemals einen Ball in einem Bundesliga-Spiel zu fassen bekam, hatte er wegen Meckerns schon zweimal die Gelbe Karte von den Schiedsrichtern gezeigt bekommen. Eine davon übrigens im Waldstadion, Dezember 2015, ein 2:1-Sieg für die Eintracht, Trainer Armin Veh, Torschützen Alex Meier und Stefan Aigner. Gefühlt eine Ewigkeit her.

Hessischer Rundfunk