Der Satz „Wir schaffen das“ von Angela Merkel (71) im Sommer 2015 wurde zum Wendepunkt für Deutschland – und zum Wendepunkt für die AfD. Die ZDF-Dokumentation „AfD: Aufstieg in der Flüchtlingskrise“ zeigt, wie eng beides zusammenhängt.

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Darin erinnert sich Steffen Königer (52), AfD-Mitglied von 2013 bis 2018: „Der Satz ‚Wir schaffen das‘ war die zweite Geburtshilfe für die AfD. Die Reanimierung. Der Herzschrittmacher.“ Denn: Im Sommer 2015 stand die Partei in Umfragen bei drei Prozent.

Auch Jörg Meuthen (64), Bundessprecher der AfD von 2015 bis 2022, sieht in Merkels Flüchtlingspolitik den entscheidenden Wendepunkt in der Parteigeschichte: „Dann kam die große Rettung der AfD durch Frau Merkel.“

► Bis Ende 2015 wurden 1.091.894 Flüchtlinge registriert – eine Dimension, die das Land vor enorme organisatorische und politische Herausforderungen stellte. Bundeskanzlerin Angela Merkel versicherte mit dem Satz „Wir schaffen das“, dass Deutschland dieser Herausforderung gewachsen ist.

WELT-Journalist Robin Alexander (50) erinnert sich: „Viele Leute wollen es heute nicht wahrhaben, aber es ist gut dokumentiert: Es gab eine Welle der Hilfsbereitschaft.“ Merkel geriet damals in die Kritik, weil sie zunächst nicht genug Empathie zeigte und nicht, weil sie gegen die Bevölkerung entschieden hatte.

► Die AfD nutzte den Moment dennoch für sich. „‚Wir schaffen das‘ war ein flockiger Spruch aus der Berliner Blase, den die eine Hälfte der Bevölkerung annahm – und die andere Hälfte sofort ablehnte“, sagt Meuthen. Auch Beatrix von Storch (54), AfD-Mitglied seit 2013, erklärt: „Deswegen haben wir das adressiert in der Programmatik. Wir haben Kampagnen dazu gemacht in den sozialen Medien, wir haben Demonstrationen organisiert – das ganze Programm.“

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Auch interne Grabenkämpfe halfen, die Partei radikaler auszurichten. „Da wir diesen Umbruch in der Partei hatten und die, die uns immer gehemmt haben, losgeworden sind, haben wir Gas gegeben“, so André Poggenburg (50), Vorsitzender der AfD in Sachsen-Anhalt von 2014 bis 2018. Migration sei in dieser Phase das zentrale Thema gewesen – und „da wurde nicht mit Samthandschuhen gekämpft. Das kam aber wiederum auch gut an.“

Die Migrationsforscherin Victoria Rietig erklärt in dem Film: „Migration ist ein Geschenk für populistische Parteien.“ Das Thema spalte die Gesellschaft und eröffne so die Chance, neue Wähler zu gewinnen.

Die ZDF-Doku „AfD: Aufstieg in der Flüchtlingskrise“ zeigt die Geschichte einer Partei, die ausgerechnet durch die Politik ihrer erbittertsten Gegnerin, der damaligen Kanzlerin Angela Merkel, den entscheidenden Schub erhalten haben soll.