In der Antarktis finden nach Einschätzung von Klimaforschern derzeit möglicherweise drastische Veränderungen statt. Das Team warnt: Der Meeresspiegel könnte massiv steigen, Küstenstädte und Tierarten wie der Kaiserpinguin bedroht sein.
Die Antarktis erlebt nach Einschätzung von Wissenschaftlern derzeit einen tiefgreifenden Wandel, der drastische Folgen für Ozeane und Weltklima haben könnte. Das Team um die australische Klimawissenschaftlerin Nerilie Abram spricht in der Fachzeitschrift Nature von „neuen Hinweisen auf abrupte Umweltveränderungen in der Antarktis“. Die Forscher nennen insbesondere einen Rückgang des Packeises, die Verlangsamung der Meeresströmung, das Abschmelzen des antarktischen Eisschilds und Bedrohungen für bestimmte Tierarten wie Kaiserpinguine.
Der Überblick über den Forschungsstand warnt vor einem „schnellen, ineinandergreifenden und teils selbstverstärkenden Wandel“ in Eis, Ozeanen und Ökosystemen. „Wichtig ist, dass wir erkennen: Diese Veränderungen hängen alle miteinander zusammen. Wenn wir einen Teil des Systems verändern, hat das Auswirkungen auf alle anderen Teile“, wird Erstautorin Abram in einer Mitteilung zitiert.
Anstieg des Meeresspiegels um mehr als drei Meter?
Vor allem warnen die Experten vor der Gefahr eines massiv ansteigenden Meeresspiegels. Demnach nähere sich die globale Erwärmung einer Schwelle, bei deren Erreichen ein derart großer Teil des Eisschilds schmelzen könnte, dass der Meeresspiegel um mindestens drei Meter steigen könnte. Dies würde weltweit Küstenstädte und -gemeinden bedrohen, so die Wissenschaftler. Die Folgen könnten dann noch für kommende Generationen desaströs sein.
Möglicherweise sei es bereits zu spät, um durch weltweite CO2-Reduktion die Entwicklung noch aufzuhalten, heißt es in dem Fachartikel. Die Folge könnten „globale Kippkaskaden“ sein – also Kettenreaktionen, die schwer zu stoppen sind. Sprich: Das Westantarktische Eis beginnt zu schmelzen, daraufhin steigt der Meeresspiegel. Wärmeres Wasser fließt an andere Eisflächen, woraufhin noch mehr Eis schmilzt – und der Meeresspiegel weiter steigt.
Derweil gebe es Hinweise darauf, dass sich tiefe Meeresströmungen rund um den Kontinent (Antarctic Overturning Circulation) abschwächen, die unter anderem für die Verteilung von Wärme, Sauerstoff und Nährstoffen in den Weltmeeren verantwortlich sind. Die Folge: Der Ozean könnte weniger CO2 aufnehmen. Das wirke wie ein Verstärker, der die Erde über viele Generationen noch stärker aufheizen könnte, was unter anderem gravierende Veränderungen in marinen Lebensräumen auslösen würde.
Aussterben der Kaiserpinguine befürchtet
Der anhaltende Klimadruck droht sich den Forschern zufolge auch auf die Pflanzen- und Tierarten der Region auszuwirken. Vor allem Kaiserpinguine benötigten stabiles Meereis für ihre Brut, heißt es. Doch seit 2016 verzeichnen rund 30 der etwa 60 Kolonien in der Region vollständige oder teilweise Brutausfälle, weil Eis immer früher wegbricht.
„Die langfristigen Folgen für Kaiserpinguine sehen nicht gut aus“, sagte die Antarktisforscherin und Co-Autorin Barbara Wienecke dem australischen Sender ABC. Das Problem sei, dass Brutausfälle inzwischen auf dem ganzen Kontinent aufträten – es gebe im Grunde keinen sicheren Ort mehr für die Vögel. Die Forscher schlagen Alarm: Bis 2100 könnten Kaiserpinguine ausgestorben sein, falls der Trend anhält.