In Berlin-Lichtenberg kam es am Montag zu einem schweren Unfall: Ein 84-jähriger Autofahrer fährt auf einem Zebrastreifen eine Mutter mit Kinderwagen an. Die 29-Jährige und ihr zweijähriger Sohn wurden durch die Wucht des Aufpralls schwer verletzt ins Krankenhaus gebracht.

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Während die Mutter überlebte, starb das Kind später an den Verletzungen. Die Polizei ermittelt gegen den Fahrer wegen fahrlässiger Tötung. Unsere Leserinnen und Leser reagieren mit Betroffenheit und Wut. Sie stellen Fragen nach Verantwortung, fordern Konsequenzen – und schlagen Lösungen vor, wie solche Tragödien künftig verhindert werden könnten. Lesen Sie hier eine redaktionelle Auswahl von Stimmen aus der Tagesspiegel-Community.

(Redaktioneller Hinweis: Einige Kommentare wurden von Lesern verfasst, bevor der tragische Tod des Kindes bekannt gegeben wurde.)

YvonneD
In einer halbwegs normalen Welt wäre solch eine Nachricht auf der Titelseite bzw. prominent platziert. In unserer Welt ist es eine kleine Nachricht, hinter Techno, BVG, Wirtschaft. Ein kleines Kind fliegt durch die Luft, weil es von einem Autofahrer überfahren wurde. 

Wenn man sich das vorstellt, wie das ist für das Kind, das sich fünf Minuten vorher noch des Lebens gefreut haben wird; wenn man sich das vorstellt oder auch nur versucht es sich vorzustellen – dann muss solch eine Nachricht so hervorgehoben werden, dass der Schrecken alle Menschen innehalten lässt und sie denken macht: So etwas darf nicht passieren!

In Berlin ist das anders. Passiert halt. Eine kleine Nachricht, die sich einreiht in den Alltag. Ich hoffe so sehr, dass das Kind es überlebt und dann wieder Freude am Leben haben kann. Ich bin auch Autofahrer, aber ich kann nicht verstehen, dass Unaufmerksamkeit in Berlin so häufig ist, dass es normal ist, Menschen über den Haufen zu fahren. Ich will mich nicht daran gewöhnen, und ich will, dass die Stadt schreit, wenn so etwas passiert!

Subjektivus
Erstmal mein tiefes Mitgefühl mit der Familie des Kindes. Wie schrecklich muss es sein, wenn einem sein Kind so plötzlich genommen wird! Schon wieder fährt ein alter Mann ein Kind tot, unter gröbster Mißachtung aller Verkehrstegeln und des gesunden Menschenverstandes. Aber sobald man Fahrtüchtigkeitstests für alte Menschen fordert, empören sich sofort einige Mitkommentatoren: Seniorenbashing! Junge Männer verursachen viel mehr Unfälle! Sehtest sind doch nicht für alle nötig! U.s.w. und so fort.

Tauglichkeitstests sind keine Diskriminierung.

Tagesspiegel-Leser Subjektivus

Was stimmt mit Euch nicht?! Wir altern alle und bauen irgendwann ab. Tauglichkeitstests sind keine Diskriminierung, erst Recht nicht wenn sie der Sicherheit anderer dienen. Wie kann man so herzlos und egozentrisch sein, unter einem solchen Artikel nur herumzuplärren, wie ungerecht Tauglichkeitstests für alte Leute doch wären. Anstatt mal ein bisschen Einsicht und Selbstkritik zu zeigen. Das ist echt würdelos!

Ich bin übrigens für eine regelmäßige Überprüfung der Fahrfähigkeit aller Autofahrer – alle 10 Jahre (bei besonders jungen und besonders alten Fahrern in kürzeren Intervallen) nochmal zur Fahrprüfung, um erinnert zu werden, wie man fahren sollte. Täte den meisten ganz gut. Dazu viel mehr Kontrollen und schmerzhaft hohe Bußgelder.

Ann
Das ist jetzt innerhalb von vier Monaten (mind.) der vierte 84-jährige, der in Berlin einen schweren Unfall versursacht. Und das in einer Stadt mit sehr dichtem ÖPNV-Angebot, Taxen und anderen Fahrdiensten, in der man als hoch-betagter Mensch nicht selber fahren muss. Ich bringe keinerlei Verständnis für diese Fahrer auf. Mein Mitgefühl der Familie, die Opfer von diesem schrecklichen Ereignis.

Pepperli @Ann
Ich kann ihr Unverständnis nur zu gut verstehen. Viele ältere Menschen sind dermaßen unvernünftig und bar jeglicher Selbstkritik, gerade wenn es um das Führen eines Fahrzeugs geht, das hier unbedingt etwas von staatlicher Seite passieren muss. Und das ist nicht despektierlich gemeint. Ich bin 66 und bin immer gern und viel Auto gefahren, auch beruflich und Deutschlandweit. 

Seit 2010 fahre ich nur noch sehr selten. Seither merke ich, dass mir die Fahrroutine fehlt.

Tagesspiegel-Leserin Pepperli

Seit 2010 fahre ich nur noch sehr selten. Seither merke ich, dass mir die Fahrroutine fehlt. Der Verkehr ist noch dichter geworden und viele Autofahrer/innen fahren immer aggressiver. Aus diesem Grund beobachte ich meine eigene Fahrleistung sehr kritisch und werde mir im nächsten Jahr ein Sicherheitstraining verordnen. 

Es tut mir so leid für die junge Mutter, sie kann ihren kleinen Sohn nicht mehr aus dem Krankenhaus mit nach Hause nehmen, sondern wird ihn statt dessen beerdigen müssen. Was soll ich schreiben, der alte Herr hat sein Leben gelebt aber die Mutter verliert den Boden unter den Füßen und der kleine Junge hatte kaum die Chance zu leben.

Anakaleaka
Ich konnte meinen 88-jährigen Vater nur mit Mühe davon überzeugen, endlich den Führerschein abzugeben. Er fuhr mitten auf der Straße und entweder zu langsam oder viel zu schnell. Reaktionsvermögen: keines vorhanden.

fortschritt63
Jeder Hausarzt müßte angehalten sein, alternden Patienten hinsichtlich ihrer Fahrtüchtigkeit zu betrachten oder danach zu fragen, wenn das Auto noch genutzt wird. Unermessliches Leid ist hier wieder mal passiert, welches kaum zu heilen ist, wo jede Anteilname nötig und doch wieder zur Frage wird: Warum?

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Kuechenschabe
Ich gehe mit Herzklopfen und Schweißausbrüchen jeden Tag einkaufen. Und bitte mich deshalb nicht auslachen. Ich bin 69 Jahre alt, gut, aber langsam zu Fuß und fürchte mich sehr auf der Straße und auf dem Gehweg. Ich würde gerne aus Berlin wegziehen, wenn ich a) wüßte, wohin und b) das Geld für Umzug hätte, da ich ja gerade bewußt vor 1,5 Jahren in eine ruhige Gegend gezogen bin. Vermeintlich ruhig….denkste….

Lambizzel
Menschen ab 70 sollten einen Eignungstest machen müssen. Vermutlich würde das dazu führen, dass viele Menschen dann nicht mehr Auto fahren dürften. Aber das ist dann ja auch RICHTIG so.

Ich wäre mit 70 freiwillig der Erste, der das macht.

Tagesspiegel-Leser Lambizzel

Und dieses Gerede über Diskriminierung ist absurd: sollen wir Menschen fahren lassen, bei denen die Chance hoch ist, dass sie den komplexen Anforderungen des Straßenverkehrs nicht mehr gerecht werden, bloß, um niemanden zu diskriminieren? Das wäre fatal… scheint aber politischer Tenor zu sein. Ich wäre mit 70 freiwillig der Erste, der das macht.

Lillybiene @Lambizzel
Ich gebe zu, dass viele Autofahrer nicht wissen, wann es Zeit ist, den Schein abzugeben. Ich jedoch fürchte mich mehr vor Testosteron und von Angeberei gesteuerten Jungmännern am Lenkrad eines Fahrzeugs. Und davon gibt es für mein Empfinden mehr, als Rentner, die den Überblick verlieren. Auf jeden Fall wünsche ich der Betroffenen Mutter und dem Kind eine vollständige Genesung.

SchmobDibob
Das kann einfach nicht sein. Schon wieder. Und wir lernen nichts draus. Stattdessen erhöhen wir das Tempo noch. Das ist einfach zum kotzen. 

Der Großteil der Wählerschaft fährt kinderlos Auto.

Tagesspiegel-Leser SchmobDibob

Leider fehlen Kindern und deren Eltern die Lobby. Ich weiß nicht wie viele Briefe und Mails ich wegen schlechter Infrastruktur und Gefahrenstellen geschrieben habe, aber es interessiert einfach keinen. Wenn ich antworten bekam dann immer mit Verweis auf die Wichtigkeit des Verkehrsflusses. Der Großteil der Wählerschaft fährt kinderlos Auto. Es wird sich nichts ändern.  Ich bin resigniert und hoffe nur, dass es nicht mal meinen Kindern passiert. Es tut mir unendlich leid für die Familie.

InGedanken
Bin Befürworter eines regelmäßigen Checks der Fahrtüchtigkeit von älteren Kfz-Lenkern. Allerdings hat der ADAC festgestellt, dass von Senioren keine signifikant verringerte Fahrtüchtigkeit feststellbar ist und deren Unfallrate deutlich unter jener Altersgruppe um 20/plus liegt. Dennoch scheint mir dienlich der Verkehrssicherheit eine regelmäßige Prüfung der a) gesundheitlichen und b) mentalen Fahrtauglichkeit.

Florian
Ja, hochbetagte Menschen fahren oft nur noch bekannte Strecken und sehr vorsichtig. Aber nein, das reicht offensichtlich nicht aus, wenn man tonnenschwere und tödliche Maschinen durch dicht besiedeltes Gebiet steuert. Für die meisten Leute sind Taxifahrten sowieso billiger und komfortabler als ein eigenes Auto zu besitzen.

BR
In Berlin ist vielen offenbar nicht bekannt, welche Funktion Zebrastreifen haben. Vielleicht sollte man überlegen sie zu „beschranken“, analog zu Bahnübergängen? Auch bei denen kommt es ja, wenn unbeschrankt, immer wieder zu den übelsten Katastrophen.

Nasenbaer @BR
Vielleicht könnte man die Fußgängerüberwege so gestalten, dass sie höhengleich zum Gehweg sind, für den Autofahrer also eine Rampe bilden. Das würde den Autofahrer aus Eigeninteresse schon mal zum rechtzeitigen Reduzieren der Geschwindigkeit animieren. Des Weiteren wäre das ein eindeutiger Fingerzeig darauf, wer gerade wessen Areal betritt bzw. befährt. Und ja, ich kenne den Einwand, dass auch Rettungswagen da lang müssen. Und ja, ich habe das schon in diversen Ländern gesehen (z. B. in Frankreich, Norwegen, Dänemark), und ich denke, die haben sich das auch gut überlegt.

Hallore
In Frankreich gibt es in Orten viel mehr Zebrastreifen. Oftmals sind sie zu beiden Seiten mit Bodenwellen ausgerüstet, damit Autofahrer die Geschwindigkeit verringern oder aufwachen. Vielleicht ruft das den Autofahrern auch regelmäßig das Konstrukt Fußgängerüberweg in Erinnerung. Da könnte Deutschland doch mal vom Ausland lernen.

Jensen75
Genau über diesen Überweg hatte ich mich bei den Behörden bereits beschwert, da sich nach dessen Einrichtung ein baulicher Parkplatz innerhalb des 5m-Bereichs davor befindet. Die Situation ist dort unerträglich, wenn dort ein großes Fahrzeug parkt.

Es sollte auch über eine Anklage gegen die Verantwortlichen in der Verwaltung nachgedacht werden

Tagesspiegel-Leser Jensen75

Ich bin der Meinung, hier sollte auch über eine Anklage gegen die Verantwortlichen in der Verwaltung nachgedacht werden, da sie ganz klar mitverantwortlich für diesen Unfall sind (Einrichtung eines nicht-STVO konformen Übergangs mit Unfallfolge). Und der Parkplatz muss unverzüglich entfernt werden, damit die Sichtbeziehungen für alle gewährleistet sind und die STVO eingehalten werden kann.

DaW
Vielleicht sollten Politik und Polizei einfach mal ihren verdammten Job machen, dann kann man nämlich die Verkehrssicherheit deutlich steigern. Die Maßnahmen sind bekannt: langsamere Geschwindigkeiten (und die auch durchsetzen), eine bessere Infrastruktur für aktive Mobilität etc. Nur wird das vom Berliner Senat vor allem als „grüne Ideologie“ abgetan, und so geht das Blutvergießen munter weiter.

LieberHumanismus
Herzzerreißend! Das arme Kind, die arme Mutter sowie der Rest der Familie! Können wir bitte strenger werden? Heißt: Sowohl Menschen, die in der Stadt Wettrennen auf Kosten anderer fahren neben Haftstrafen (am besten für immer, aber wenigstens für sehr lange) den Führerschein zu entziehen als auch ab einem Alter, das von Sachverständigen festzulegen wäre, Menschen auf ihre Fahrtauglichkeit zu prüfen. Und hohe Geldstrafen bei zu schnellem Fahren und anderen Verstößen gegen die StVO sollten wir uns als Gesellschaft langsam auch trauen.

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Scheuer
Die Deutsche Autolobby, mit CDU/CSU in der Spitze, hat einen weiteren Menschen auf dem Gewissen. Dieser Wahnsinn wird niemals aufhören, so lange diese Menschen an der Macht sind. Es ist Zeit, den Autoverkehr in Deutschland endlich strikt den Bedürfnissen der Menschen zu unterwerfen. Tempolimit 100 auf Autobahnen, 20 in Städten in denen Menschen unterwegs sind, Obligatorische Tauglichkeitsteste für ALLE Autofahrenden. Ein Zweijähriger! Und die Autolobby faselt von Freiheit. 

Deutschland opfert Kinder für den unheilbaren Autowahn dieser Nation.

Tagesspiegel-Leser Scheuer

Ich hoffe, die Verantwortlichen werden irgendwann einmal Gelegenheit bekommen, mit diesem Zweijährigen über seine Freiheit, über sein für ihre Bedürfnisse geopfertes Leben zu sprechen. Es ist so unendlich traurig. Deutschland opfert Kinder für den unheilbaren Autowahn dieser Nation.

GEO65
Es zeigt sich immer wieder: Das Auto als Privattaxi ist nicht kompatibel zu einer Stadt!

Skunk
Ich erlebe oft genug, dass Zebrastreifen nicht mehr ernst genommen werden von Autofahrern. Unabhängig von Alter und Geschlecht. Ich weiß nicht, ob man hier so gegen ältere Autofahrer wettern muss…