Ex-Bundesverkehrsminister

Verdacht der Falschaussage: Staatsanwaltschaft Berlin klagt Andreas Scheuer an

Archivbild:Andreas Scheuer am 22.05.2023.(Quelle:picture alliance/dpa/S.Hoppe)

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Im Oktober 2020 sagte der damalige Bundesverkehrsminister bei einem Untersuchungsausschuss des Bundestags aus. Die Staatsanwaltschaft Berlin glaubt, er hat dort gelogen – und klagt ihn darum an.

Die Berliner Staatsanwaltschaft hat Anklage gegen den ehemaligen Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) erhoben – wegen des Verdachts einer falschen uneidlichen Aussage. Das hat die Staatsanwaltschaft dem ARD-Hauptstadtstudio bestätigt. Mit angeklagt ist der ehemalige Staatssekretär Gerhard Schulz, wie ein Sprecher der Staatsanwaltschaft der Deutschen Presse-Agentur sagte. Wegen der besonderen Bedeutung des Falles wird Scheuer nach Angaben der Staatsanwaltschaft vor dem Landgericht angeklagt. Zuerst hatte die „Bild“ berichtet.

Scheuer stand im Oktober 2020 vor dem damaligen Untersuchungsausschuss des Bundestags zur gescheiterten Pkw-Maut. Dort sagte er aus, dass es nach seiner Erinnerung kein Angebot des Mautbetreiberkonsortiums gegeben habe, vor dem Vertragsabschluss zur Pkw-Maut auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs zu dessen Rechtmäßigkeit zu warten.

Die Manager der eigentlich vorgesehenen Maut-Betreiberfirmen hatten im Ausschuss aber von einem solchen Angebot an Scheuer berichtet, dieser habe dies abgelehnt.


Geplatzte Maut kostete 243 Millionen Euro

Die Pkw-Maut – ein Prestigeprojekt der CSU in der damaligen schwarz-roten Bundesregierung – war im Juni 2019 vom Europäischen Gerichtshof als rechtswidrig gestoppt worden. Ein Untersuchungsausschuss hatte sich danach mit möglichen Fehlern Scheuers befasst. Die Opposition hatte Scheuer schwere Fehler im Haushalts- und Vergaberecht zulasten der Steuerzahler vorgeworfen. Er habe Verträge zur Pkw-Maut abgeschlossen, noch bevor Rechtssicherheit beim Europäischen Gerichtshof bestand. Scheuer hatte die Vorwürfe stets bestritten. Die gescheiterte Maut kostete den Bund 243 Millionen Euro Schadenersatz.

Die Berliner Staatsanwaltschaft hatte im Mai 2022 wegen des Verdachts einer Falschaussage im Untersuchungsausschuss des Bundestags ein Ermittlungsverfahren gegen Scheuer sowie den früheren Verkehrsstaatssekretär Schulz eingeleitet. Es bestehe der Anfangsverdacht, dass Scheuer und Schulz bei einer Zeugenaussage „bewusst wahrheitswidrig“ ausgesagt hätten, hieß es damals.


Mehrere Strafanzeigen von Privatpersonen

Wer vor Gericht oder vor einer anderen zur eidlichen Vernehmung von Zeugen oder Sachverständigen zuständigen Stelle – wie zum Beispiel einem Untersuchungsausschuss des Bundestags – als Zeuge oder Sachverständiger uneidlich falsch aussagt, wird laut Strafgesetzbuch mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

Scheuer hatte den seit 2022 juristisch verfolgten Vorwurf schon damals bestritten und meinte, er habe vor dem Untersuchungsausschuss wahrheitsgemäß ausgesagt. „Ich gehe fest davon aus, dass auch eine Überprüfung zu keinem anderen Ergebnis kommen wird.“ Laut den damaligen Angaben der Staatsanwaltschaft lagen dem Ermittlungsverfahren mehrere Strafanzeigen von Privatpersonen zugrunde.


Scheuer: „Unbegründeter Vorwurf“

Der „Bild“ sagte Scheuer jetzt, die Anklage sei für ihn nicht nachvollziehbar. „Nach einer so langen Zeit der Untersuchung nutzt der Staatsanwalt genau das sogenannte mediale ‚Sommerloch‘ für die Anklageerhebung.“ Er werde sich gegen diesen aus seiner Sicht „unbegründeten Vorwurf“ mit aller Kraft zur Wehr setzen.

Scheuer hatte im April 2024 sein Bundestagsmandat niedergelegt. Er hat inzwischen eine Beratungsfirma gegründet.

Sendung: rbb24 Inforadio, 20.08.2025, 8:20 Uhr