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Bis 2028 will die Europäische Union unabhängig von russischem Gas werden – doch der Trend geht in die andere Richtung: 2025 importierte die EU LNG aus Russland im Wert von 4,5 Milliarden Euro.
Brüssel – In den nächsten zweieinhalb Jahren plant die EU, Gas- und Ölimporte aus Russland schrittweise auslaufen zu lassen. Einen entsprechenden Gesetzesvorschlag hat die EU-Kommission eingebracht – von den Mitgliedstaaten und dem EU-Parlament braucht es allerdings noch die Zustimmung. Bis es dann 2028 so weit sein könnte, steigen die Lieferungen von verflüssigtem Erdgas (LNG) aus Russland derzeit laut Zahlen der EU-Statistikbehörde Eurostat an: Im ersten Halbjahr 2025 hat die EU rund 4,48 Milliarden Euro für LNG-Importe ausgegeben. Im selben Zeitraum 2024 waren es noch 3,47 Milliarden Euro – ein Anstieg von 30 Prozent.
EU hängt noch an Russlands Gas – LNG-Import steigen: Frankreich, Spanien und Benelux-Länder Abnehmer
Obwohl die EU als Reaktion auf den russischen Überfall auf die Ukraine zahlreiche Wirtschaftssanktionen am Laufen hat, gibt es kein generelles Gas-Embargo. Nach Kriegsausbruch hatte Russlands Regierung um Präsident Wladimir Putin die direkten Gaslieferungen in die EU gekürzt. Über die Pipeline TurkStream gelangt weiterhin russisches Pipelinegas in die EU – vor allem nach Ungarn und die Slowakei. Zu den größten LNG-Abnehmern zählen Frankreich, Spanien, Italien, die Niederlande und Belgien.
Fließt Putins Gas weiter? EU verschiebt wichtigen Fahrplan für Ende von Russland-Abhängigkeit © Der russische Präsident Wladimir Putin
Polen und die baltischen Staaten haben russische Gasimporte weitgehend eingestellt bzw. per Gesetz untersagt – und sind seitdem scharfe Kritiker der Lieferungen aus Russland. 2024 gab die EU noch 21,9 Milliarden Euro für fossile Energieträger aus dem Kreml aus – indirekt finanziere die EU somit Putins Krieg gegen die Ukraine, monieren Kritiker. Tatsächlich umfassten die Finanzhilfen für die Ukraine im selben Zeitraum rund 18,7 Milliarden Euro.
Von der Leyen: Trotz Erpressungsversuche vom Kreml braucht Europa vorerst Gas aus Russland
Das russische LNG wird derzeit per Seetanker nach Europa verschifft. Die EU argumentiert dagegen, dass eine Umstellung der Energieversorgung Zeit benötige, „um den vollständigen Ausstieg aus russischem Gas im Jahr 2028 koordiniert vorzubereiten und dem Markt ausreichend Zeit zu geben, die Veränderungen zu antizipieren.“ Rund 30 Prozent der Haushalte werden laut EU-Angaben mit Gas beheizt. Seit 2021 ist der Pipeline-Anteil von 40 Prozent elf Prozent (52) im vergangenen Jahr gesunken. Volumenmäßig fielen die gesamten russischen Gasimporte (Pipeline plus LNG) von über 150 Milliarden Kubikmetern auf unter 52 Milliarden Kubikmeter. Kombiniert lag Russlands Gasanteil 2024 bei unter 19 Prozent. Laut Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen soll sich der Trend fortsetzen: „Russland hat wiederholt versucht, uns zu erpressen, indem es seine Energieversorgung als Waffe einsetzt. Wir haben klare Schritte unternommen, den Hahn zuzudrehen und die Ära russischer fossiler Brennstoffe in Europa endgültig zu beenden.“
USA sind Hauptexporteur von LNG – dann folgen Norwegen, Algerien und Russland
Neue Importverträge mit russischen Anbietern sind ab dem ersten Januar 2026 unzulässig. Kurzfrist- oder Spot-Geschäfte sind nur bis zum 17. Juni 2026 erlaubt. Bestehende Langfristverträge enden spätestens am 31. Dezember 2027, ehe es ab dem ersten Januar 2028 zu einem vollständigen Stopp kommt. Hauptexporteur für Europas LNG-Versorgung sind die USA, die im ersten Halbjahr Flüssiggas im Wert von 13,7 Milliarden Euro in die EU sendeten. Das ist ein Anteil von 45 Prozent an der Gesamtmenge von 26,9 Milliarden Euro. Bei LNG und Pipeline-Gas ist Norwegen nach wie vor der größte Gaslieferant. 2024 lag der Anteil mit 91,1 Milliarden Kubikmetern bei 33 Prozent aller Gasimporte. Danach folgten die USA mit 45,1 m³ und 16,5 Prozent Anteilen und Algerien mit 39,2 m³ und 14,4 Prozent. Alle Güter zusammengenommen importierte die EU 2024 Waren im Wert von 36 Milliarden Euro. Laut Eurostat ist der Handel seit Ausbruch des Krieges um 86 Prozent zurückgegangen.
Neben Gas: EU importiert Öl, Eisen und Stahl, Düngemittel sowie Nickel – für mehr als 3,13 Milliarden Euro
Wenngleich die EU auf raffinierte Ölprodukte wie Diesel sowie auch per Schiff importiertes Rohöl aus Russland Sanktionen gesetzt hat, bezog die EU im ersten Quartal 2025 noch Öl im Wert von 1,46 Milliarden Euro. Öl-Einfuhren sollen erst 2027 auslaufen. Darüber hinaus ist auch der Handel mit Eisen und Stahl, Düngemittel oder Nickel nicht ganz ausgesetzt: Die EU importiert Eisen und Stahl in Höhe von 730 Millionen Euro, Düngemittel im Wert von 640 Millionen Euro und Nickel für 300 Millionen Euro. Doch auch hier sind die Zahlen im Vergleich zum Jahr 2021 rückläufig.