Stand: 19.08.2025 15:50 Uhr

Die Getreideernte steigt wieder, doch der Bauernverband beklagt Preisverfall und bürokratische Fesseln. Die Versorgungssicherheit aus heimischen Produkten sei langsam in Gefahr, warnt Verbandspräsident Rukwied.

Die Getreideernte in Deutschland ist laut dem Deutschen Bauernverband zufriedenstellend ausgefallen, der Herbst verspricht eine gute Kartoffel-, Apfel- und Weinernte. Der Verband beklagt allerdings insbesondere beim Getreide eine „katastrophale Preislage“. Dazu kämen hohe Kosten und bürokratische Fesseln. Verbandspräsident Joachim Rukwied sieht die Wettbewerbsfähigkeit der Landwirte hierzulande in Gefahr – und „langsam“ auch die Versorgungssicherheit.

„Wir gehen langsam ins Risiko“

Bei der Vorstellung der Erntebilanz verwies Rukwied auf einen dauernden Preisverfall bei Getreide sowie Auflagen für Düngung und Pflanzenschutz. „Wir sind mittlerweile an einen Punkt angelangt, an dem wir Ernten, was die Qualität und was die Quantität anbelangt, gefährden“, sagte er. „Und das in einer Situation, wo meines Erachtens die Versorgungssicherheit mit Lebensmitteln eine immer größere Rolle spielt und spielen wird.“

Es gehe nicht nur um Verteidigungsfähigkeit, sondern auch um Versorgungssicherheit aus heimischer Produktion, die Grundlage für innenpolitische Stabilität sei. „Und hier gehen wir langsam ins Risiko.“

Rukwied verwies auf Preise von rund 180 Euro pro Tonne Brotweizen heute, während in den 80er-Jahren in Euro umgerechnet 240 Euro pro Tonne Qualitätsweizen erzielt wurden. „Wirtschaftlicher Getreideanbau ist bei diesen Preisen schlichtweg nicht mehr möglich“, sagte er. „Und dieses Preisniveau, das im letzten Jahr schon deutlich unter den Vorjahren war, das hat sich gegenüber dem Vorjahr nochmals verschlechtert.“ Russland drücke international den Preis für Getreide als Druckmittel auf die Ukraine.

Bessere Ernte als in den beiden Vorjahren erwartet

Der Bauernverband rechnet 2025 mit einer besseren Getreideernte als in den beiden Vorjahren. Die erwartete Menge steige auf 43,5 Millionen Tonnen nach 39 Millionen Tonnen im vergangenen Jahr, so der Verband. Nach den aktuellen Zahlen liege die Erntemenge der wichtigsten Kultur, dem Winterweizen, mit 21,7 Millionen Tonnen deutlich über der des Vorjahres (2024: 17,8 Mio. Tonnen). Dies liege an besseren Erträgen pro Hektar und auch an einer deutlichen Ausweitung der Anbaufläche.

Bei der Wintergerste liegt die diesjährige Erntemenge mit 9,3 Millionen Tonnen über dem Vorjahreswert von 8,9 Millionen Tonnen. Die Winterrapsernte erreichte 3,85 Millionen Tonnen (Vorjahr 3,6 Millionen Tonnen). 

Lange Niederschläge sorgen für Zitterpartie

Der Verbandspräsident bezeichnete die diesjährige Getreideernte wegen langer Niederschläge als eine Zitterpartie. Reifes Getreide habe länger auf dem Feld bleiben müssen, was stellenweise zu deutlichen Qualitätseinbußen führte. Zugleich gebe es im Nordosten durch ausgeprägte Trockenheit Ertragseinbußen. „Auch wenn die Erntemenge endlich einmal wieder im durchschnittlichen Bereich liegt, macht sie doch erneut die spürbaren Folgen des Klimawandels deutlich“, sagte Rukwied.

Beim Ökoanbau gebe es eine „konstante Flächenentwicklung“: Man habe im Moment rund 11,5 Prozent ökologisch bewirtschaftete Flächen.

Nur noch 75.000 Tonnen Erdbeeren

Von den beliebten Erdbeeren seien in Deutschland nur noch 75.000 Tonnen geerntet worden. „Das ist die kleinste Ernte seit 1995“, sagte Rukwied. Es gebe einen drastischen Rückgang der Anbaufläche um etwa 31 Prozent binnen 30 Jahren. Auch die Spargelernte sei mit lediglich knapp 99.000 Tonnen die kleinste Ernte seit 2010. 

Rukwied betonte auch mit Blick auf die weitere Erhöhung des Mindestlohns, Deutschland befinde sich auf dem Weg dahin, „dass möglicherweise in nicht allzu ferner Zukunft kaum mehr Erdbeeren aus Deutschland auf den Teller landen können, weil sie nicht mehr erzeugt werden können“. Um einen höheren Anteil an Obst und Gemüse aus heimischer Erzeugung zu haben oder den jetzigen zu halten, sei eine Sonderlösung für die Landwirtschaft nötig.