Finanzkräftige Investoren, exzellente Hochschulen, starke Gründerzentren – es gibt viele Argumente dafür, dass die Metropolregion Frankfurt beim Thema Start-ups eigentlich gut dastehen müsste. Tatsächlich aber hinkt die Region im Vergleich mit anderen deutschen Metropolen hinterher.
Lediglich 23 Finanzierungsrunden mit einem Gesamtvolumen von 99 Millionen Euro hat die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY jüngst für Hessen gezählt. Zum Vergleich: Bayern kann mit 76 Finanzierungsrunden und 2,1 Milliarden investierten Euros aufwarten.
Forderung nach mehr Transparenz
So könne es nicht weitergehen, sagen Vertreter der Stadt und der Landesregierung. Als Ursache machen sie vor allem ein schlechte Vermarktung aus. Eine neue digitale Plattform namens „Center of Startups“ soll nun dabei helfen, die Gründerszene zu stärken und im Vergleich zu anderen Metropolen aufzuholen.
„Wir brauchen mehr Transparenz für das, was wir am Standort haben, und damit einen Überblick über das Ökosystem, sodass ein schnellerer Kontakt zwischen Gründern und Investoren möglich wird“, sagte die Wirtschaftsdezernentin der Stadt Frankfurt, Stephanie Wüst (FDP), am Mittwoch bei der Vorstellung der neuen Plattform www.centerofstartups.de, die alle wichtigen Informationen zu hiesigen Start-ups bündeln soll.
„Wir brauchen ein einheitliches Auftreten im globalen Marketing. Wir haben Unis, Kapital und die Unternehmen, die es braucht. Frankfurt muss als Marke stärker der Asset im globalen Wettbewerb werden“, sagte der Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, Umut Sönmez (SPD).
„Wildwuchs“ an Initiativen
Die Plattform, die in Zusammenarbeit mit dem niederländischen Anbieter Dealroom entstanden und noch im Aufbau ist, soll fortan alle Akteure der Gründerszene zusammenbringen: Investoren, Unternehmen, Start-ups und politische Entscheidungsträger. Im Kern handelt es sich um eine Datenbank, in der nach Region, Branche oder Unternehmen gefiltert Informationen abgefragt werden können, so etwa zur bisherigen Finanzierungsgeschichte eines Start-ups und der Zahl der Mitarbeiter oder zu ähnlichen Unternehmen.
Nun setzen Stadt und Land auf das Feedback der Community. Bei der Vorstellung der Datenbank am Mittwochabend waren dafür zentrale Kapitalgeber und Vernetzer zur Diskussion eingeladen, um ihre Wünsche an die Plattform zu formulieren.
Heike Spiller von den Business Angels etwa monierte einen „Wildwuchs an Initiativen“. Die vielen Akteure müssten gebündelt werden, um Ineffizienzen zu vermeiden. Dem pflichtete Andreas Späne, Managing Director Strategy & Europe bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC, bei. Die Unternehmen in der Region hätten zwar „Bock auf das Ökosystem“, der „Wildwuchs“ führe aber dazu, dass aktuell „Angebot und Nachfrage weit aneinander vorbei“ liefen. Um das zu ändern, müsse zunächst das Interesse der Akteure verstanden werden, sagte Späne. Die Bedarfe von Gründern müssten mit denen von Investoren oder Unternehmen verknüpft werden. „Die Plattform muss ein Matchmaker sein. Was wir aber nicht brauchen, ist ein neues Tinder für Start-ups.“
Für Nikolaus Sutter, Leitender Berater für Regierungsbeziehungen und politische Angelegenheiten bei der Deutschen Börse, kommt es auch auf ein Monitoring des Ökosystems an, das mit der Plattform ermöglicht werden müsse. „Wie viele Gründungen gibt es, wie viele Finanzierungen? Was klappt, was nicht?“
Sutter hob zunächst die Attraktivität des deutschen Standorts hervor. Vieles, etwa eine höhere Rechtssicherheit, spräche dafür, in Deutschland und nicht etwa in den Vereinigten Staaten zu gründen oder, in einem späteren Schritt, an die Börse zu gehen. Allerdings hemmten Bürokratie und der regulatorische Rahmen die Start-ups, wie auch der Zugang zu Kapital. Vor allem bei der Spätphasenfinanzierung müssten Deutschland und die Region besser werden.
Astrid Kramer von Futury brachte das auf die Formel: „Gründen kannst du überall, wachsen nicht.“ Wichtig sei, eine Kultur des „Entrepreneurships“ zu entwickeln, gerade bei Studenten und Professoren. Mehr Unternehmergeist wünschten sich alle Diskussionsteilnehmer. Spiller von den Business Angels kritisierte die „Vollkaskomentalität“, die sich ändern müsse. Sutter von der Deutschen Börse sagte: „Wir haben gelernt zu sparen, wir müssen lernen zu investieren.“ Das betreffe auch und besonders den normalen Bürger, nicht bloß Unternehmen und Investoren.
Um das allerdings zu ändern, wird es mehr brauchen als bloß eine Plattform mit Daten. Sie ist aber – darüber waren sich alle einig – schon einmal ein erster Schritt.