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Die Zukunft der deutschen Rente befindet sich auf immer wackligerem Fundament. Rufe nach späteren Renteneintritten werden lauter – sogar aus Brüssel.
Brüssel – Derzeit spaltet kein anderes Rententhema die Meinungen so sehr wie eine Einführung eines späteren Renteneintrittalters. Zuletzt rückte die Rente mit 70 in den Vordergrund der Diskussionen – geht es nämlich nach Wirtschaftsministerin Katherine Reiche (CDU), sollte die Lebensarbeitszeit steigen, um einen Kollaps des Rentensystems zu verhindern. Auch Signale aus Brüssel heizen die Diskussion weiter an.
Deutsche Rentner sollen länger arbeiten – Diskussion über Rente mit 70
Das Renteneintrittsalter wird derzeit schrittweise auf 67 Jahre erhöht – unter bestimmten Bedingungen können einige Jahrgänge auch eher in die Rente gehen, allerdings gelten dann Abschläge. Weil die Zahl der Beitragszahlenden schmilzt und mehr Babyboomer in den Ruhestand gehen, gerät das Umlagesystem ins Wanken.
Für die Erwerbsminderungsrente ist nicht nur die einzelne Diagnose, sondern das Gesamtbild entscheidend. Die Rentenversicherung prüft dies genau. © IMAGO/Martin Wagner
In der Politik gibt es daher nicht nur Überlegungen, das Renteneintrittsalter anzupassen, sondern auch Anreize für längeres Arbeiten zu schaffen. Man denke nur an die Aktivrente, die Kanzler Friedrich Merz (CDU) für arbeitende Senioren einführen will. Rentner sollen 2.000 Euro monatlich steuerfrei dazuverdienen können, wenn sie auch im Ruhestand arbeiten.
Signal aus Brüssel zur Rente in Deutschland: „Anreize für vorzeitigen Renteneintritt verringern“
In Brüssel nimmt man ebenfalls die deutsche Rente ins Visier. Die Wirtschafts- und Finanzministerinnen und -minister der EU-Mitgliedstaaten haben bereits im Juli 2025 in ihren „länderspezifischen Empfehlungen“ mehrere Vorschläge gemacht: Deutschland soll den Bundeszuschuss reduzieren. Zudem sprechen sich die Ministerinnen und Minister dafür aus, „ein längeres Erwerbsleben zu fördern und die Anreize für einen vorzeitigen Renteneintritt zu verringern“, um die langfristige Tragfähigkeit des Rentensystems zu sichern und gleichzeitig eine angemessene Rentenhöhe zu gewährleisten.
Im Länderbericht betonen die Ministerinnen und Minister zudem, dass die Wettbewerbsfähigkeit darunter leidet, dass gut ausgebildete und gesunde Menschen häufig früh aus dem Arbeitsmarkt ausscheiden. Insgesamt würden die Hälfte der Beschäftigten vor Erreichen des gesetzlichen Renteneintrittsalters aus dem Erwerbsleben ausscheiden, davon fast ein Drittel ohne Kürzung ihrer Rentenansprüche. „Entsprechend wird die Empfehlung ausgesprochen, die Anreize für den vorzeitigen Eintritt in den Ruhestand zu verringern. Neben der ebenfalls empfohlenen Anpassung der Rentenindexierung und Überarbeitung der Beitragsobergrenzen würde dies die Tragfähigkeit des Rentensystems verbessern“, heißt es in einer Mitteilung der Europavertretung der Deutschen Sozialversicherung (DSV).
Rentner würden sogar bis 70 arbeiten – unter bestimmten Bedingungen
Doch wollen Rentnerinnen und Rentner überhaupt über das Renteneintrittsalter hinaus arbeiten? Wie aus einer YouGov-Umfrage für die Postbank hervorgeht, wäre gut die Hälfte (54,3 Prozent) der 1.163 befragten Erwerbstätigen bereit, über das gesetzliche Rentenalter hinaus zu arbeiten – überwiegend in Teilzeit und bis zur Vollendung des 70. Lebensjahres. Denn viele gehen davon aus, dass die Rente im Alter nicht ausreichen wird. Jeder Fünfte aus dieser Gruppe (19,8 Prozent) würde allerdings nur weiter arbeiten, wenn er dann mehr verdienen würde. Ein Drittel der Befragten lehnt eine längere Erwerbstätigkeit im Alter ab.
Die Bundesregierung will ohnehin Hürden abbauen, sodass ältere Beschäftigte weiter arbeiten können, wenn sie möchten. Zudem strebt Bundessozialministerin Bärbel Bas (SPD) an, das Rentenniveau mit Milliardensummen bis zum Jahr 2031 bei 48 Prozent zu sichern. Verstärkt Steuergelder zur Stabilisierung der gesetzlichen Rente zu nutzen, halten fast zwei Drittel (63 Prozent) der insgesamt 2.069 Ende Mai befragten Erwachsenen in Deutschland für richtig. Allerdings zweifelt zugleich mehr als jeder zweite Befragte (57,3 Prozent) daran, dass Steuereinnahmen das Rentenniveau langfristig stabil halten können.