Berlin. Verkehrssenatorin Ute Bonde will das Anwohnerparken reformieren. Der Vorschlag für Mehrzonen-Ausweise lässt aufhorchen. Ein Pro & Contra.

Berlins Autofahrerinnen und Autofahrer könnten Parkausweise in naher Zukunft womöglich für mehrere Bereiche in der Hauptstadt beantragen. Das sieht das erwartete Gesamtkonzept zum Anwohnerparken vor. Aktuell kann in Berlin pro Auto nur ein Anwohnerparkausweis für eine bestimmte Parkzone beantragt werden. Für alle anderen Bereiche mit Parkraumbewirtschaftung müssen Parktickets gezogen werden. Das dürfte sich ändern – zumindest in bestimmten Fällen. Da stellt sich die Frage:

Anwohnerparkausweis für mehrere Zonen: Ein guter Vorschlag?

PRO von Heike Dietrich

Heike Dietrich.

„Erweiterte Parkerlaubnis – das ist praktisch für viele Autofahrer“

Heike Dietrich

Leitende Redakteurin

Ute Bonde hat sich als Verkehrs- und Umweltsenatorin offenbar vorgenommen, die Sommerferien mit Nachrichten aus ihrem Ressort zu fluten. Magnetschwebebahn zum BER; Geld für Parkläufer streichen, Krisengespräch mit der S-Bahn – mindestens zwei dieser drei aus den letzten Tagen geäußerten Themen sind, gelinde gesagt, umstritten.

Am Mittwoch droppte die Senatorin dagegen eine Nachricht, die aufhorchen lässt: Anwohnerparkausweise könnten auf Antrag künftig für mehr als eine Parkzone gelten. Das sehe das erwartete Gesamtkonzept zum Anwohnerparken vor, sagte Bonde der Nachrichtenagentur dpa. „Ich muss auch berücksichtigen, dass Menschen nicht nur dort parken möchten, wo sie wohnen, sondern häufig auch einen bestimmten anderen oder zwei bestimmte andere Punkte haben in der Stadt, wo ihr Verkehrsbedürfnis sie immer wieder hinführt“, sagte Bonde. Endlich eine gute Idee! Nicht ganz neu, aber dennoch sinnvoll.

Ausweichen in andere Parkzone wird teuer

Wer wie ich in einem Innenstadt-Gebiet lebt, in dem sehr viele Menschen Parkplätze suchen, weiß, warum erweiterte Parkausweise praktisch sein können: Wenn am Sonntag der Mauerpark von nicht ansässigen Besuchern heimgesucht wird, ist es oft über Stunden schwer, trotz eines Anwohnerparkausweis‘ einen Platz für das Auto zu finden. Mitunter müssen wir dann in die nächste Parkzone ausweichen – und dort natürlich extra zahlen. Eine erweiterte Parkerlaubnis wäre da hilfreich. Auch wer regelmäßig mit dem Auto zu einer zweiten Adresse fahren muss, könnte profitieren: Der Besuch bei den Eltern in einem anderen Bezirk oder auch der Weg zur Arbeit könnte für manche erleichtert werden.  

Das Konzept soll noch im laufenden Jahr vorgestellt werden: „Und zwar dann zwischen den Regierungsfraktionen abgestimmt“, erklärte Bonde der dpa. Denn auch eine drastische Erhöhung der Parkgebühren von pro Jahr 10,20 Euro auf 80 bis 120 Euro könnte kommen. Und diese ist dann sicher wieder umstritten.

CONTRA von Pascal Biedenweg

Pascal Biedenweg

„Mehrzonen-Ausweise würden nicht mehr Ordnung, sondern mehr Chaos schaffen“

Pascal Biedenweg

Digital Lead

Mehr Zonen, mehr Freiheiten? Das klingt zunächst nach Entlastung – in Wahrheit droht das genaue Gegenteil. Der Sinn eines Anwohnerparkausweises ist, die eigene Nachbarschaft vor übermäßigem Parkdruck zu schützen. Wenn aber plötzlich auch Fremde mit Sondergenehmigung hier stehen dürfen, wird dieser Schutz löchrig. Für die, die wirklich dort wohnen, verschärft sich die Parkplatzsuche am Ende nur noch.

Die Idee verkennt außerdem die Grundlogik: Parken in Berlin ist kein Grundrecht, sondern ein knappes Gut. Wer heute nicht in seiner Zone fündig wird, hat eben Pech – das mag ärgerlich sein, ist aber ehrlich. Mehr Ausweise zu verteilen, löst das Problem nicht, sondern verteilt es neu. Am Ende sind alle Zonen gleich überfüllt.

Sowohl ökologisch als auch bürokratisch ein Albtraum

Auch ökologisch sendet das Konzept das falsche Signal. Anstatt Menschen dazu zu bewegen, weniger auf das Auto angewiesen zu sein, schafft man neue Anreize, noch öfter quer durch die Stadt zu fahren. Wer mit Parkausweisen pendelt oder den Zweitwohnsitz ansteuert, erhöht den Verkehr – und trägt nichts dazu bei, die Straßen zu entlasten.

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Und nicht zuletzt: Bürokratisch wird es ein Albtraum. Wer entscheidet, welches „Verkehrsbedürfnis“ anerkannt wird? Wie will man Missbrauch verhindern? Schon heute ächzen die Ämter unter Anträgen und Formularen. Mehrzonen-Ausweise würden nicht mehr Ordnung, sondern mehr Chaos schaffen – und das können weder Autofahrer noch Verwaltung gebrauchen.

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