Unerwünschte Berührungen im Intimbereich, Exhibitionismus, unerlaubte Fotografien bis hin zu Vergewaltigungen: Wer im Sommer 2025 Nachrichten über deutsche Freibäder liest, findet wenig von Badespaß und Sonnenbräune, aber immer mehr über „Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung“, wie das Tatfeld juristisch heißt. Negativer Höhepunkt: Die Entführung eines sechsjährigen Mädchens aus einem Erlebnisbad in Baden-Württemberg. Der Täter, ein 31-jähriger Mann, brachte sein Opfer in ein nahegelegenes Waldstück und missbrauchte es dort. Er wurde eine knappe Woche nach der Tat festgenommen.

Und in München? Auch hier sind die Freibäder voll, die Ufer der Badeseen dicht belegt, auch im Eisbach im Englischen Garten, in dem schwimmen eigentlich verboten ist, wird kräftig geplanscht. Die Stadtwerke München, die die städtischen Freibäder betreiben, und die Polizei sprechen übereinstimmend davon, dass das Problem hierorts ein kleines sei, dass nur wenige Fälle überhaupt geahndet werden müssen.

So wie im Jahr 2022 – da wurde ein 24-Jähriger im Westbad erwischt, wie er in den Umkleidekabinen unter den Trennwänden Frauen beim Umziehen filmte. Eine Frau hatte das bemerkt und das Personal verständigt – und glücklicherweise war gerade ein Polizist als Badegast an Ort und Stelle, der bei der Festnahme des Spanners half. 2023 hatte ein 79-jähriger Mann im Schwimmbad in Unterschleißheim, also im Zuständigkeitsbereich der Münchner Polizei, ein 12-jähriges Mädchen begrapscht. Das Mädchen hatte sich erst zu Hause seinen Eltern anvertraut, die erstatteten Anzeige. Beim nächsten Badbesuch wurde der Grapscher festgenommen.

Die Polizei hat in einer Statistik festgestellt, dass im Jahr 2024 exakt 28 einschlägige Straftaten zur Anzeige kamen, also „Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung an Badestränden, in Freibädern und Badeanstalten“. Darin sind also nicht nur offizielle – und damit überwachte – Bademöglichkeiten enthalten, sondern auch „private“ wie der Flaucher. Zudem unterscheidet die Zählung nicht zwischen erwachsenen und minderjährigen Geschädigten. „In München ist es aber tatsächlich kein großes Problem“, sagt ein Polizeisprecher.

Die Stadtwerke klingen ähnlich – und führen das natürlich auf ihre Ausbildungs- und Präventionsarbeit zurück. So würden Hauptamtliche wie Saisonkräfte vor Beginn der Badezeit geschult und sensibilisiert, vor allem auch, was illegale Filmaufnahmen betrifft: Ein einzelner Mann mit Handy oder Kamera am Kinderbecken? Das sollte für die Aufsicht zumindest Anlass sein, dort genauer hinzuschauen. Die Täter sind so gut wie ausschließlich Männer, wie eine bayernweite Statistik des Landeskriminalamts zeigt.

Die Wasserwächter erhalten zudem Informationen über den Umgang mit Opfern wie mit Tätern – die Maßnahmen reichen vom Verweis aus dem Bad, Hausverbot in allen acht städtischen Frei- und neun Hallenbädern bis zur Anzeige bei der Polizei. Insgesamt, so die Stadtwerke, verfolgten sie in ihren Bädern in Bezug auf sexuelle Belästigung eine „Null-Toleranz-Politik“.

Badegäste sollen verdächtige Situationen melden oder im Notfall selbst eingreifen

Dazu gehört auch die Einbeziehung der anderen, vor allem der erwachsenen Badegäste. Die Stadtwerke arbeiten dabei mit der Arbeitsgemeinschaft „Münchner Fachstellen Prävention und Hilfen für Kinder bei sexueller Gewalt“ zusammen, unter dem Motto „Schwimmbadaktion – Augen auf!“ Mit Plakaten und Flyern werden die Badenden aufgefordert, nicht wegzusehen, wenn Jungen oder Mädchen in Not geraten. Stattdessen sollen sie selber eingreifen oder das Personal verständigen – also etwas tun, um den Täter zu stören und Schaden möglichst zu verhindern.

Diese Maßnahmen scheinen tatsächlich dazu beizutragen, die Zahl der Vorfälle in München relativ niedrig zu halten: Während das Landeskriminalamt für das Jahr 2024 und ganz Bayern bei 227 Fällen einen Anstieg von 18 Prozent gegenüber dem Vorjahr zählt, sind die Münchner Zahlen laut Polizei – ohne absolute Zahlen zu nennen – im ersten Halbjahr 2025 um mehr als 70 Prozent gesunken.