Bereits im vergangenen Dezember hat der Gemeinderat beschlossen, dass Sex-Arbeit im bisherigen Rotlichtviertel von Stuttgart verboten wird. Der neue Bebauungsplan ist zwar seit acht Monaten in Kraft, doch das friedliche Miteinander von Gewerbe, Gastronomie und Wohnen, wie es sich das Rathaus ganz ohne Laufhäuser vorstellt, ist noch in weiter Ferne.

Bis die Prostitution im Leonhardsviertel endet, werden noch viele Gerichtsinstanzen zu durchlaufen sein. Und sollten aus den letzten Bordellen irgendwann mal neue Bars werden, ist keineswegs garantiert, dass es harmonischer zugeht in einem der ältesten Quartiere der Stadt, wie der jüngste Streit zeigt.

Clubs kämpfen ums Überleben

Die Uhu-Bar ist Symbol für einen größeren Konflikt: Wo hört Bar auf, wo fängt Club an? Stuttgarter Clubbetreiber – weit über die Altstadt hinaus – sind hellhörig geworden nach dem Bericht unserer Zeitung über den Zoff im Leonhardsviertel. Denn Clubs kämpfen, seit Corona das Ausgehverhalten verändert hat, ums Überleben. Sie haben strenge Brandschutz– und Lärmschutzauflagen, zahlen DJs und Personal, verlangen Eintritt – und sehen, wie Bars ohne dieselben Lasten und ohne Eintrittspreise plötzlich „auf Club machen“. Das ist in der Tat eine Verzerrung des Wettbewerbs.

Gleichzeitig treffen Orte wie die Uhu-Bar einen Nerv: Junge Leute suchen niedrigschwellige, diverse Räume, die nicht wie ein klassischer Großclub funktionieren. Da geht es um Gemeinschaft, um Kunst, um ein alternatives Lebensgefühl – etwas, das der Stadt neue Impulse geben kann.

In manchen Nächten sitzen Partygäste aus der Leonhardstraße zum Feiern. Foto: privat

Wenn Bars aber weiter bis in die frühen Morgenstunden mit lauter Musik in Grauzonen feiern, verlieren am Ende alle – Anwohner den Schlaf, Clubs ihre Existenz, Bars ihre Lizenz. Die Folge könnte sein, dass Stuttgarts Nachtleben nur noch aus Stillstand und Streit besteht – ein Szenario, das niemand wollen kann. Wer ins Leonhardsviertel zieht, muss freilich wissen, dass sich seine Wohnung nicht in einem ruhigen Naherholungsgebiet befindet.

Fürs Partymachen gilt: Wer Stuttgart lebendig halten will, muss sich an Regeln halten – und diese müssen kontrolliert werden. Dennoch sollten die Kontrollen der Gaststättenbehörde mit Augenmaß erfolgen. Die Zeiten haben sich geändert. Stuttgart braucht Vielfalt, aber keinen Wildwuchs. Fairer Wettbewerb und klare Regeln sind wichtig – sonst stirbt die Nachtkultur, die eigentlich alle erhalten wollen.