AUDIO: Konkurrent KI: Weniger Stellen für Berufsanfänger? (5 Min)
Stand: 19.08.2025 18:33 Uhr
Künstliche Intelligenz entwickelt sich rasant weiter. Beinahe täglich kommen neue Anwendungen auf den Markt – die zur Konkurrenz für Arbeitnehmer werden. Insbesondere für junge Menschen, die gerade erst auf dem Arbeitsmarkt Fuß fassen wollen.
Eine neue Analyse der Jobplattform Stepstone zeigt: Stellenanzeigen, die sich explizit an Berufseinsteiger richten, sind rückläufig. Das geht aus einer Auswertung von mehreren Millionen Inseraten aus den Jahren 2020 bis 2025 hervor. Allein im ersten Quartal dieses Jahres lag der Anteil der Stellenanzeigen für Berufsanfänger 45 Prozent unter dem Durchschnitt der betrachteten fünf Jahre – und damit auf einem absoluten Tiefpunkt.
In unsicheren Zeiten wollen Betriebe Berufserfahrene
Zwar spielen auch die wirtschaftliche Lage und geopolitische Unsicherheiten wie die Strafzölle von US-Präsident Trump eine wichtige Rolle – dass die Einstellungsstopps aber vor allem Berufseinsteiger treffen, liege auch daran, dass Unternehmen in unsicheren Zeiten Menschen bevorzugen, die unmittelbar produktiv arbeiten können. Krisen in der Vergangenheit haben gezeigt: Wirtschaftliche Abschwünge treffen junge Menschen generell stärker als andere Gruppen.
Klar ist: Die KI wird den Arbeitsmarkt drastisch verändern. Aber wie sehr, die KI aktuell schon (junge) Arbeitnehmer verdrängt – darüber ist sich die Forschung nicht ganz einig. Eine Analyse der Stellenbörse Indeed deutet allerdings daraufhin, dass der Trend zu mehr Berufserfahrung erst kurz nach der Veröffentlichung von ChatGPT eingetreten sei – das sei zumindest auffällig, heißt es auf der Plattform.
Juniorjobs werden häufig automatisiert
Die Zahl der Stellenangebote für Berufsanfänger liegt auf einem Tiefpunkt, denn viele Unternehmen setzen verstärkt auf KI.
Laut einem Bericht des Weltwirtschaftsforums zur Zukunft der Arbeit planen 40 Prozent der befragten europäischen Unternehmen, Juniorrollen in Buchhaltung, Marktforschung oder Vertragsprüfung künftig zu automatisieren. Ein interessanter Zusammenhang, der auf die Konkurrenz durch KI hindeutet, zeigt sich mit Blick auf die Arbeitsmarktlage in die USA: Dort, wo die die privaten Investitionen in KI mit knapp 110 Milliarden Dollar so hoch wie nirgendwo sonst auf der Welt sind, sind junge Hochschulabsolventen häufiger arbeitslos als der Durchschnitt der Erwerbstätigen.
Klar scheint zu sein: Gerade standardisierte Tätigkeiten am unteren Ende der Qualifikationsskala sind am ehesten durch KI ersetzbar. Das zeigt eine Studie des Londoner Thinktanks „Institute for Public Policy Research“. Auch eine Studie der Beratungsgesellschaft Deloitte kommt zu dem Ergebnis: Gerade Junior-Rollen werden durch Automatisierungen zunehmend überflüssig. Denn viele Berufsanfänger sind zu Beginn häufig mit einfachen Aufgaben betreut, wie etwa Präsentationen erstellen, Kundenmails beantworten oder Code für einfache Programme in der Softwareentwicklung schreiben.
Diese Routine-Aufgaben kann die KI allerdings heute schon selbst sehr schnell erledigen. Für Einsteiger fehlen wiederum diese einfachen Aufgaben, die sie brauchen, um Erfahrung zu sammeln, besser zu werden, fachlich Kompetenz und Selbstbewusstsein aufzubauen. In Indien, einem Land, in dem der IT-Sektor mit fast 16.000 Unternehmen der größte private Arbeitgeber ist, führt das schon jetzt dazu, dass bei großen Unternehmen bis zu 40 Prozent weniger Berufseinsteiger eingestellt werden.
Softwaresektor stark von Entlassungen betroffen
Vor allem Berufe im Softwaresektor trifft es. Große Tech-Konzerne in den USA haben bereits angekündigt, Stellen abzubauen, so zum Beispiel Amazon oder Microsoft. Aber auch in den Bereichen Grafikdesign, Rechtsabteilungen und Übersetzungen werden Menschen entlassen. So hat die Lern-App Duolingo bereits Anfang des vergangenen Jahres zehn Prozent der freiberuflichen Übersetzer entlassen.
Berufseinsteiger müssen KI-Kompetenz mitbringen
Fachleute sagen, Berufseinsteiger sollten auf jeden Fall eine solide KI-Kompetenz mitbringen. Sie sollten wissen, wie große KI-Sprachmodelle funktionieren, wie man gute Prompts schreibt und wie man mit KI-Tools effizient und zielführend arbeiten kann. Peter Buxmann, Professor für Wirtschaftsinformatik an der TU Darmstadt, sieht diesbezüglich vor allem Schulen und Unis in der Pflicht. Eine breite Allgemeinbildung werde immer wichtiger, vor allem um das Produzieren von falschen Informationen zu vermeiden. Denn die könne man nur dann identifizieren, wenn man breit ausgebildet sei und gelernt habe, kritisch zu denken und zu hinterfragen.
Und neben breiter Bildung bleiben auch Soft Skills wichtig – also gute Kommunikation, Empathie, Teamfähigkeit. Die KI kann zwar schnell Analysepapiere und Präsentationen entwickeln, aber wenn es darum geht, Kunden zu gewinnen oder Konflikte zu lösen, braucht es nach wie vor menschliches Einfühlungsvermögen.