Start einer Weltkarriere

Auf St. Pauli machten die Beatles ihre ersten Schritte

t-online, dpa, Eckart Gienke

20.08.2025 – 14:43 UhrLesedauer: 4 Min.

Die "Fab Four" im Studio (Archivbild): George Harrison (v.l.), Paul McCartney und John Lennon begannen ihre Karriere auf der Reeperbahn – zunächst noch ohne Ringo Starr (2.v.l.).Vergrößern des Bildes

Die „Fab Four“ im Studio (Archivbild): George Harrison (v.l.), Paul McCartney und John Lennon begannen ihre Karriere auf der Reeperbahn – zunächst noch ohne Ringo Starr (2.v.l.). (Quelle: IMAGO / Cinema Publishers Collection)

Vor 65 Jahren treten vier Jugendliche aus Liverpool erstmals in Hamburg auf. Von der Reeperbahn aus erobern die Beatles wenig später die Welt. Ein Musiker fehlt anfangs noch.

Am Abend des 17. August 1960 betreten fünf junge Engländer die Bühne des Musikclubs „Indra“ auf der Großen Freiheit im Hamburger Rotlichtviertel St. Pauli. Es lässt sich nicht mehr rekonstruieren, mit welchem Song John Lennon, Paul McCartney, George Harrison, Stuart Sutcliffe und Pete Best den Abend eröffnen, aber es war mit Sicherheit ein bekannter Rock’n’Roll-Kracher – vielleicht von Little Richard, Gene Vincent oder Chuck Berry. Mit Balladen hätte das Publikum aus Prostituierten, Zuhälter, Kleinkriminellen und Rockern wenig anfangen können.

In der Nacht zuvor hatten die fünf Musiker gemeinsam mit ein paar Reisegefährten die Hansestadt erreicht – nach einer 36-stündigen Reise in einem alten grünen Aston-Bus. Von Liverpool ging es über London zur Fähre nach Harwich. In Hoek van Holland betraten „The Beatles“ erstmals ausländischen Boden. So nennt sich die Band seit Kurzem – unter diesem Namen sollten drei der fünf jungen Männer zu Idolen ihrer Generation werden.

Der Vierte, Ringo Starr, kam wenig später mit einer Konkurrenzband nach Hamburg. Dort lernten sie sich kennen. Ihr Einfluss auf die populäre Kultur der sechziger Jahre – nicht nur auf die Musik – ist enorm und bis heute spürbar.

Doch bis dahin war es ein weiter Weg. Der Anfang ihrer Karriere war wenig glamourös. Die Arbeit war hart, die Gage gering. Viereinhalb Stunden spielten sie täglich auf der Bühne, an Wochenenden sogar noch länger. Der Älteste, Stuart Sutcliffe, war gerade 20, der Jüngste, George Harrison, erst 17 Jahre alt. Sie sprachen kein Deutsch und lebten in zwei fensterlosen Abstellräumen neben der Herrentoilette eines Kinos. Die strapaziösen Tage und Nächte überstanden sie nur mit Aufputschmitteln.

Und doch veränderte dieser erste Hamburg-Aufenthalt die Band grundlegend: Sie wurden deutlich bessere Musiker. „In Hamburg wurden wir erwachsen“, sagt John Lennon später. Weil ihr Repertoire kaum für mehr als eine Stunde reichte, mussten sie improvisieren und Songs mit Solo-Einlagen strecken. Sie nahmen neue Stücke ins Programm auf und arbeiteten an ihrer Bühnenpräsenz.

Auch begannen sie, eigenes Material zu entwickeln – allen voran die talentierten Songschreiber Lennon und McCartney. „Doch sie trauen sich nicht, eigene Stücke auf der Bühne zu präsentieren“, sagt Stefanie Hempel, eine der führenden Beatles-Expertinnen in Deutschland. Es fehlte noch an Selbstvertrauen, um neben den Größen des Rock’n’Roll zu bestehen.

Im Oktober 1960 wechselte die Band für einige Wochen in den „Kaiserkeller“. Das erste Beatles-Gastspiel in Hamburg dauerte insgesamt ein Vierteljahr und endete mit einem Eklat. Die Band wollte den Vertrag mit dem Clubbetreiber lösen, um im „Top Ten“ aufzutreten – einem größeren Club mit besseren Bedingungen. Doch ihr Arbeitgeber meldete die Beatles bei den Behörden.