Die Berliner Grünen-Fraktion fordert eine Anpassung der Regelung zur Heiz- und Mietkostenübernahme für Sozialhilfeempfänger. „Die AV Wohnen muss dringend angepasst werden“, sagte Taylan Kurt, sozialpolitischer Sprecher der Fraktion, dem Tagesspiegel. „Aktuell können mit der Regelung so gut wie keine neuen Wohnungen aufgrund der explodierenden Mieten angemietet werden, weil die Richtwerte zu weit von den tatsächlichen Mietpreisen entfernt sind.“

Über die sogenannte Ausführungsvorschrift Wohnen („AV Wohnen“) werden im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitsuchende, Sozialhilfeempfänger sowie für Empfänger von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz Kosten für die Miete vom Jobcenter oder den Sozialämtern übernommen.

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Eine Anfrage Kurts bei der Berliner Sozialverwaltung ergab, dass bei Berlinern, die Bürgergeld bekommen, in 40 Prozent der insgesamt 209.351 Fälle die Miete über den Richtwerten der „AV Wohnen“ liegt. Bei einem Großteil erkennen die Jobcenter die Differenz allerdings an und übernehmen sie. Doch bei 1523 Fällen wird die Differenz nicht übernommen. Bedeutet: Die Betroffenen müssen die Differenz selbst übernehmen.

Ähnlich ist es auch bei Menschen, die in Berlin Hilfen nach dem Sozialgesetzbuch XII erhalten – etwa Grundsicherung im Alter. Hier liegt die Miete in 13,5 Prozent der insgesamt 93.098 Fälle über der „AV Wohnen“. Auch hier wird die Differenz in 90 Prozent der Fälle übernommen. In 1183 Fällen aber tragen die Betroffenen den Fehlbetrag.

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Überarbeitung sei „sehr aufwendig“, sagt Sozialverwaltung

Für Kurt weisen diese Zahlen darauf hin, dass die Richtwerte zu gering angesetzt sind. Die Sozialverwaltung selbst gab bereits an, dass die „AV Wohnen“ angepasst werden soll. Sie befinde sich „aktuell in Bearbeitung“, die Richtwerte würden auf Grundlage des im Mai 2024 veröffentlichten Mietspiegels überprüft, heißt es in der Antwort der schriftlichen Anfrage.

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Die Kalkulation der Richtwerte sei aber „sehr aufwendig“ und bedürfe „diverser Abstimmungen“. Die Sozialverwaltung weist darauf hin, dass es aber bereits jetzt zahlreiche Möglichkeiten gebe, die Richtwerte zu überschreiten. Das bedeutet, es wird eine höhere Miete übernommen, auch wenn sie über dem Richtwert liegt – etwa wenn eine Familie mit Kindern betroffen ist, die keine andere Wohnung finden würde. Auch wenn Wohnraum neu für eine wohnungslose Person angemietet wird, können die Richtwerte für Bruttokaltmieten um bis zu zwanzig Prozent überschritten werden.