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Isabell Fukuda-Pichler eröffnet dem deutschen Publikum fernöstliche Geschmackswelten. Nach langem Japan-Aufenthalt vertreibt sie nun Sake in der Nähe von Frankfurt.
Frankfurt – Duftige Kirschblütenzweige schmücken das Etikett der Flasche. „Das ist ein Sake, der mit wilden Hefen aus der Sakura-Region hergestellt ist, aus dem Weltkulturerbe Schloss Himeji“, erklärt Isabel Fukuda-Pichler. Sakura ist der japanische Begriff für Kirschblüte und wird oft als Synonym für die Kirschblütenzeit in Japan verwendet; die Blüte steht für Schönheit, Aufbruch und Vergänglichkeit. Der Sakura-Sake, den sie in bauchige Gläser einschenkt, ist fruchtig, feinherb, leicht und frisch.
Isabel Fukuda-Pichler verdient ihr Geld mit einer in Deutschland ungewöhnlichen Profession: Sie ist Sake-Sommelière, also eine Expertin, die sich auf die Auswahl, Lagerung, den Service und die Beratung rund um das alkoholische Getränk aus Japan spezialisiert hat. Die Goldsteinerin arbeitet für einen in Kronberg ansässigen Importeur, der demnächst sein 20-jähriges Firmenjubiläum mit einer offenen Sake-Verkostung in Frankfurt feiert.
Fukuda-Pichler versorgt auch Frankfurter Feinkostmarkt
Zu den Kunden gehören Sterne-Restaurants, japanische Läden oder das „Frische-Paradies“ in Griesheim, aber das Interesse wächst auch bei Privatleuten: Deutschland, so hat sie festgestellt, ist noch recht unbeleckt, was Sake angeht. Was oft als Reiswein oder gar Reisschnaps bezeichnet wird, ist ein aus poliertem Reis gebrautes alkoholisches Getränk von bis zu 20, meist aber 14 oder 15 Volumenprozent Alkohol. Mit Wein hat das von der Gärung und Fermentierung her nichts zu tun; die Herstellung erinnert eher an Bier – der Geschmack aber keineswegs.
Es ist der Geschmack, der deutsche Zungen an Wein erinnert. Doch Sake hat viel weniger Säure, dafür aber Umami, den sogenannten „fünften Geschmack“ nach süß, salzig, bitter und sauer. „Der Poliergrad des Reises macht die Qualität aus“, erklärt Isabel Fukuda-Pichler. Die 37-Jährige ist eigentlich Südtirolerin, stammt aus Bozen. Mit ihrem Mann, einem Japaner, hat sie sich in Goldstein angesiedelt: „Nach der Geburt meiner Tochter war mir klar, dass sie in Europa aufwachsen soll“, erklärt die Frau, die fließend Japanisch spricht und lange im „Land der aufgehenden Sonne“ lebte.
Die Goldsteinerin Isabell Fukuda-Pichler mit einem frisch-leichten Sake aus der Sakura-Region, der sich prima als Sommergetränk eignet. Übrigens hat die gebürtige Boznerin in Frankfurt auch den Apfelwein schätzen gelernt. © Rainer RüfferFukuda-Pichler war fasziniert von der japanischen Kultur
Mit Manga oder Anime hat ihre Japan-Begeisterung nichts zu tun. In Südtirol zweisprachig mit Deutsch und Italienisch aufgewachsen, lernte sie mit zehn Jahren über einen Freund ihrer Mutter eine Japanerin kennen. „Diese Frau hat mich beeindruckt“, erinnert sie sich. Aus der asiatischen Heimat habe sie Lebensmittelpakete mit Dingen bekommen, die das Südtiroler Mädchen faszinierten: Getrockneter Fisch oder Algen waren darin, bunte Briefmarken außen drauf. So wuchs ihr Interesse. Nach dem Gymnasium wollte sie mehr wissen, schrieb sich in Venedig für den Studiengang Japanologie ein.
Im ersten Uni-Jahr wollte sie wissen: Hat diese Spezialisierung für sie Sinn? Deshalb buchte sie kurzerhand einen Flug und reiste, gerade 19, mit dem Rucksack nach Japan. Drei Monate war sie allein unterwegs, hat gejobbt, sich in der Sprache bewährt: „In Japan kommt man mit Englisch nicht weiter.“ Und sie wusste dann: Ja, diese Kultur fasziniert sie so sehr, dass es sich lohnt, die fremden Schriftzeichen zu lernen und sich in eine völlig andere Welt zu begeben.
Ihren Master hat sie an der Freien Universität (FU) in Berlin gemacht, denn dort war der Japanologie-Schwerpunkt „Sozial- und Politikwissenschaften“ möglich, anders als in Venedig. 2013 begann sie in Japan für eine Südtiroler Sport- und Ski-Firma zu arbeiten – im Marketing. Dort lernte sie auch ihren Mann kennen. In Berührung mit Sake kam sie schon damals: „Wo es Schnee gibt, gibt es auch Schmelzwasser und somit auch Sake.“
„Schon mal schlechten Sake getrunken“ – Fukuda-Pichler bringt Deutschen Sake näher
Nach der Geburt der Tochter und dem Umzug nach Deutschland 2022 entschloss sie sich dazu, in Deutschland Sake verkaufen zu wollen. Nachdem sie die nötigen Qualifikationen erworben hat – mit dem höchsten möglichen Abschluss –, wirbt sie nun für Qualitäts-Sake, etwa bei Veranstaltungen japanischer Firmen für europäische Kunden. Sie erklärt die Herstellung und den Unterschied zwischen Premium- und „Koch“-Sake und holt die Leute – je nach Vorliebe – bei dem ab, was sie von Japan kennen. Es sei etwa nicht schwer, Fans des exklusiven Wagyu-Rindfleischs für Premium-Sake zu begeistern.
Dabei müsse sie manchmal eingebrannte Erfahrungen auslöschen: „Viele haben früher schon mal schlechten Sake getrunken.“ Guter Sake hat Noten von Banane, Pfirsich oder eben Kirschblüten, als „aged sake“ sogar Kaffee oder Karamell. Doch Sake sei eigentlich nicht für die Lagerung gedacht, sondern werde relativ frisch getrunken.
Kontaktinformationen
Mehr Infos gibt es auf Instagram unter @sakeuenogourmet, per E-Mail an info@japan-gourmet.com oder unter www.japan-gourmet.com. Wer Isabell Fukuda-Pichler auf instagram folgen möchte, kann das auch: @isa_pi_xx
Es gibt viele neue Geschmackswelten zu entdecken: Am Sonntag, 28. September, feiert ihr Arbeitgeber „Ueno Gourmet“ sein 20-jähriges Bestehen im „Massif Central“ im Bethmannhof, Bethmannstraße 7–9. Mehr als 100 Produkte werden dort vorgestellt. Vormittags gibt es eine Fachverkostung für Gastronomie und Handel; nachmittags steht eine offene Verkostung für alle Interessierten an. (Holger Vonhof)
Neben kulinarischen Highlights hat Frankfurt auch visuell viel zu bieten: So befindet sich die zweitschönste Straße Deutschlands in Hessens größter Stadt.