Metal boomt: Festivals wie Wacken oder das bayerische Summer Breeze spielen zuverlässig Geld ein. Für die Musikindustrie gilt das Genre inzwischen als Wachstumsmarkt – und auch Investoren entdecken es für sich.
Samstagabend auf dem Flugplatz der mittelfränkischen Kleinstadt Dinkelsbühl: Auf der Hauptbühne des Summer Breeze zünden Machine Head ein Feuerwerk, und das ist durchaus wörtlich zu verstehen. Während sich die Metal-Band aus Kalifornien knapp 90 Minuten lang virtuos durch ihr Programm knüppelt, wird dem ekstatischen Publikum auch noch eine spektakuläre Licht- und Flammenshow geboten – der Höhepunkt der viertägigen Veranstaltung. Insgesamt spielten beim diesjährigen Summer Breeze rund 130 Bands auf vier Bühnen für die 45.000 Besucher.
Seit knapp 20 Jahren findet das Festival nun in Dinkelsbühl statt. Damals waren nicht alle Einheimischen von der Idee eines Metal-Events begeistert, erzählt eine Buchhändlerin. Doch das habe sich komplett gedreht. Zum einen seien die Metal-Touristen in der Regel extrem freundlich, zum anderen beschere das Summer Breeze der Kleinstadt ausgebuchte Hotels und hohe Umsätze in Gastronomie und Einzelhandel: „Besser als das Weihnachtsgeschäft“, sagt ein Ladeninhaber in der Altstadt.
Metal als zuverlässiger Umsatzbringer
Das Genre Heavy Metal gilt innerhalb der Musikszene als regelrechte Gelddruckmaschine, die zudem noch vergleichsweise gut und langfristig berechenbar ist – anders als der eher launische Pop-Markt.
Egal ob CDs, Schallplatten, Streams oder Umsätze mit Konzerttickets und Merchandising – laut den jeweiligen Branchenverbänden geben Metal-Fans überdurchschnittlich viel Geld für ihre Leidenschaft aus. Und sie gelten als markentreu. Das heißt, sie folgen ihren Lieblingsbands oft über Jahrzehnte. Viele der Bands sind auch schon sehr lange im Geschäft und entstanden in den 1970er- und 1980er-Jahren fast zeitgleich.
„Glückliches Händchen für den Zeitgeist“
Eine Parallele zur Welt der Wirtschaft, findet der Psychologe und Fachbuchautor Nico Rose: „Beispiele sind Microsoft, Apple, SAP oder auch Oracle. Diese Unternehmen sind alle in einem Zeitraum von zwei bis drei Jahren entstanden, weil es da eben ein kritisches Zeitfenster gab für Softwarefirmen. Und auch beim Metal sieht man, dass Bands wie Metallica, Slayer und Megadeth alle in einem bestimmten Zeitfenster entstanden sind.“ Manchmal brauche man als Gründer eben auch ein glückliches Händchen für den Zeitgeist, egal ob als klassischer Unternehmer oder als Musiker.
Die mit Abstand kommerziell erfolgreichste Band innerhalb der härteren Musik ist das US-Quartett Metallica, das im Lauf der Jahrzehnte laut der Fachzeitschrift ChartMasters 180 Millionen Alben (Downloads und bezahlte Streams eingerechnet) verkauft und mit Tourneen weit über eine Milliarde Euro umgesetzt hat.
Dauerbrenner sorgen für ausverkaufte Festivals
Auch beim diesjährigen Summer Breeze in Dinkelsbühl fielen viele der rund 130 auftretenden Bands in die Kategorie Dauerbrenner mit Umsatzgarantie, darunter In Extremo, Blind Guardian und Machine Head. Das Festival deckt zudem die sehr große Bandbreite von Spielarten unterhalb des Genre-Begriffs Heavy Metal ab.
Eine Vielfalt, die nach Einschätzung von Fachleuten wie Rose ebenfalls dafür sorgt, dass sich hier eine langlebige Szene entwickelt hat. Sie bezieht sich auf der einen Seite sehr konservativ auf Urväter wie Ozzy Osbourne und Black Sabbath, ist auf der anderen Seite aber auch offen für immer neue Sub-Genres.
Kritik an Investoren
Die wirtschaftliche Bedeutung der Metal-Szene haben inzwischen auch klassische Investoren entdeckt, die bisher keine große Nähe zur Musikszene hatten. Bekanntestes Beispiel ist das Wacken Open Air, das weltweit renommierte Metal-Festival, das Jahr für Jahr mehr als 80.000 Besucher aus aller Welt anlockt. Schon seit Jahren war es mehrheitlich im Besitz des britischen Veranstalters Superstruct Entertainment, der international rund 80 Festivals ausrichtet.
Im vergangenen Jahr übernahm dann der US-Finanzriese KKR die Mehrheit an Superstruct und damit auch am Wacken Open Air, was in der Fanszene durchaus auch für Kontroversen sorgte. KKR war in Deutschland auch am Medienhaus Springer und dem Rüstungsunternehmen Hensoldt beteiligt.
Das Summer Breeze dagegen wird von einem regionalen Mittelständler auf die Beine gestellt. Während des Festivals arbeiten bis zu 4.000 Menschen auf dem Gelände, viele davon kommen aus der Gegend um Dinkelsbühl.