Je länger Russlands Invasion in der Ukraine dauerte, desto unabhängiger wurde Kiew von westlichen Waffenlieferungen. Drohnen, Minen, Artillerie – all das stellt die Ukraine inzwischen mindestens teilweise selbst her, wie Militäranalyst Franz-Stefan Gady dem Tagesspiegel kürzlich erklärte. Nun produziert die Ukraine offenbar auch sehr weit reichende Marschflugkörper.

„Sie ist derzeit unsere erfolgreichste Rakete – sie kann 3.000 Kilometer weit fliegen, was bedeutend ist“, behauptete der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj in einer am Donnerstag verbreiteten Erklärung. Er sprach von erfolgreichen Tests dieser neuen Waffe namens „Flamingo“. Die Massenproduktion könne spätestens im Februar beginnen.

Videos zeigen Flamingo-Start

Zuvor schrieb ein Journalist der Agentur Associated Press über diese unbemannten Lenkflugkörper mit Antrieb, eigener Zielsteuerung und großer Zerstörungskraft. Danach gab es weitere Berichte, unter anderem vom ukrainischen Newsportal „Dzerkalo Tyzhnia“. Die ukrainische Eigenentwicklung hat – zumindest auf manchen Bildern – eine auffällige rote Spitze. Videos sollen einen Start des Flamingo-Marschflugkörpers zeigen.

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„Dzerkalo Tyzhnia“ sprach mit der ukrainischen Waffenfirma FirePoint, dem Hersteller des Flamingos. Den Berichten nach sind folgende Spezifikationen bisher über den neuen Marschflugkörper bekannt:

Der FP-5 Flamingo

  • 1.150 Kilogramm schwerer Sprengkopf
  • Reichweite mehr als 3000 Kilometer
  • Geschätzte Länge: 12-14 Meter
  • Schutz vor elektronischen Ablenkungsmaßnahmen
  • Start über eine kurze Schiene auf einem Lkw-Anhänger

So weit fliegt bisher nichts im Ukraine-Arsenal

Damit scheint klar: Der Flamingo fliegt den Angaben nach deutlich weiter als alle ukrainischen Raketen, Drohnen und auch als die aus dem Westen gelieferten Marschflugkörper Storm Shadow beziehungsweise Scalp.

Das zeigt ein kurzer Vergleich: Die westlichen Marschflugkörper haben eine Reichweite zwischen 250 und mehr als 500 Kilometer – je nachdem, ob es sich um Exemplare mit oder ohne Distanzbeschränkung handelt. Auch der deutsche Marschflugkörper Taurus, den die Merz-Regierung bisher offenbar nicht an die Ukraine geliefert hat, fliegt laut Herstellerangaben nur gut 500 Kilometer weit.

Ein anderer ukrainischer Marschflugkörper namens „Neptun“ soll in der neuesten Version 1000 Kilometer weit kommen, behauptete Selenskyj. Mit ihren Drohnen kann die Ukraine eigenen Angaben zufolge maximal 2000 Kilometer überbrücken.

Moskau ist in Reichweite, aber …

„Dzerkalo Tyzhnia“ berichtete, dass Flamingo-Marschflugkörper bereits Ziele auf russischem Territorium getroffen haben. Mit ihrer Reichweite könnten die Flamingos auch bis ins Zentrum der russischen Hauptstadt fliegen, das ungefähr 500 Kilometer von der nördlichen ukrainischen Landesgrenze entfernt liegt. Ein Flamingo-Start wäre angesichts der Distanz bis nach Moskau auch aus dem Landesinnern der Ukraine heraus noch problemlos möglich.

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Mehrfach schickte die Ukraine bereits Drohnen nach Moskau. Doch ob ein solcher Angriff mit einem ungleich zerstörerischen Flamingo militärisch sinnvoll wäre, darf bezweifelt werden.

Einsatz gegen Drohnenfabriken

Die 3000-Kilometer-Reichweite des Flamingos erscheint auch gar nicht so entscheidend, wenn man realistische, potenzielle Ziele für den neuen Lenkflugkörper betrachtet.

Der auf Waffen spezialisierte Analyst und Autor H I Sutton geht davon aus, dass die Ukraine „weitläufige Drohnenfabriken“ der Russen mit den Flamingos angreifen könnte. Diese Anlagen sind für die kleinen Sprengköpfe der ukrainischen Drohnen nämlich zu groß.

Eine Schwächung der russischen Produktionskapazitäten im Bereich der Drohnen hat für Kiew eine hohe Priorität, da ukrainische Städte täglichen Luftattacken ausgesetzt sind. Auch an der Front sind Drohnen zu einer entscheidenden Waffe in diesem Krieg geworden.

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Sutton meint, dass die Flamingos für die Ukraine eine Lücke gegenüber der russischen Armee schließen und „der russischen Kriegsmaschinerie deutlich größeren Schaden zufügen“ können. (mit dpa/AFP)