Was nach einer Binsenweisheit klingt, ist durch Experimente gut belegt. Eines der bekanntesten führte der Psychologe Marc Berman bereits 2008 an der University of Michigan in Ann Arbor durch. Er schickte Student:innen entweder durch einen Park oder durch die belebte Innenstadt. Das Ergebnis war eindeutig: Nach dem Spaziergang im Grünen stieg die Leistung in Aufmerksamkeits- und Gedächtnistests um fast 20 Prozent.

Sanfte Faszination statt Reizüberflutung

Die gängigste Erklärung für diesen Effekt ist die „Attention Restoration Theory“ (ART), auf Deutsch etwa Aufmerksamkeits-Wiederherstellungs-Theorie. Entwickelt wurde sie von den Psychologen Rachel und Stephen Kaplan, ebenfalls an der University of Michigan. Ihre Prämisse lautet, dass unsere Fähigkeit zur bewussten Konzentration eine begrenzte Ressource ist.

Städtische Umgebungen mit ihrem Verkehr, der Werbung und den Menschenmengen überfordern diese Ressource. Die Natur hingegen übe eine „sanfte Faszination“ aus, die unsere Aufmerksamkeit mühelos fesselt, ohne sie zu erschöpfen. Das Betrachten von Blättern im Wind oder Wellen am Strand erlaube dem Gehirn, sich zu regenerieren, so die Forscher:innen.

Moderne Technik bestätigt den Effekt

Neuere Untersuchungen stützen diese Beobachtungen mit neurobiologischen Daten. Die Forscherin Amy McDonnell von der University of Utah in Salt Lake City wiederholte ein ähnliches Experiment wie Berman, zeichnete die Gehirnströme der Teilnehmer:innen aber mittels EEG auf. Wie die New York Times berichtet, zeigten die Messungen nach dem Natur-Spaziergang eine geringere Gehirnaktivität – ein klares Zeichen für Erholung.

Bei den anschließenden Konzentrationstests reagierte das Gehirn der „Natur-Gruppe“ jedoch mit deutlich stärkeren Aktivitätsspitzen. McDonnell interpretiert dies so, dass das Gehirn „effizienter und stärker als zuvor zurückkam“.

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Ein Rätsel mit vielen Theorien

Trotz der klaren Datenlage ist die genaue Ursache für den Effekt umstritten. Gloria Mark, Professorin für Informatik an der University of California in Irvine, bestätigt zwar die positive Wirkung, betont aber auch: „Wir wissen nicht, ob die Attention Restoration Theory die wirkliche Erklärung für das ist, was vor sich geht.“ Einige Aspekte der Theorie seien wissenschaftlich noch etwas vage.

Empfehlungen der Redaktion

Marc Berman selbst vermutet, dass die physikalischen Eigenschaften der Natur eine Rolle spielen. Weiche, gekrümmte Linien und fraktale Muster, wie sie in Pflanzen oder Schneeflocken vorkommen, könne unser Gehirn leichter verarbeiten als die harten Kanten der urbanen Architektur. Andere Forscher:innen bringen weitere Faktoren ins Spiel: die Abwesenheit von Arbeitsstress, bessere Luftqualität, die körperliche Bewegung oder sogar olfaktorische Reize, also die von Bäumen abgesonderten Duftstoffe.

Letztlich könnte es die Kombination all dieser Elemente sein, die den positiven Effekt ausmacht, wie Ruth Garside, Professorin an der University of Exeter Medical School in England, anmerkt. Für alle, die im digitalen Alltag nach einem Weg suchen, ihre kognitiven Akkus wieder aufzuladen, bleibt die Erkenntnis dennoch wertvoll. Ein bewusster Spaziergang im Grünen ist mehr als nur eine Pause – er ist eine nachweislich wirksame Methode, um die eigene mentale Leistungsfähigkeit zu erhalten, auch wenn die Wissenschaft das letzte Detail dahinter bisher nicht entschlüsselt hat. Dieses Vorgehen ist ein fundamentaler Bestandteil jeder Strategie zum Digital Detox.

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