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Stand: 19.08.2025 18:00 Uhr

Der Schulterschluss in Washington ist ein guter Anfang – zumal die Europäer damit ein großes Risiko eingingen. Doch die Frage der Sicherheitsgarantien wird ein hartes Stück Arbeit. Jetzt heißt es zusammenhalten.

Ein Kommentar von Sabine Adler, Deutschlandradio Kiew

So viel Einigkeit, so viel Lob war selten. Aber auch so viel Risiko. Dass die fünf europäischen Staats- und Regierungschefs gemeinsam mit dem NATO-Generalsekretär und der EU-Kommissionspräsidentin alles auf eine Karte gesetzt haben, hätte auch schiefgehen können.

Dann nämlich, wenn das Treffen der Präsidenten Donald Trump und Wolodymyr Selenskyj, das der großen europäischen Runde vorgeschaltet war, erneut wie im Februar eskaliert wäre. Dann hätte die Delegation nur noch die Scherben zusammenfegen können.

Selenskyj agierte geschickter als früher

Sprengstoff war genug im Oval Office. Eine Meute von Journalisten, in der es einige regelrecht darauf angelegt hatten, den ukrainischen Präsidenten aus der Fassung zu bringen. Das ist nicht geschehen, weil der deutlich geschickter agierte, mit seiner Dankesrede gleich zu Beginn den früheren Kritikern den Wind aus den Segeln nahm und nicht über jedes Stöckchen sprang, das man ihm hinhielt.

Vor allem aber, weil Trump mal wieder eine Kehrtwende vollführt hatte. Statt des massiven Drucks auf seinen Kiewer Gast im Vorfeld, sich von der russisch besetzten Krim und der NATO-Mitgliedschaft zu verabschieden, gab es von Trumps Seite Entgegenkommen, sogar Herzlichkeit. Ob mit Absicht oder nicht, stellte sich der US-Präsident damit auf die Seite der versammelten Europäer, die sich hinter der Ukraine vereint hatten, und führte so zugleich Russland in die alte Isolation zurück.

Hier die einen, die am Frieden arbeiten, weitere Treffen arrangieren, bi- oder trilateral Sicherheitsgarantien ausbuchstabieren. Dort die, die weiter angreifen, die nur vorgeben, verhandeln zu wollen, tatsächlich aber doch nur auf ihren alten imperialistischen Forderungen bestehen und nichts als eine Kapitulation der Ukraine anstreben.

Ein hartes Stück Arbeit, auch unter Verbündeten

Ob Trump endlich diesen Unterschied erkennt oder bei nächster Gelegenheit erneut Putins manipulativen Fähigkeiten erliegt, bleibt abzuwarten. Sehr zum Leidwesen der Ukrainer. Die stehen zwar hinter ihrem unbeugsamen Präsidenten, wissen aber auch, dass es einen dauerhaften Frieden erst mit echten Sicherheitsgarantien gibt.

Doch auszuhandeln, wer die Ukraine künftig mit welchen Mitteln vor neuen russischen Angriffen schützt, ist ein hartes Stück Arbeit, selbst unter Verbündeten. Der Schulterschluss von Washington ist ein guter Anfang, jetzt heißt es zusammenzubleiben, Wort zu halten, Russland in die Zange zu nehmen. Die Kraft des Westens reicht, wenn er sich nur einig ist.

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