Solna – In Europa treten immer häufiger Infektionskrankheiten auf, die durch Mücken übertragen werden. Das Europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) warnt, dass rekordverdächtige Ausbrüche von West-Nil-Virus-Infektionen (WNV) und Chikungunya-Virus-Erkrankungen auf eine „neue Normalität“ in Europa hindeuten.
Dieser Wandel sei auf klimatische und ökologische Faktoren wie steigende Temperaturen, längere Sommer, mildere Winter und veränderte Niederschlagsmuster zurückzuführen und mache eine „robuste und koordinierte Reaktion zum Schutz der öffentlichen Gesundheit in ganz Europa erforderlich“, hieß es aus der Behörde.
Im laufenden Jahr gab es in Europa bisher 27 Chikungunya-Ausbrüche – ein neuer Rekord für den Kontinent. Die Mücke, die das Chikungunya-Virus übertragen kann, ist laut ECDC mittlerweile in 16 europäischen Ländern und 369 Regionen heimisch – vor zehn Jahren waren es nur 114 Regionen. In Kombination mit dem zunehmenden internationalen Reiseverkehr erhöht diese Ausbreitung die Wahrscheinlichkeit lokaler Ausbrüche.
Auch die Verbreitung des West-Nil-Virus in Europa verändert sich kontinuierlich – in den vergangenen zehn Jahren wurde die Infektion jedes Jahr in neuen Gebieten nachgewiesen. In diesem Jahr wurden erstmals Infektionen in den italienischen Provinzen Latina und Frosinone sowie im rumänischen Kreis Sălaj gemeldet.
Europa verzeichnete damit die höchste Zahl an West-Nil-Virus-Fällen seit drei Jahren. Das ECDC geht davon aus, dass die Infektionszahlen weiter steigen und voraussichtlich im August oder September einen saisonalen Höhepunkt erreichen werden.
Auch das durch die Asiatische Tigermücke übertragene Denguefieber könnte künftig vermehrt ein Thema werden. Das berichtet eine französische Arbeitsgruppe im Fachmagazin Global Change Biology (2025; DOI: 10.1111/gcb.70414). Grund dafür sei, dass der Klimawandel den Lebensraum der Mücke erweitere.
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ECDC-Leitlinie zu Chikungunya und anderen
ECDC-Leitlinie zum West-Nil-Virus
Studie zu Dengue-Fieber in Global Change Biology
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Die ECDC empfiehlt den Menschen in den betroffenen Gebieten, insbesondere Älteren, Kindern und jenen mit geschwächtem Immunsystem, sich vor Mückenstichen zu schützen. Dazu gehören die Verwendung von Mückenschutzmitteln, das Tragen langärmliger Kleidung und langer Hosen, insbesondere in der Morgen- und Abenddämmerung sowie die Nutzung von Fliegengittern und Moskitonetzen.
„Europa tritt in eine neue Phase ein – die längere, umfassendere und intensivere Übertragung von durch Mücken übertragenen Krankheiten wird zur neuen Normalität“, sagte die Direktorin des ECDC, Pamela Rendi-Wagner. Das ECDC arbeite eng mit allen Mitgliedstaaten zusammen, um maßgeschneiderte Unterstützung und zeitnahe Leitlinien für die öffentliche Gesundheit bereitzustellen und so die Reaktion Europas zu stärken.