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Anja Maria Gast hatte die Hoffnung nicht aufgegeben, dass Adlerauge eines Tages wieder vor ihrem Geschäft in der Freßgass steht. Nun ist er zurück – und die Freude groß. © Stefan Mangold
Im Mai wurde sie gestohlen, nun ist die Figur wieder aufgetaucht. Der Fundort sagt viel über die Diebe aus.
Frankfurt – Manchmal passiert Überraschendes. Einst vertraute Menschen laufen sich unerwartet wieder über den Weg, ein verschwundener Gegenstand taucht aus dem Nichts wieder auf. Es wirkt fast wie beides auf einmal, was Anja Maria Gast, Betreiberin der Arizona-Galerie in der Freßgass, dieser Tage erlebte.
Ende Mai gestohlen
Am 20. Mai hatte dort jemand den Adlerauge genannten Holzindianer geklaut, der Anja Maria Gast seit ihrem zehnten Lebensjahr begleitete. Kunden und regelmäßig vorbeikommende Passanten fragten seitdem immer wieder nach dessen Verbleib. Darauf, dass Adlerauge wieder auftaucht, hätte wohl kaum jemand gewettet.
Montags schaut Anja Maria Gast eher selten in ihrem Fachgeschäft für indianisches Kunsthandwerk vorbei. Büroarbeit steht dann an. Doch jetzt bekam sie einen Anruf von ihrer Angestellten Ramona Rahn. Eventuell sei Adlerauge aufgetaucht. Die Chefin rief die mutmaßlichen Finder an. Am Telefon meldete sich Petra Pisanu. Die Frau erklärte, sie und ihr Mann hätten Adlerauge an einer Tankstelle an der Senefelder Straße in Offenbach neben einem Müllcontainer entdeckt, mitgenommen und bei sich zu Hause Obdach gegeben.
Eine Nacht im Kofferraum
Zum Hintergrund: Zunächst hatte die Frankfurter Neue Presse über den Fall des verschwundenen Indianers am 7. August berichtet. Der Hessische Rundfunk griff das Thema in seinem Boulevardmagazin Maintower auf. Diese Sendung sah auch Petra Pisanu und erkannte den Häuptling auf Abwegen jetzt wieder. Weil am Sonntag aber niemand im Geschäft ans Telefon ging, packte ihr Mann den Holzindianer kurzerhand ins Auto.
Gast erzählt, sie sei zunächst skeptisch gewesen, habe die Anruferin gebeten, ein Foto zu schicken. Große Freude. Gast fuhr mit einem Helfer nach Offenbach. Mit dem Mann von Petra Pisanu verstaute der Helfer Adlerauge im Kofferraum.
Die Kette durchtrennt
Im Mai war der Holzindianer während des Freßgassfests verschwunden, vermutlich in einem der vielen vorgefahrenen Transporter. Die Sicherungskette war durchtrennt. Gast hatte den Sinn des Diebstahls des Holzindianers, den ihre Mutter in ihrem Beisein 1979 in Albuquerque dem Besitzer eines Tabakladens abgekauft hatte, nie verstanden.
Der Zweck, einen Holzindianer zu klauen, um ihn drei Monate später in Offenbach neben dem Müllcontainer einer Selbstbedienungstankstelle auszusetzen, lässt sich nur erahnen. Gast vermutet, „dass die Täter von der Berichterstattung erfahren haben“. Sich die Holzskulptur in den Partykeller zu stellen, wäre unter den Umständen ebenso riskant gewesen, wie sie auf dem Flohmarkt anzubieten. Adlerauge jedoch an einem Platz abzustellen, den 24 Stunden täglich Kameras beobachten, klingt ebenfalls nicht sonderlich gewieft.
Anja Maria Gast ist erleichtert. Und offenbar auch die verbliebende Navajo-Indianerin Diemeh, die mit Adlerauge vor dem Geschäft stand und als dessen Frau gehandelt wurde. „Sie lächelt jetzt irgendwie breiter“, sagt Gast.