Konzert | Post Malone in der Wuhlheide

Wer Rap kann, kann auch Country

Di 19.08.25 | 08:18 Uhr | Von Jonathan Penschek

Der Sänger und Rapper Post Malone.

picture alliance/Sipa USA/Daniel DeSlover

Audio: Radio Fritz | 19.08.2025 | Jonathan Penschek | Bild: picture alliance/Sipa USA/Daniel DeSlover

Als Rapper groß geworden und mittlerweile auf Country umgesattelt widerspricht Post Malone vor allem dem Klischee, dass Rapper keine Gefühle zeigen können. Seine Show in der Wuhlheide war geprägt von viel Gefühl. Dennoch ließ er eine Sache vermissen. Von Jonathan Penschek

Leitplanken, Straßenschilder, die Südstaaten-Prärie im Hintergrund: Das Bühnenbild in der Wuhlheide setzte schonmal den richtigen Ton für die fast zweistündige Show, die Teil der Welttournee von Post Malone ist. An diesem Montagabend flitzt er immer wieder über die langen Stege, die wie ein amerikanischer Highway gestaltet sind, durch das Publikum. Das hat sich angepasst: Viele tragen Fransen, Cowboy-Hüte und -Boots. Fast wartet man darauf, dass Line-Dance getanzt wird. Zwischendurch wird die Bühne sogar zur Dive Bar.

Post Malone lässt direkt zu Beginn sein altes Ich hinter sich: Nicht nur Anheizer und Country-Kollege Jelly Roll – den er für ein Feature auf die Bühne holt – leitet mit der amerikanischen Folk-Musik in den Abend ein. Auch Post Malone selbst eröffnet mit „Texas Tea“ seine Show – und zieht damit die volle Ladung Country durch. Die gibt’s mit insgesamt neun Songs seiner aktuellsten Veröffentlichung, unter anderem mit „M-E-X-I-C-O“ und „Finer Things“.

Zwar hat er bisher erst ein komplettes Country-Album veröffentlicht (F-1 Trillion, veröffentlicht im Sommer 2024), nichtsdestotrotz hatte er auch auf seinen früheren Alben immer wieder Songs, die aus dem typischen Hiphop-Schema ausgebrochen sind und sich nun hervorragend in das Gesamtwerk dieser Bühnenshow einfügen. Vielleicht sind sie zu gut an das neue Genre angepasst, vielleicht ist er aber auch einfach dort angekommen, wo er schon immer hingehört hat. Der Erfolg würde ihm recht geben – er scheint sich sichtlich wohl zu fühlen und das Publikum nimmt das dankbar an.


Hat er da eine Sache vergessen?

Kritische Stimmen werfen ihm vor, den Hiphop benutzt und danach einfach weggeworfen zu haben. Bei dem Konzert könnte man diesen Eindruck durchaus verstehen: Es gab auch viele ältere Songs, sogar ganze sechs von seinem Debütalbum „Stoney“, das 2016 sein Einstieg in die Hiphop-Welt war. Das waren aber vor allem seichtere Lieder, deren Trap-Beat durch Kick-Drums und Akustik-Gitarren ausgetauscht wurden. Härtere Rapsongs wie „Rockstar“ kamen eher gegen Ende der Show und wirkten eher wie ein Anhängsel, als dass sie sich organisch einfügten. Manche Fans zeigten, dass sie gerne mehr von der Hiphop-Seite gesehen hätten, die sie schon so lange an ihm schätzen.

Wirklich überraschend war jedoch, wie nahbar der 30-Jährige wirkte. Schon zu Beginn merkte man ihm nicht nur den Spaß, sondern auch die authentische Verbindung zu seinen Fans an, mit denen er durch die gesamte Show hinweg immer wieder agierte. Es gab Umarmungen, Autogramme auf Hüten, Geschenk-Austausche und wirklich viele Momente, in denen er warme Worte ans Publikum richtete. „I love you, Berlin“, sagte er dabei mit viel Pathos und erzählte mehrfach, wie dankbar er seinen Fans sei, dass er seinen Traum seit mittlerweile zehn Jahren leben dürfe. Authentische Momente wie diese gibt es nicht bei vielen der großen Stars, die oft in zu professionellen Bühnenshows ihre Makellosigkeit präsentieren – das Gegenteil von Post Malone.

Apropos Bühnenshow: Selten wurde wahrscheinlich bei Konzerten so viel Pyrotechnik und so viele Feuerwerkskörper eingesetzt, wie hier. Und obwohl man sich fast ein bisschen Sorgen um die Waldbrandgefahr machte und es im Schnitt bei jedem dritten Song mindestens ein mal knallte, wirkte alles gut choreografiert, gut platziert, und insgesamt sehr stimmig produziert.

Sowohl also das Bühnenbild, die Fans, die Authentizität, die Produktion und nicht zuletzt die stimmungsvollen Songs, die Post Malone stilsicher performte, bildeten am Ende eine Konzerterfahrung, an die sich viele Fans gerne zurückerinnern. Selbst die, die den Hiphop vermissten, mussten zugeben, dass sie sich jetzt doch mit dem Country anfreunden und auch diese Seite an ihrem Lieblingsstar zu schätzen lernen. Und wie langweilig wäre es doch, dürften sich Musiker*Innen nicht im Laufe ihrer Karriere verändern, ausprobieren und neue Nischen finden, in denen sie sich vielleicht schon von Anfang an am wohlsten gefühlt hätten.

rbb24 Inforadio, 19.08.2025, 6:55 Uhr

Beitrag von Jonathan Penschek