Kiel. Sie waren optimistisch in den Landtag gekommen. Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) hatte den Jungredakteuren des Kieler „Umweltmagazins“ im Interview gesagt, dass er einem Tempolimit auf deutschen Autobahnen „wirklich offen“ gegenüber stehe und er in dieser Frage „kein Hardliner“ sei. Entsprechend gespannt verfolgten die Kieler Schülerinnen und Schüler Ende Juli von der Besuchertribüne aus die Plenardebatte: Würde die Parlamentsmehrheit einem Antrag des SSW folgen und Schleswig-Holstein im Bundesrat eine entsprechende Initiative anstoßen? Am Ende war die Enttäuschung groß: CDU und Grüne lehnten ab.

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Wir sind nicht neutral. Wir haben nun einmal eine Klimakrise.

Tim Stellmacher (17)

Jungredakteur im Umweltmagazin

„Mehrere von uns haben sich im Nachhinein gefragt, ob so eine Sitzung immer im Stil einer Kindergartengruppe geführt wird“, heißt es in einer Stellungnahme, die die jungen Leute im Anschluss veröffentlichten. Die CDU hatte im Landtag mit einem Augenzwinkern eine Rede verlesen, die man in ähnlicher Form schon vor Jahren gehalten hatte. Damit erzeugte die Union zumindest im Plenarsaal sommerliche Heiterkeit. Bloß konnten die jungen Zuhörer auf der Tribüne nicht mitlachen.

Schüler gründen „Umweltmagazin“: Leidenschaft für Klimaschutz

Das „Umweltmagazin“ war 2022 auf Schülerinitiative hin gegründet worden. Es zählt derzeit 14 Nachwuchsjournalisten im Alter von 13 und 17 Jahren, ist parteiunabhängig und befasst sich überwiegend mit ökologischen Themen. „Wir sind nicht neutral“, beschreibt Tim Stellmacher (17) aus Kiel-Projensdorf das Selbstverständnis des Internet-Magazins. „Aber es ist doch objektiv richtig, Klimaschutz zu betreiben: Wir haben nun einmal eine Klimakrise.“

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In den Artikeln geht es zum Beispiel um Saatgut, um die Ressource Wasserstoff, Klimaschutz im Vatikan und die Nachhaltigkeit von Vereinen der Deutschen Fußball-Bundesliga. Immer wieder gelingt es dem Team zudem, Prominente anzusprechen. Talkmasterin Sandra Maischberger kam bereits ausführlich zu Wort, auch Weltklasse-Pianist Igor Levit war dabei – und zuletzt Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther.

Politische Spielchen: CDU und Grüne uneins über Tempolimit

Das Verhalten der CDU-Abgeordneten ihm gegenüber sei „einfach nicht nett“ gewesen, heißt es im Kommentar. „Für uns war es auffallend, dass Herr Günther kein einziges Mal bei Witzen oder Reden schmunzeln musste.“ Zum Erstaunen der Jugendlichen sprach stellvertretend für die Landesregierung nicht der Regierungschef, sondern Verkehrsminister Claus Ruhe Madsen (CDU). Und der verwendete auch noch einen Kraftausdruck: „Autobahnen: ein geiles Wort! Dänen lieben Autobahnen.“ Zum Fremdschämen sei das gewesen.

Nachwuchs-Redakteur Abdullah Kamal (17) aus Altenholz kommt zum Ergebnis, dass Günther offenbar zukunftsorientierter sei als viele andere in der CDU. „Aber mich hat sehr überrascht, dass sich die Grünen ausgerechnet beim Tempolimit so wenig kooperativ zeigten.“ Offenbar gehöre das zur Politik: Im Zweifel müssten sich Partner an die Koalitionsdisziplin halten.

Preise für Schülerinitiative: „Umweltmagazin“ gewinnt Wettbewerbe

Im vergangenen Jahr hatte das „Umweltmagazin“ den 1. Preis „alle für eine Welt für alle“ gewonnen, ein Schulwettbewerb unter Schirmherrschaft von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD). In diesem Jahr erhielt das Team den Hans-Sauer-Preis für „Transformative Bildung – Gesellschaft gestalten lernen“. Mit den Preisgeldern lassen sich Unkosten decken.

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Das Fazit? Innerhalb eines Monats habe man dreimal mit Günther gesprochen, freuen sich die Jugendlichen, zudem habe man mit der Staatskanzlei Mailkontakt gehabt. „Vielen Dank für diese Erfahrung.“ Günther habe der Gruppe maßgeblich weitergeholfen. Doch nach der Landtagssitzung empfinde man „irgendwie vor allem Mitleid mit ihm“.

KN