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14 Katzen landen auf einen Schlag in einem NRW-Tierheim – obwohl es schon seit Wochen überfüllt ist. Die Situation in der Quarantäne führt zur totalen Verzweiflung.

Bochum – Es ist für alle unerträglich. Für die Katzen, die in kleinen Quarantänezimmern und noch kleineren Quarantäneboxen mit zu vielen anderen leben müssen. Und für die Tierheimmitarbeiter, die verzweifelt sind und nicht mehr wissen, wohin mit all den Katzen.

Auf der Katzen-Quarantänestation im Tierheim Bochum ist alles belegt. So viele Aufnahmen machen den Tierheimalltag zur kräftezehrenden Herausforderung.Auf der Katzen-Quarantänestation im Tierheim Bochum ist alles belegt. So viele Aufnahmen machen den Tierheimalltag zur kräftezehrenden Herausforderung. © Tierheim Bochum

Das Tierheim Bochum ist überfüllt. Vor wenigen Tagen schlugen die Tierschützer auf Facebook „Alarm im Tierheim“: 110 Katzen waren es am Sonntag, 17. August, dabei war erst kürzlich bei 100 Katzen die Rede von „wir sind voll“. Zehn Katzen mehr also, wie macht das Tierheim das? Wo kommen die Tiere noch unter, wie finden sie Platz, wie kann sich noch gekümmert werden?

Über und über von Flöhen befallene Kitten und Mamas ausgesetzt

Besonders schlimm: Unter den 14 neuesten Katzen waren auch über und über von Flöhen befallene Kitten aus zwei Würfen, ausgesetzt mit ihren Mamas. Zwei der Kleinen waren in kritischem Zustand. „Eines ist leider gestorben“, berichtet Tierpflegerin Sophie Reifer im Gespräch mit wa.de. Sie klingt traurig. Und auch die Überfüllung im Quarantänehaus lässt sie verzweifeln.

Neu angekommene Katzen sind dort in der Regel für rund zwei Wochen. „Wenn es gut läuft und sie nichts haben“, sagt sie. „Aber die Jungen bleiben, bis sie geimpft und gechipt werden“ – und das passiere erst mit circa acht Wochen. Eine lange Zeit, erst recht, wenn alle Boxen und Zimmer voll sind.

Erst außerhalb der Quarantäne kann dann eine Vermittlung stattfinden. Und was passiert nun, wenn eine neue Katze ankommt? Vielleicht sogar wieder ein ganzer Wurf? „Dann haben wir ein Problem“, sagt Sophie Reifer trocken. „Das Amt weiß, dass wir voll sind, aber wir können nur hoffen, dass aktuell nichts kommt.“

Alles belegt: Die Quarantäneboxen für Katzen sind voll, die -zimmer ebenfalls, es geht nichts mehr.Alles belegt: Die Quarantäneboxen für Katzen sind voll, die -zimmer ebenfalls, es geht nichts mehr. © Tierheim Bochum

Trotzdem: Alleine seit Montag sind vier neue ausgesetzte Katzen im Tierheim angekommen. Sie alle müssen erst mal in Quarantäne. Und ausweichen auf andere Tierheime ist auch nicht: Die Situation sehe überall gleich aus, sagt Tierpflegerin Reifer. So hatte erst vor wenigen Tagen zum Beispiel das Tierheim Düsseldorf eine ähnliche Situation geschildert.

Konkret heißt das: Wenn ein Ordnungsamt-Fall vorliegt, weil ein Tier ausgesetzt wurde oder eine Katze sichergestellt werden muss, dann entscheidet auch das Amt, welches Tierheim gefragt wird. Im Facebook-Post des Tierheims Bochum heißt es auch: „Wenn das Amt anruft und sagt: ich weiß ihr seid voll, aber…“ – ein Satz, der die volle Verzweiflung der Tierschützerinnen ausdrückt. Doch wenn ein Tier etwa wegen Allergie oder „keine Zeit mehr“ abgegeben werden soll, dann sagt das Tierheim Bochum im Moment nein, wie Reifer erzählt.

Mehr Vermittlungen gleich mehr Platz im Tierheim, neues Haus wird gebaut

Eine Situation, die so nicht tragbar ist. Denn natürlich führt das zu mehr Aussetzungen, mehr Fällen also, in denen dann wiederum das Ordnungsamt anfragen könnte.

Helfen können da mehr Vermittlungen, denn mehr Platz im Tierheim bedeutet eventuell auch mehr Platz für Quarantäne-Fälle. Und: ein neues Quarantänehaus. Dieses ist in Planung, der Bau soll im kommenden Jahr beginnen – und ist mit rund 2,8 Millionen Euro angepeilt. Eine Summe, die das Tierheim eigentlich nicht stemmen kann. „Die Stadt unterstützt uns da leider nicht“, ergänzt Sophie Reifer. „Wir sind da auf jeden Fall auf Spenden angewiesen und wirklich froh über jeden Cent.“ Feste, wie das Herbstfest am 6. September, sollen beim Spendensammeln helfen, mit Essensständen und Hunde-Equipment.

Charakterkatze Mariechen ist ein Notfall: Wer schenkt ihr ein Zuhause?

Noch sind die kleinen neu angekommenen Kätzchen nicht vermittelbar. Viele sind sogar noch mehrere Wochen zu jung, um überhaupt von der Mama wegzudürfen. Doch mehrere Kitten und viele ältere Katzen warten schon auf die Vermittlung. Da wäre zum Beispiel Mariechen, die Tierpflegerin Sophie Reifer besonders am Herzen liegt.

Mariechen ist circa zehn Jahre alt, schwarz und erst mal keine Kuschelkatze – Voraussetzungen, die es ihr schwermachen. Sie ist ein kleiner Notfall.Mariechen ist circa zehn Jahre alt, schwarz und erst mal keine Kuschelkatze – Voraussetzungen, die es ihr schwermachen. Sie ist ein kleiner Notfall. © Tierheim Bochum

Mariechen ist geschätzt zehn Jahre alt, schwarz und eine „Charakterkatze“, wie Reifer sie liebevoll nennt. Denn Mariechen mag nicht sofort jeden. Ihre Liebe muss sich der neue Mensch ein bisschen verdienen, „sie erwartet erst mal Respekt“, sagt Reifer, und: „Ich find das ja spannend und sehr sympathisch, sie will halt erobert werden.“ Allerdings geht Mariechen deswegen total unter im Tierheim. Dazu noch die schwarze Fellfarbe, die viele abschreckt. Ein kleiner Notfall also, der auf sein Für-immer-Zuhause hofft.