Jean-Claude Juncker steht nach einem Bericht der Investigativplattform „Follow the money“ wegen seiner Sonderberaterrolle in Brüssel in der Kritik. Die lautet, dass sich der Luxemburger Politiker durch seine Treffen mit hochrangigen politischen Akteuren in seinem Brüsseler Büro der EU-Kommission der Einflussnahme aussetze. Zudem kritisiert das Medium, dass Junckers Treffen mit wenig Transparenz verbunden seien.
Als Sonderberater gibt es fast keine Dokumentation zu seinen Aktivitäten im Berlaymont-Gebäude und keine Dokumentationspflicht, mit wem er worüber geredet hat. Unklar ist zudem, in welcher Form dieser die EU-Kommission berät.
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Auch in Luxemburg wird die Kritik mittlerweile lauter.
Déi Lénk: Junckers Büro ist „Verschwendung von Steuergeldern“
„Man fragt sich wirklich, wozu seine Stelle gut ist“, sagt unter anderem der Déi Lénk-Abgeordnete David Wagner am Donnerstag gegenüber dem „Luxemburger Wort“. Die Sonderberaterrolle Junckers erweckt den Eindruck, „als wäre es eine Art Gefallen an jemanden, der nicht wirklich gehen will“. Seit 2019 ist Juncker nämlich nicht mehr EU-Kommissionschef und hat kein politisches Amt inne.
Man fragt sich wirklich, wozu seine Stelle gut ist.
David Wagner
Déi Lénk-Abgeordneter
Aus Sicht von Déi Lénk sei die aktuelle Zusammensetzung der EU-Kommission „die schlechteste, die die Europäische Union jemals gehabt hat“. Für Wagner bedeutet es also, „entweder Herr Juncker berät die Kommission auf eine unmögliche Art und Weise oder niemand hört ihm zu“.
Wenn der ehemalige Premier tatsächlich einen Einfluss auf die Entscheidungsfindung der EU-Kommission ausübe, „dann muss dieser Posten abgeschafft werden, weil es nicht gut ist“. Wenn Juncker keinen Einfluss habe, dann „muss der Posten ebenso abgeschafft werden, weil es eine Verschwendung von Steuergeldern ist“, so Wagner.
David Wagner plädiert dafür, Jean-Claude Juncker sein Büro in Brüssel wegzunehmen. Foto: Luc Deflorenne/LW-Archiv
Für den Déi Lénk-Abgeordneten sei klar, dass das Büro von Jean-Claude Juncker abgeschafft gehöre. „Herr Juncker ist in Rente und hat viel Zeit. Soll er es Jean Asselborn gleich machen und Interviews geben sowie Bücher schreiben. Das hier ist aber lächerlich. Das Büro gehört abgeschafft“.
Déi Gréng: „Transparenzregeln sollten für jeden gelten“
„Dass ehemalige hochrangige Politiker politisch aktiv bleiben, liegt irgendwo auf der Hand. Das ist bei Weitem keine Ausnahmesituation“, sagt Stéphanie Empain, Co-Präsidentin von Déi Gréng.
Ich würde Juncker bei der Aussage widersprechen, dass er immun gegen Einflussnahme sei.
Stéphanie Empain
Co-Präsidentin Déi Gréng
Sie könne sich lediglich auf die Informationen aus dem Artikel im „Luxemburger Wort“ zu dem Sachverhalt beziehen. Dieser gebe ihr allerdings noch nicht genug Anlass dafür, die Existenz des Büros oder das darin Gesagte als problematisch einzustufen. Aber: „Ich würde Juncker bei der Aussage widersprechen, dass er immun gegen Einflussnahme sei. Ich denke, kein Mensch ist das. Und dahingehend muss man sich schützen“, so die Grünen-Politikerin.
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Ein guter Weg, dies zu tun, sei mehr Transparenz. Diese würde sie allerdings nicht nur Juncker ans Herz legen. Empain betont: „Allgemein sind Transparenzregeln wichtig und sollten für jeden gelten.“
LSAP: Lobbyregister sind „für einen selbst von Vorteil“
In ein ähnliches Horn stößt Dan Biancalana, Co-Präsident der LSAP. „Prinzipiell ist es ja positiv, dass Herr Juncker diese Beraterrolle ausübt. Er hat sowohl auf der europäischen, als auch auf der internationalen Bühne große Erfahrung. Andererseits hat er jetzt halt auch keine exekutive Funktion mehr“, sagt er.
Biancalana hebt Junckers Berufserfahrung positiv hervor. Foto: Marc Wilwert/LW-Archiv
Der LSAP sei Transparenz aber sehr wichtig – sowohl auf Europaebene als auch nationaler Ebene. Strengere Register brauche es dafür nicht notwendigerweise. Biancalana dazu: „Register, in die man sich auf Europaebene in Bezug auf Lobbyarbeit eintragen kann, gibt es ja schon. Und das ist ja auch für einen selbst von Vorteil, die zu nutzen. Da muss eben jeder seine Verantwortung übernehmen.“
Ähnlich wie Empain von den Grünen bezweifelt er allerdings, dass Juncker immun gegen Einflussnahme sei. Denn das sei niemand. Am Weiterbestehen des Büros gebe es seitens der LSAP aber prinzipiell nichts auszusetzen.