Mehr als drei Jahre hatte die Staatsanwaltschaft Berlin ermittelt – wegen eines einzigen Satzes!
Jetzt steht nach BILD-Informationen fest:
Die Ermittler erheben nach fast 38 Monaten Anklage gegen den früheren Verkehrsminister Andreas „Andi“ Scheuer (50, CSU) wegen uneidlicher Falschaussage!
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Der Vorwurf: Scheuer (Minister von 2018 bis 2021) habe am 2. Oktober 2020 vor dem Untersuchungsausschuss des Bundestages zum Maut-Desaster (mehr als 243 Mio. Euro Schaden) absichtlich gelogen – im Juristendeutsch: „bewusst wahrheitswidrig“ ausgesagt. Nach verschiedenen Strafanzeigen hatte die Staatsanwaltschaft schließlich Anfang Mai 2022 die Ermittlungen aufgenommen.
Scheuer geht gegenüber BILD in die Offensive: „Ich habe Kenntnis davon bekommen, dass die Staatsanwaltschaft Berlin Anklage gegen mich beim Landgericht Berlin I erhoben hat.“
Der Ex-Minister betont gegenüber BILD: „Wichtig ist: Es geht nicht um das Scheitern einer Pkw-Maut in Deutschland. Dafür habe ich die politische Verantwortung – auch für andere – bereits übernommen.“
„Staatsanwalt nutzt Sommerloch für Anklage“
Scheuer greift gegenüber BILD den zuständigen Staatsanwalt an: „Die Entscheidung, nun Anklage zu erheben, ist für mich nicht nachvollziehbar und macht mich betroffen. Die Motive und der Zeitpunkt für die Anklage sind mir unverständlich und erscheinen mehr politisch motiviert. Nach einer so langen Zeit der Untersuchung nutzt der Staatsanwalt genau das sogenannte mediale ‚Sommerloch‘ für die Anklageerhebung.“
Konkret ging es bei der fraglichen Scheuer-Aussage vorm Untersuchungsausschuss um diese Frage: Hat er als Minister Millionen-Verträge mit einer Maut-Firma unterzeichnet, obwohl die Gefahr bestand, dass das Gesamt-Projekt vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) gestoppt wird? Der EuGH stoppte das deutsche Pkw-Maut-Projekt schließlich als rechtswidrig. Damals sollten deutsche Autofahrer die Autobahn-Maut über die Steuer erlassen bekommen – und so, anders als Ausländer, am Ende keine Mehrkosten trotz der neuen Maut haben.
Er werde sich „gegen diesen unbegründeten Vorwurf mich mit aller Kraft zur Wehr setzen und meine Unschuld verteidigen“, so Scheuer weiter.
DIE CSU-MAUT
Die Pkw-Maut – auch „Ausländermaut“ – war das Prestigeprojekt der CSU, spielte eine wichtige Rolle im Bundestagswahlkampf 2013. Der damalige CSU-Vorsitzende Horst Seehofer (76) hatte damals angekündigt: „Diese Maut für Ausländer muss kommen, und sie wird kommen – das ist eine Frage der Gerechtigkeit.“ Seehofer setzte sich durch, die Maut kam in den Koalitionsvertrag. Doch alle CSU-Verkehrsminister (Ramsauer, Dobrindt, Scheuer) scheiterten bei der Umsetzung.
Scheuer konnte sich vor dem Ausschuss seinerzeit nicht daran erinnern, dass es ein Angebot des designierten Mautbetreiberkonsortiums gab, den Vertragsabschluss zur Pkw-Maut auf einen Zeitpunkt nach einem EuGH-Urteil zu verschieben. Manager der für die Pkw-Maut vorgesehenen Betreiberfirmen hatten aber von einem solchen Angebot an Scheuer ausgesagt.
Scheuer weiter zu BILD: „Die Staatsanwaltschaft Berlin beschäftigt sich seit 3,5 Jahren mit dieser einen Angabe von mir bei meiner Befragung im Oktober 2020. Ich habe die Untersuchung der Staatsanwaltschaft durchweg mit Kooperation, Transparenz und dem Willen zur Aufklärung begleitet und mich selbstverständlich für eine mehrstündige Befragung durch die Staatsanwaltschaft zur Verfügung gestellt. Auch meinen Anwalt habe ich von seiner Schweigepflicht gegenüber der Staatsanwaltschaft entbunden.“
Am Ende könnte das Maut-Desaster der CSU auf die Füße fallen – wenn es vor Gericht landen sollte und die Richter die Anklage gegen Scheuer zulassen sollten.
Jetzt sagte Scheuer BILD: „Nun liegt die Sache in den Händen des Gerichts. Ich habe großes Vertrauen in unseren Rechtsstaat. Ich habe mich aus eigener persönlicher Entscheidung aus der Politik zurückgezogen, habe kein politisches Mandat mehr und bin Privatmann.“
Scheuer, von 2013 bis 2018 CSU-Generalsekretär, hat der Politik inzwischen den Rücken gekehrt: Aus dem Bundestag schied er im April 2024 vorzeitig freiwillig aus. Im Oktober legte er auch seinen Posten im Passauer Stadtrat nieder.